Sonntag, 31. August 2014

Agota Kristof / Die Analphabetin (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch hat mir recht gut gefallen. Es ist zwar recht dünn vom Umfang her, trotzdem gehen wichtige Informationen aus der Erzählung hervor. Zur Erinnerung gebe ich nochmals den Klappentext rein:
Fremd in einer fremden Sprache – und doch wurde sie zu einer der wichtigsten Schriftstellerinnen der Gegenwart. Nach einer wohlbehüteten Kindheit in Ungarn hatte Agota Kristof unter der kommunistischen Herrschaft zu leiden. Als ihr Vater verhaftet wurde, musste das junge Mädchen in ein staatliches Internat. 1956 floh Agota Kristof mit ihrem Mann und ihrem vier Monate alten Kind in die französischsprachige Schweiz. Dort war sie plötzlich eine Analphabetin und musste eine völlig neue Sprache erlernen
Die Autorin spricht aus ihrer Kindheit in Ungarn. Ihr Vater ist Lehrer einer kleinen Dorfschule, in der mehrere Klassen in einem Raum unterrichtet werden. Das Dorf ist recht ärmlich, es gibt dort nicht einmal fließendes Wasser im Haus.

Agota lernte lesen, noch bevor sie eingeschult wurde. Die Schule befindet sich neben ihrem Elternhaus. Wenn Agota zu Hause etwas angestellt hatte, wurde sie von der Mutter zum Vater in die Klasse geschickt, der sie bestrafen sollte. Doch der Vater schickte sie mit einem Bilderbuch in die hintere Sitzreihe.

Das fand ich so sympathisch. Das Kind mit einem Bilderbuch zu bestrafen …

Agota konnte mit vier Jahren schon fehlerlos lesen und sie tat in ihrer Freizeit nichts anderes, als zu lesen. Ihr Großvater war stolz auf seine Enkelin. Älter geworden tut Agota fast nichts anderes als lesen und zieht das Unverständnis ihrer Mitmenschen auf sich:
Abgesehen von diesem großväterlichem Stolz, wird mir meine Lesekrankheit eher Vorwürfe und Verachtung einbringen: "Sie tut nichts. Sie liest die ganze Zeit."
"Sie kann sonst nichts."
"Das ist die bequemste Beschäftigung, die es gibt."
"Das ist Faulheit."
 Und vor allem: "Sie liest, anstatt…"
Anstatt was?
"Es gibt so viel Nützlicheres, nicht wahr?" 
Noch jetzt, wenn das Haus sich morgens gelehrt hat und alle meine Nachbarn zur Arbeit gehen, habe ich fast ein schlechtes Gewissen, dass ich mich an den Küchentisch setze, um stundenlang Zeitung zu lesen, anstatt… zu putzen oder das Geschirr von gestern Abend zu spülen, einzukaufen, die Wäsche zu waschen und zu bügeln. (11f) 
Ich kenne diese Reaktionen selbst zu gut. Auch heute noch gibt es Menschen, die das Lesen eher als Faulheit bezeichnen. Meist sind das Leute, die beruflich und in ihrer Freizeit so gar nichts mit Büchern zu tun haben und mehr handwerklich o. a. geprägt sind, und dadurch eher eine materielle Einstellung haben.

Agota wird nach der Grundschule auf ein Mädcheninternat gesteckt, als der Vater vom Militär abgeholt und ins Gefängnis gesteckt wird. Die Mutter konnte sich nicht alleine um drei kleine Kinder sorgen. Deshalb besuchten die Kinder kein Eliteinternat, sondern eines, in dem viele Waisenkinder und arme Kinder zu finden sind.

