Montag, 2. Juni 2014

Sabine Weigand / Die Markgräfin (1)


Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Unabhängig von dem Klischee, die Autorin beschreibt die Italiener äußerlich alle gleich, mit einem olivefarbenen Teint, dazu noch schwarzhaarig und klein, hat mir das Buch recht gut gefallen.

Sabine Weigand hat sich die Mühe gemacht, den Italiener zu beschreiben, so wie sie ihn sieht. Und ich mache mir jetzt die Mühe, diesem Bild zu widersprechen.

Ich mag nun mal keine Klischees. Ich stamme aus einer italienischen Familie, und bei uns hat niemand einen oliven Hautton. Und wir sind nicht alle schwarzhaarig. Mein Vater war der Einzige mit den schwarzen Haaren und in der übrigen Verwandtschaft gibt es recht viele blondhaarige Italiener, sowohl mütterlicherseits, als auch väterlicherseits. Mein Bruder und ich waren als Kind hellblond. Meine Mutter u. a. haben blaue Augen. Meine Haut ist so hell wie Milch, das heißt, ich bin nicht dunkel auf die Welt gekommen. Und ich bin nicht einmal sonnengebräunt, weil ich mich nicht in die Sonne lege. Warum erfinden deutsche Autoren nur solche südländische Menschenbilder? Die dunkleren Italiener sind genauso sonnengebräunt wie andere Europäer auch, nur dass im Süden die Sonnenmonate eben länger andauern, als in den höheren Regionen Europas. Kleine Italiener? Ich kenne so viele Deutsche, die auch klein sind. Und so viele Italiener, die eine ganz normale Körpergröße haben. Klein, groß, mittel etc. Es ist alles vertreten. Vom Hauttyp bis zur Haarfarbe und wiederum bis zur Körpergröße.

Und die Gebärdensprache? Schaut euch mal deutsche Politiker im Parlament an, wie sehr sie mit ihren Händen gestikulieren. 

Warum werden die Südländer alle in Stereotypen gepackt und zu Exoten gemacht? Das würde ich gerne mal wissen. 

Unsere Welt ist bunt und nicht schwarzweiß. Ich kann nichts dafür, wenn viele Deutsche solche Vorstellungen in ihren Köpfen mit sich tragen, die mich langsam anwidern, weil sie auch ein wenig diskriminierend wirken. Zwischen Blond und Schwarz gibt es auf der Farbskala noch jede Menge Zwischentöne.

Die Protagonistin in dem Buch, mit dem Namen Markgräfin Barbara von Brandenburg, ist eine schwarzhaarige Persönlichkeit gewesen und wurde als untypisch deutsch beschrieben. Mir ist aufgefallen, dass die Markgräfin auf dem Cover mit einem unvollständigen Profil dargestellt ist. Der obere Teil des Kopfes fehlt. Vielleicht sollten die schwarzen Haare verborgen werden, da Bilder über Gefühle sehr einprägsam sind. 

Nicht nur die deutsche Markgräfin war dunkel, viele andere Deutsche sind es ebenso. Ich denke dabei sogar an Goethe, der dunkle Haare, dunkel Augen und einen leicht dunklen Hautteint hatte. 

Rein wissenschaftlich betrachtet ist diese Beschreibung von Menschen schwarz oder weiß einfach nicht korrekt. Wer sind die Südländer? Italiener, Spanier ...Türken, Arabar, Afrikaner, etc. ein sehr undifferenziertes Bild, sie alle in eine Schublade stecken zu wollen, während die Italiener sehr wohl den Unterschied zwischen sich und den Arabern sehen, wobei selbst unter den Arabern es noch unterschiedliche Schattierungen gibt. In Indien leben dunkel- und hellhäutige Inder.  
Jeder Mensch sieht anders aus. Wir sind alle verschieden. Und das ist auch gut so. Wieso kommt das bei vielen Autoren aus dem Norden nicht an? Es wäre sehr langweilig, würden tatsächlich alle Italiener klein und dunkel aussehen, und alle Deutschen groß und hell.

Ich erwarte von guten Schriftstellern eine differenziertere Beobachtungsgabe, die sich in ihren Werken widerspiegeln soll und die von dem Durchschnittsmenschen abweicht... Manche bereisen mit ihrem Menschenbild im Kopf die Welt, sehen aber auch nur das, was sie sowieso schon in sich tragen, und fühlen sich in ihrer Wahrnehmung bestätigt, und dann schreiben sie darüber Bücher, was sie in ihren Köpfen so krampfhaft festhalten und aufs Blatt bringen ... Die blonden und andersfarbigen Italiener werden erst gar nicht wahrgenommen, weil sie nicht mit deren inneren Vorstellung, wie ein Italiener auszusehen hat, korrespondiert.

