Donnerstag, 12. Juli 2012

Mark Twain / Das Tagebuch von Adam und Eva (1)


 Eine Buchbesprechung zur o.g. Lektüre

Ich habe das Buch nun gestern Abend zu Ende gelesen und es hat mir recht gut gefallen. Die Erzählperspektiven in der Ich-Form wechseln zwischen Adam und Evas Tagebüchern.

Doch zu Beginn befindet sich Adam noch alleine im Garten Eden und scheint mit allem zufrieden zu sein, bis schließlich Eva auftaucht, von der er sich regelrecht belästigt fühlt. Er protestiert ihre Existenz, und als Eva ihm weiszumachen versucht, dass sie von seiner eigenen Rippe abstamme, stößt sie erstrecht auf Unverständnis, da Adam keine Rippe vermissen würde... :D. Adam lästert ein wenig über Eva, die sich als recht redselig erweist, und sich ständig an die verbotenen Äpfel hermacht. Eva dagegen macht ihm Vorschriften, wie die Dinge und die Kreaturen zu heißen hätten. Die Wasserfälle im Garten Eden bezeichnet sie als Niagarafälle, auch hier zeigt Adam absolut kein Verständnis... . Also, alles andere als ein geheiligtes Liebespaar... . Liest sich ein wenig wie eine Komödie... .

Eva ist neugierig und an wissenschaftlichen Erklärungen interessiert, indem sie sich vielen Experimenten hingibt mit den Dingen, die ihr begegnen... . Sie verleiht den Dingen und den Tieren Namen, auch daran stört sich Adam gewaltig... . Adam kann gar nicht verstehen, weshalb Eva die Fische Fische nennt, da diese gar nicht auf den Namen Fische reagieren würden :D. Gelacht habe ich bei der Szene, als Eva die Fische aus dem Wasser holt, sie in ihr und in Adams Bett steckt, damit die Fische nicht frieren :D... . 

Adam bezeichnet Eva als recht eitel, als sie ihr Spiegelbild in einem Teich zum ersten Mal erblickt, und sich immer wieder darin betrachtet. Adam selbst scheint sich gegenüber eher gleichgültig zu sein, bringt nicht die Neugier auf, sich auch zu entdecken... . 

Der Garten Eden verändert sich, als Eva sich von einer Schlange verleiten lässt, von der verbotenen Frucht zu essen... . Sie und Adam werden aus dem Paradies verdrängt und sind dem mit dem späteren Alter dem Tode geweiht... und die Tiere beginnen nun, ihre Nächsten umzubringen und diese zu fressen... . 

Adam, der verglichen zu Eva doch recht langweilig wirkt, denkt über das Phänomen der Wasserfälle nach, wie das möglich sei, dass die Wassermasse so einfach von den Felsen herunterstürtze und ob es nicht besser wäre, wenn die Wassermassen statt herabzufallen den Felsen hinaufstürtzen würden :D. Über diesen Gedanken musste ich herzhaft lachen. Ich käme nie auf die Idee zu denken, dass ein Wasserfall nicht den Hang hinterstürtzen würde ... .

Nach zehn Jahren erst lernt Adam seine Eva zu schätzen und erkennt, dass er sich in sie getäuscht hat:  

Ich begreife nach all diesen Jahren, dass ich mich in Eva am Anfang getäuscht habe; außerhalb des Gartens mit ihr zu leben ist besser als im Garten ohne sie. Zuerst dachte ich, dass sie zu viel redet, jetzt wird es mir leidtun, wenn diese Stimme verstummte und nicht mehr Teil meines Lebens wäre. Gepriesen sei die Kastanie, die uns zusammengeführt und mich gelehrt hat, die Güte  ihres Herzens und die Anmut ihres Geistes zu erkennen!
 
Eva ist der Meinung, dass es nicht an dem Apfel gelegen habe, der sie aus dem Paradies geworfen habe, sondern die Kastanien. Näheres ist selbst aus dem Buch zu entnehmen.

Mittlerweile haben die beiden auch schon jede Menge Kinder gezeugt und geboren. Auf diese gehe ich aber auch nicht näher ein.

Es folgen nun weitere Textstellen, die mich recht amüsiert haben und ich sie wegen der Poesie sehr genießen konnte:

Eva liebt den Mond, und wundert sich, dass er auf einmal in der Nacht am Firmament nicht mehr zu sehen ist und vermutet, dass der Mond heruntergefallen sei. Ein Mond sei ihr zudem noch zu wenig, sie wünsche sich fünf, oder sechs Monde in dem nächtlichen Himmel... . Auch versucht sie nach den Sternen zu greifen, da sie so nah wirken und wollte sie als Haarschmuck verwenden. Schließlich holt sie sich eine Leiter, besteigt diese und die Sterne erweisen sich ihr noch immer als zu hoch. Doch Eva gibt nicht auf :D, holt sich eine lange Stange, doch auch hier muss sie erkennen, dass die Stange auch zu kurz war, um die Sterne herunterzuschlagen. Im vorletzten Versuch formt sie sich  Lehmbälle, um mit diesen nach den Sternen zu werfen, die heruntefallen müssten... . Arme Eva, die recht traurig über diese vielen Fehlschlägen ist und nach einer Pause einen letzten Versuch startet:

Also habe ich ein bisschen geweint, was für jemanden in meinem Alter ganz natürlich ist, nehme ich an. Und nachdem ich wieder ausgeruht war, holte ich mir einen Korb und machte mich auf den Weg zu einem Ort am äußersten Rand der Kreisscheibe, dorthin, wo die Sterne nah am Erdboden sind und ich sie mit der Hand erreichen würde, was ohnehin viel besser wäre, weil ich sie ganz sanft herunter pflücken könnte, ohne sie zu zerbrechen. Doch der Weg war länger, als ich dachte, und schließlich musste ich aufgeben.
im Gegensatz zu Eva, die selbst zugibt, dass sie sehr gerne redet, nimmt sie Adam als recht wortkarg wahr:

Er redet sehr wenig. Vielleicht weil er kein großer Kopf ist :D und ihm das wehtut :D und er es verbergen möchte. Es ist sehr schade, dass er so denkt, denn Geist allein ist nichts; es ist das Herz, indem die wahren Werte liegen. Ich wünschte, ich könnte ihm klarmachen, dass ein lebendes, gutes Herz Reichtum bedeutet, Reichtum genug, und dass ohne Herz Verstand nur Armut ist.

Welch ein Zufall, dass ich in letzter Zeit immer wieder an Bücher gerate, in denen die Wichtigkeit der Ballance von Herz und Verstand die Rede ist.

Eva widmet sich auch den Pflanzen und den Insekten. Vor allem von den Bienen und den Schmetterlingen ist sie sehr angetan.

Auch hat sie sich an den Blumen berauscht, an diesen wunderbaren Wesen, die Gottes Lächeln aus dem Himmel küssen und es bewahren!

Sie wundert sich dagegen über Adams Desinteresse der Natur gegenüber:

Er macht sich nichts (...) aus Blumen, er macht sich nichts aus dem Himmel, der am Abend in rotes Licht getaucht ist - gibt es überhaupt irgendetwas, aus dem er sich was macht, außer Hütten zu bauen, um sich vor dem schönen, klaren Regen zu verkriechen, Melonen aufzuschlagen, Trauben zu probieren und das Obst an den Bäumen zu befingern, um zu schauen, wie diese Besitztümer sich entwickeln?
Adam hat nur an Dingen Interesse, die einen praktischen und nützlichen Wert haben, dagegen Eva, es folgt nun ein Auszug aus Adams Tagebuch, andere Werte pflegt:

Ich sollte mich vielleicht daran erinnern, dass sie noch sehr jung ist, ein kleines Mädchen wohl noch, und nachsichtig sein. Sie ist ganz Neugier, Eifer, Heiterkeit, die Welt ist ihr ein Zauber, ein Wunder, ein Rätsel, eine Freude. Sie bringt vor lauter Entzücken kein Wort mehr heraus, wenn sie eine neue Blume entdeckt, sie muss sie hätscheln, streicheln, mit ihr reden und sie mit zärtlichen Namen überschütten. Und sie ist verrückt nach Farben: braune Felsen, gelber Sand, graues Moos, grünes Laub, blauer Himmel; Perlmuttschimmernde Morgendämmerung, purpurne Schatten auf Berghängen, goldene Inseln, die bei Sonnenuntergang durch karmesinrote Meere gleiten, ein bleicher Mond, der durch zerklüfte Wolkenmassen treibt, Sterndiamanten, die aus dem Nichts des unendlichen Raumes funkeln - nichts davon ist, so weit ich sehe, von irgend einem praktischen Wert, doch weil es Pracht und Farbe besitzt, reiche das völlig aus und sie verliert darüber ganz den Verstand.

Es folgt nun eine amüsante Szene, als Eva ihre erste Erfahrung mit dem Feuer macht. Sie war von dem Feuer so sehr angetan, von dessen Farben und dem Temperament, dass sie es nehmen und an ihre Brust pressen wollte. Sie ließ dann glücklicherweise schließlich doch davon ab... :D.

So, hier mache ich nun Schluss. Ich möchte nicht mehr verraten, wie es weiter gehen wird. Viel tut sich zwar nicht mehr, aber der Schluss hat etwas Besonderes, das ich nicht vorwegnehmen möchte... . 

Dem Buch gebe ich zehn von zehn Punkten, teils weil es so schön poetisch geschrieben ist, fantasievoll, humoristisch und weil Eva hier, stellvertretend für alle Frauen, so viel interessanter und klüger auftritt, denn wenn sie nicht gewesen wäre, würde Adam noch immer in seiner kleinen Welt, namens Garten Eden, verweilen. Gefahrlos zwar, aber recht monoton. Es ist Eva, die Leben in Adams Welt hinein bringt; es ist Eva, die viele Fragen stellt; es ist Eva, die Abenteuer riskiert und dadurch Abwechslung in deren kleinen Welt schafft; und es ist Eva, die Sinn für all das Schöne, das Ästhetische zeigt. Eva, die die Welt verändert... .

(Fettdruck hervorgehoben durch M. P.)

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„Die rechte Vernunft liegt im Herzen“ (Theodor Fontane)

SuB:

Amin: Der Klang der Sehnsucht
Donoghue: Raum
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Manguel: Die Bibliothek bei Nacht
Mann. T. Erzählungen (1)
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