Agota erfährt von dem Tod Stalins, 1953, da ist sie schon achtzehn Jahre alt, aber noch immer Internatsschülerin.
Stalin ist tot. Wir wissen es seit gestern Abend. Im Internat wird die Traurigkeit zur Pflicht gemacht. Wir gehen schlafen, ohne miteinander zu sprechen.
Die Trauer aufzwingen, sie ins Pflichtprogramm einbauen, wobei junge Menschen in diesem Alter sehr beeinflussbar sind, das erlebt Agota auch auf dem Internat.
Unser Klassenlehrer erwartet uns. Er sagt:"Um elf Uhr läutet die Schulglocke. Sie werden sich erheben, um eine Schweigeminute einzulegen. Bis dahin schreiben Sie einen Aufsatz mit dem Thema > Stalins Tod<. In diesen Aufsatz schreiben Sie alles, was der Genosse Stalin für Sie war. Zuerst ein Vater und dann ein heller Leitstern." (37)
Agota wird erwachsen, heiratet, bekommt ein Baby und 1956 ergreift sie aus politischen Gründen zusammen mit ihrem Mann und der kleinen Tochter die Flucht, als Ungarn von Russland dominiert wird. Sie fliehen in fremde Länder, deren Sprache Agota nicht spricht, und sie sich dadurch als Analphabetin bezeichnet, die alles wieder von vorne lernen muss.
Fünf Jahre nach meiner Ankunft in der Schweiz spreche ich Französisch, aber ich lese es nicht. Ich bin wieder zur Analphabetin geworden. Ich, die ich mit vier Jahren lesen konnte. (72)
Hier mache ich einen Punkt. Was aus der Flucht geworden ist, lest selbst.

Das Buch erhält von mir wegen der Würze in der Kürze zehn Punkte. Man konnte sich leicht in die Figuren einfinden. Das Leben der Autorin klingt sehr authentisch. Die literarische Sprache fand ich auch recht gut getroffen.
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Gelesene Bücher 2014: 60
Gelesene Bücher 2013: 81
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Agota Kristof / Die Analphabetin

Klappentext
Fremd in einer fremden Sprache – und doch wurde sie zu einer der wichtigsten Schriftstellerinnen der Gegenwart. Nach einer wohlbehüteten Kindheit in Ungarn hatte Agota Kristof unter der kommunistischen Herrschaft zu leiden. Als ihr Vater verhaftet wurde, musste das junge Mädchen in ein staatliches Internat. 1956 floh Agota Kristof mit ihrem Mann und ihrem vier Monate alten Kind in die französischsprachige Schweiz. Dort war sie plötzlich eine Analphabetin und musste eine völlig neue Sprache erlernen

Autorenporträt
Agota Kristof, geboren 1935 in Csikvánd in Ungarn, verließ ihre Heimat während der Revolution 1956 und gelangte über Umwege nach Neuchâtel in die französischsprachige Schweiz. Als Arbeiterin in einer Uhrenfabrik tätig, erlernte sie die ihr bis dahin fremde Sprache und schrieb auf Französisch ihre...
Das Buch habe ich von meiner Buchfreundin Anne geschenkt bekommen und es gefällt mir sehr gut, den ersten gelesenen Seiten zufolge.

Das Buch ist sehr dünn. Es umfasst nicht einmal hundert Seiten. Die Schrift ist recht groß mit vielen Absätzen. Das Buch werde ich heute locker am Stück durchlesen können.

Es ist recht interessant geschrieben. Schon von der ersten Zeile an.




Samstag, 30. August 2014

Virginia Woolf / Mrs. Dalloway (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Dass Virginia Woolf so sehr die Bücher von Marcel Proust gelobt hatte, kann ich mittlerweile sehr gut nachvollziehen. Denn auch die Autorin schreibt sehr reflektiert. Sie nimmt eine ganze Gesellschaft ihres Kreises unter die Lupe und seziert sie, bildlich gesprochen …  Proust ist nicht anders. Allerdings beschränke ich mich hier nur auf ein paar wenige Figuren. 

In der Geschichte ist es nicht nur die vornehme und wohlhabende Mrs. Dalloway, die sich viele Gedanken über ihr Leben macht. Vor allem über ihr vergangenes Leben nehme ich ihre Gedanken wie eine Zeitreise in die Vergangenheit wahr. Zur Erinnerung gebe ich noch einmal den Klappentext rein.
Im Juni des Jahres 1923 bereitet Clarissa Dalloway, die Ehefrau eines britischen Parlamentsabgeordneten, eine große Abendgesellschaft in ihrem Haus in London vor. Der unerwartete Besuch von Peter Walsh, den sie seit der Ablehnung seines Heiratsantrags vor mehr als 30 Jahren nicht mehr sah, bringt Mrs. Dalloway zum Nachdenken: Hat sie damals die richtige Wahl getroffen?
Es ist auch Peter Walsh, der sich seit dem Besuch bei Clarissa Dalloway viele Gedanken über die Beziehung seiner damaligen Angebetenen und deren Ehegatten Richard macht. Beide schneiden in der Reflexion nicht besonders gut ab. Walsh bezeichnet Clarissa als ziemlich vornehm und arrogant, als kalt, herzlos und prüde. Mrs. Dalloway dagegen bezeichnet Walsh als selbstlos und dem Gerede anderer Leute nach zu urteilen sei auch er herz- und kopflos und nur mit den Manieren eines Gentlemans ausgestattet. (14f)