So, genug damit. Ich werde diesen Text aber immer wieder zu den Buchbesprechungen hinzukopieren, wenn ich als Leserin wieder mit solchen Stereotypen konfrontiert werde. Es muss sich ja jemand mal auflehnen.

Nun komme ich zu der eigentlichen Buchbesprechung:

Es existieren zwei Geschichten in dem Buch. Zum einen wird die im Mittelalter lebende Markgräfin Barbara von Brandenburg beschrieben und zum anderen geht es um ein Forscherteam aus dem Jahre 2002. Beide Geschichten treten parallel auf. Die zweite Geschichte bezieht sich auf die erste.

Zur Erinnerung gebe ich noch einmal den Klappentext rein.
Mit zehn ist sie verheiratet. Mit zwölf Witwe. Mit fünfzehn heiratet sie den König von Böhmen. So steht es in den Chroniken. Als sie endlich ihr eigenes Leben führen will, sperren ihre Brüder sie ein. Ihre Spur verliert sich 1542. Bis in unseren Tagen ein geheimnisvoller Fund die Geschichte der Markgräfin Barbara von Ansbach enthüllt. »Eine Geschichte von Machtgier, Intrigen, Liebe und Verrat.«
2002: Der Kastellan Gregor Haubold findet in den Schlossgemäuern eine kleine Truhe mit einem Babyskelett darin. Haubold begibt sich mit noch anderen Männern auf die Suche nach der Herkunft dieser Gebeine. Mir hat dieser Teil des Buches nicht wirklich gefallen, lediglich der Schluss, den fand ich gut, als man schließlich noch mit einer recht wichtigen Info, bezogen auf die Markgräfin, konfrontiert wird, als man eigentlich aus der ersten Geschichte schon dachte, dass sie zu Ende ist und man mit allen wichtigen Auskünften genährt wurde. Da ich ja nicht zu viel verraten möchte, halte ich mich hierin bedeckt.

Wie aus dem Klappentext hervorgeht, wurde Barbara mit acht Jahren versprochen und mit zehn Jahren verheiratet. Sie hatte Glück, denn ihr Gemahl namens Heinrich von Groß-Glogau nahm Rücksicht auf die sexuelle Unreife seiner so jungen Frau. In der ersten Hochzeitsnacht drang er nicht in sie ein.
Heinrich ist kein schön aussehender Mann, aber dafür sehr menschlich und sehr gütig. Er schenkte Barbara als ein Willkommensgruß einen Welpen.
Heinrich von Groß-Gogau war ein Alchimist. Barbara wollte unbedingt in dieses Werk miteinbezogen werden und Heinrich ließ es zu. Barbara wuchs zu einer wissbegierigen Persönlichkeit heran. Das war außergewöhnlich für eine (werdende) Frau der damaligen Zeit. Barbara lernte, Heinrich wegen seiner Güte zu lieben.

Heinrich erklärt ihr den Begriff der Alchemie:
Das Wort Alchemie kommt aus dem Arabischen, müsst ihr wissen. Der Begriff al kimia lehnt sich an das ägyptische chem an, das heißt schwarz, und auch an das griechische chym , womit das Schmelzen und Gießen von Metallen gemeint ist. (56)
Leider stirbt Heinrich, als Barbara gerade mal zwölf Jahre alt ist.