Befinden sich beide in der Midlife-Crisis? Beide sind Anfang bis Mitte fünfzig und kennen sich seit der Jugend. Auch wenn zwischen ihnen eine große zeitliche Leere besteht, als Walsh für mehrere Jahre in Indien zubrachte, und beide sich zu dieser Zeit nicht mehr gesehen und den Kontakt zueinander verloren hatten.  

Die Menschen werden hier von der schlechtesten Seite beleuchtet. Walsh kann nicht wirklich wahrhaben, weshalb Clarissa sich für Richard entschieden und ihn geheiratet hatte. Richard, der nichts als ein Langweiler sei, ein Konservativer, der partout nicht zu Clarissa passen würde.

Clarissa Dalloway macht mich glauben, dass sie mit ihrem gegenwärtigen Leben unzufrieden ist, und bedauert ihr Leben, trauert dem gestrigen Leben nach. Hätte sie in ihrer Jugendzeit anders gehandelt, z.B. sich für Peter Walsh entschieden statt für Richard, so glaubt sie, hätte sich ihr Leben vollkommen anders entwickelt. Aber woher weiß sie, dass ihr Leben anders gelebt besser geworden wäre als das gegenwärtig der Fall ist? Man kann diesen Fragen nicht wirklich gerecht werden …

Als Walsh Clarissa zu Hause antrifft, fand er sie in ihrer Aktivität, ein Kleid nähend, viel zu gewöhnlich. Er sei in Indien gewesen, habe dort viel erlebt … Das Nähen, eine viel zu primitive Beschäftigung in Walshs Augen, die eigentlich nicht zu Clarissa passen würde ...

Clarissa und Richard haben eine Tochter,  Elizabeth, die mittlerweile auch schon achtzehn Jahre alt ist. Walsh hat keine Kinder, und in seinen Gedankenkonstrukten diffamiert er ein wenig das junge Mädchen, ohne es wirklich zu kennen, sodass ich mir die Frage stelle, ob er nicht eifersüchtig ist, weil er kinderlos geblieben ist? Auch die Ehe sei für manche Frauen nichts anderes als ein primitiver Akt und eigentlich ist Walsh, aus meiner Sicht, nichts anderes als auch auf Richard eifersüchtig. Walsh hofft natürlich, dass Clarissa mittlerweile die Ehe mit Richard zutiefst bereut hat.

Es sind Sprünge, jede Menge Gedankensprünge … Mal bedauert Clarissa es, Walsh nicht geheiratet zu haben und dann wieder nicht. Abwertungen und Idealisierung der Personen wechseln sich ab:
Wirklich, dachte Clarissa, er ist bezaubernd! Absolut bezaubernd! Jetzt erinnere ich mich, wie unmöglich es war mich zu entschließen - und warum habe ich mich entschlossen; ihn nicht zu heiraten?, fragte sie sich … (60)
Peter Walsh blieb nicht allein, auch er heiratete eine Frau auf dem Schiff, als er auf dem Weg nach Indien war. Glücklich war auch er nicht mit seiner Partnerwahl. Nun, in den Fünfzigern, ist er erneut verliebt in eine Frau, eine sehr junge Frau, die mit einem Major schon vermählt ist. Als Clarissa von dieser Verliebtheit erfährt, ist sie wieder froh darüber, Peter doch nicht geheiratet zu haben.

Ein Auf und Ab der Gefühle? Gibt es die überhaupt in Walshs und Clarissas Leben? Sie scheinen geistig beide aus dem selben Stoff gemacht zu sein. Ich vermisse ein wenig die Empathie ...