Barbara hat noch mehrere Geschwister. Zwei Schwestern und zwei Brüder. Das jüngste Kind Albrecht war Barbaras Lieblingsbruder. Er war ihr Ein und Alles. Leider wächst Albrecht zu einer Persönlichkeit heran, die Barbara in Erstaunen versetzt. Der süße, kleine, niedliche Bruder wurde später ein in der Öffentlichkeit gefürchteter Mann. Untreu, verlogen, korrupt. Selbst Barbara gegenüber, die ihn einst verhätschelt hatte, weil sie ihn so liebte, klammerte er nicht aus. Keine Sonderbehandlung. Der erwachsene Albrecht nahm keine Rücksicht, er verstieß sie, als Barbara sich politisch gegen gewisse Bräuche aufzulehnen wagte, und sie ihr eigenes Leben leben wollte. Sie wurde auf die Burg, weit oben im Gebirge, verstoßen und für viele Jahre wie eine Gefangene gehalten.
Du bist rechtmäßige Königin von Böhmen; dafür, dass dich dein Gemahl nicht annimmt, kann ich nichts. Und du bist ein Mitglied der Familie. Deine Bestimmung ist nur eines: nützlich zu sein für das Ansehen des Hauses. Ob du traurig oder froh bist, schert nicht-nicht uns und nicht dem lieben Gott. Eigene Wünsche stehen dir mitnichten nicht zu. Also lass uns in der Zukunft mit solch unsinnigen Bitten in Ruhe. (141)
Dieses Zitat klingt noch recht harmlos. Barbara bittet, um sich die Zeit zu vertreiben, um Literatur. Sehr ungewöhnliche Bitten:
Unsere Schwester lass um Bücher bitten. Das soll ihr keines wegs gepasirt werden, weil wir meinen, dass ihr Sturheit auch davon herkombt, dass sie zu viel aus Büchern gelernt und gelesen hat, was dem Geist und der Anlage des Geistes eines Weibes schlecht zuträglich ist. (236) (Mittelalterliche Schreibweise)
Barbara war im Volk ein sehr beliebter Mensch. Während Albrecht die Menschen wirtschaftlich und existenziell in den Abgrund trieb, wandte sich das Volk schließlich um Hilfe an Barbara:
Als die Räte sich verabschiedet hatten, hörte Barbara, wie Wolf von Wirsberg im Hinausgehen zum alten Trockau sagte: "Die hat Herz und Verstand am rechten Fleck. Ewig schade, dass sie bloß ein Weib ist." Von diesem Zeitpunkt an lag die Regierung des Fürstentums mit in Barbaras Händen. (469f)
Im Schloss wird ein neuer Kaplan eingestellt, der sich in Barbara verliebt. Über diese Liebe ist er recht unglücklich, da er katholischer Priester ist und von ihm die absolute Keuschheit verlangt wird:
Mein Wollen und Streben an geht seithero nur zu ihr hin, die ich doch nie erreichen kann. So ist es doch wahr, dass das Weib die Sünde und die Versuchung in die Welt gebracht! Gibt es ein schwereres Joch als das eines Priesters, der nicht mehr Herr über seinen eigenen Körper ist? O guter Herr Jesus, heile mich von meinen unkeuschen Gedanken! (519f)
Nun überwinden sich doch beide, entgegen aller Konventionen, Barbara und der Priester, sich auf die Liebe einzulassen.
Albrechts Regierung ist weiterhin vernichtend, die viele Menschenleben einfordert. Barbara überredet den Priester zu einem Mortbeten. Mit Hilfe von Schwarzer Magie soll Albrecht zu Fall gebracht werden. Es kommt zu einem Verrat.
Wie man sich das für diese Zeit wohl denken kann, wird der Priester hingerichtet. Barbara ist verzweifelt und trauert sehr um ihre Liebe. Sie wendet sich an den neuen Kaplan und teilt sich ihm mit:
Ach, Vater, da gäbe es so vieles. Tausend Dinge, die ich ihm aber nicht mehr sagen kann. Dass er meine Liebe war, mein Leben, das weiß er. Da sind alle Worte zu wenig. Kennt ihr den griechischen Philosophen Plato? Er sagt, dass im Ursprung die Menschen zwei Köpfe, vier Arme und vier Beine gehabt hätten. Doch als Strafe für die Lästerung und der Götter hätten die Unsterblichen sie in zwei Teile gespalten. Seither muss jeder Mensch seine fehlende zweite Hälfte suchen und ist erst glücklich und vollkommen, wenn er sie gefunden hat. (…) Jakob Tiefenthaler war meine zweite Hälfte, Vater. Die Zeit mit ihm hat alles aufgewogen, was sich in den Jahren vorher an Unglück erlebt habe, und wird auch aufwiegen, was noch kommt. Er muss heute für seine Teilnahme an diese unselige Verschwörung bezahlen, zu der ich selber ihn gedrängt habe. (645)
Ich mache nun hier Schluss, damit ich nicht ins Detail gehe, und ich dadurch die Spannung nehmen würde.

Barbara war mir eine sehr sympathische, interessante und eine sehr starke Frau. Was sie durchgemacht hat, was ihr Bruder ihr alles zugemutet hatte, lässt einen fast schon sprachlos werden.

Ich habe mich schwer getan, über das Buch zu schreiben.

Das Buch ist sehr lesenswert. Sehr bewegend und gut recherchiert.

Eigentlich mag ich keine Bücher aus dem Mittelalter. Sie sind mir zu gewaltträchtig und so sind die Kämpfe, die zum Mittelalter einfach dazugehören, auch hier nicht ausgeblieben. Und auch in diesem Buch finden verschiedene grauenvolle Prozesse der Hinrichtung statt.

Manche Textstellen sind so wiedergegeben, wie die Autorin es getan hat, die die Schreibweise, wie sie im Mittelalter üblich war, übernommen hat.

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Alle Religionen und alle unterschiedlichen Kulturen haben ihre Berechtigung, 
solange sie anderen nicht schaden. (M. P.)

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