Mir stellt sich zusätzlich die Frage, ob man die Lebenszeit nicht anders nutzen kann? Das eigene Leben bejahen, so wie es ist, und nicht, wie es vielleicht hätte sein können und das Leben, was einem noch bevorsteht, sinnvoll nutzen… Man wird sonst sich selbst und den anderen Menschen nicht wirklich gerecht.

Und nun aus der Sicht Dritter:

Miss Kilmann ist Geschichtslehrerin und ein Mensch, der religiös ist und von der Politik etwas versteht. Mrs. Dalloway sieht den Kontakt dieser Frau mit der Tochter nicht gerne, da Miss Kilmann die Tochter auch religiös beeinflussen würde. Doch Clarissa kann den Kontakt zu Elizabeth nicht verhindern, da ihr Mann Richard sie eingestellt hatte, um der Tochter Geschichtsunterricht zu erteilen. Dazu die Erfahrung Miss Kilmanns mit Clarissa Dalloway:
Mr. Dalloway, um ihm gerecht zu werden, war freundlich gewesen, Mrs. Dalloway jedoch nicht. Sie war einfach nur herablassend. Sie kam aus der wertlosesten aller Klassen - den Reichen, mit einem Halbwissen von Kultur. Sie hatten überall teure Dinge: Bilder, Teppiche, jede Menge Dienstboten. Sie war der Ansicht, dass sie ein vollkommenes Recht auf alles hatte, was die Dalloways für sie taten. (164)
Miss Kilmann kommt aus einem einfacheren Haus.Ihre Familie ist nicht reich, die Mutter arbeitet in einer Fabrik, um zu überleben. Was wissen diese versnobten Reichen schon von dem Leben ärmerer Menschen?
Miss Kilmann bedauerte und verachtete Clarissa aus tiefsten Herzen, als sie auf dem Weichensteppich stand und den alten Stich eines kleinen Mädchens mit einen Muff betrachtete. Bei all dem herrschenden Luxus, was für eine Hoffnung gab es da auf einem besseren Zustand? Anstatt auf dem Sofa zu liegen ->>meine Mutter ruht sich aus<<, hatte Elizabeth gesagt- sollte sie in einer Fabrik arbeiten, hinter einer Ladentheke stehen: Mrs. Dalloway und alle anderen feinen Damen! (165)
Miss Kilmann verachtete zwar Clarissa Dalloway, aber sie ist nicht von Hass erfüllt. Ihre Gedanken zu Clarissa sind für mich sehr wohl nachvollziehbar:
Aber Miss Kilmann hasste Mrs. Dalloway nicht. Sie richtete ihre großen stachelbeerfarbenen Augen auf Clarissa, und während sie ihr schmales rosiges Gesicht, ihren zarten Körper, ihren Ausdruck von Frische und Eleganz beobachtete, fühlte Miss Kilmann, Närrin! Einfaltspinsel! Du kennst weder Sorgen noch Freude; du hast dein Leben vertrödelt! (166)
Aus meiner Sicht, wie oben schon erwähnt, sehe ich die Charakterisierung ähnlich wie Miss Kilmann ...

Ich mache nun hier Schluss, möchte nur noch mal an Marcel Prousts Mamutthema „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ anknüpfen. Prousts Figuren, die auch alle aus höheren Klassen stammen, finden mit den Figuren dieses Buchs Ähnlichkeiten, was deren Lebensweise betreffen; Menschen, die ihr Leben nicht wirklich nutzen und die Lebenszeit mit vielen oberflächlichen Themen vertun, müssen eines Tages glauben, die verlorene Zeit suchen zu müssen. Miss Kilmanns Beschreibung passt sehr wohl dazu.
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Für kleine Lebewesen wie uns
ist die Weite des Raums nur durch Liebe erträglich.
(Matt Haig zitiert Carl Sagan)

Gelesene Bücher 2014: 59
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86


Annes und Mirellas gemeinsame Bücherliste

Meine Bücherfreundin Anne und ich haben unsere große SuB-Liste verglichen und festgestellt, dass wir ein paar gemeinsame Bücher mit dem gleichen Titel besitzen, die uns Anne nun alle herausgeschrieben hat.

Einmal im Monat suchen wir im Wechsel aus dieser Liste ein Buch heraus, das wir gemeinsam lesen werden. Ich selbst genieße sehr dieses Internetzeitalter, da ich in Darmstadt und Umgebung keine Bücherfreundin habe finden können. Über ein Literaturforum habe ich schließlich Anne kennengelernt. Es war nicht so, dass wir gleich Freundinnen wurden, nein, das hat ein wenig gedauert, bis wir uns näher gekommen sind. Wir ergänzten unseren Forumkontakt durch einen 14tätigen Telefonanruf. Anne kommt aus Norddeutschland, ich aus Süddeutschland, und das schätze ich am Internet, denn so ist es uns möglich, von Blog zu Blog, von Buch zu Buch zu navigieren. Das Internet kennt keine Entfernung. Wir telefonieren regelmäßig, und haben vor, noch zu Zeiten unserer gemeinsamen Lesezeit öfter zu telefonieren, damit wir uns auch verbal und nicht nur in Schriftform austauschen können.


Unser SuB-Spiel beginnen wir am ersten September 2014.

Im September fängt Anne an, das Buch auszuwählen, im Oktober bin ich dann dran ...

Ich freue mich sehr auf unser Lesespiel ...


Gelesene Bücher werden mit Fettdruck erkenntlich gemacht ...







  1. Adolf Muschg: Sax
  2. Agatha Christie: Blausäure
  3. Agatha Christie: Das Haus an der Düne
  4. Agtha Christi: Der Tod auf dem Nil
  5. Agatha Christie: Die Tote in der Bibliothek
  6. Agatha Christie: Ein Mord wird angekündigt
  7. Alex Campus: Reisen im Licht der Sterne
  8. Alexander Wolkow: Der Zaueberer der Smaragdenstadt
  9. Alfred Döblin: Berlin Alexanderplatz
  10. Anna-Karin Palm: Die Töchter des Malers
  11. Astrid Lindgren: Die Menschheit hat den Verstand verloren
  12. Astrid Lindgren: Kati in Amerika, Italien, Paris
  13. Astrid Rosenfeld: Adams Erbe
  14. Carla Guelfenbein: Der Rest ist Schweigen
  15. Cecilia Ahern: Der Ghostwriter
  16. Charles Dickens: Eine Geschichte von zwei Städten
  17. Christopher Morley: Das Haus der vergessenen Bücher
  18. Christopher Morley: Eine Buchhandlung auf Reisen
  19. Colin Thompson: Bücher öffnen Welten
  20. Dai Sijie: Wie ein Wanderer in einer mondlosen Nacht (***)
  21. Daniel Pennac: Wie ein Roman
  22. David Foenkinos: Charlotte
  23. David Gilmour: Unser allerbestes Jahr
  24. Donany Hans: Mir hat Gott keinen Panzer ums Herz gelegt
  25. Maria Duenas: Wenn ich jetzt nicht gehe
  26. Elizabeth Joy Arnold: Einundachtzig Worte
  27. Elizabeth Strout: Amy & Isabelle
  28. Erik Fosnes Hansen: Das Löwenmädchen
  29. Eric Neutsch: Spur der Steine
  30. Frances Greenslade: Der Duft des Regens
  31. Frances Spalding: Virginia Woolf, Leben, Kunst und Visionen
  32. Geraldine Brooks: Die Hochzeitsgabe
  33. Gertrud Leutenegger: Panischer Frühling
  34. Günter Grass: Katz und Maus (***)
  35. Guinevere Glasfurd: Worte in meiner Hand
  36. Hans Fallada: Der Alpdruck
  37. Hans Fallada: Der Bettler, der Glück bringt
  38. Hans Fallada: Der eiserne Gustav
  39. Hans-Jürgen Geerts: Hoffnung hinterm Horizont (Buch zu Georg Büchner)
  40. Herman Melville: Moby Dick
  41. Isabel Allende: Mein erfundenes Land
  42. Jenna Blum: Die uns lieben
  43. Jens Andersen: Astrid Lindgren-Ihr Leben
  44. John Irving: Straße der Wunder
  45. John Irving: Witwe für ein Jahr
  46. J. R. Moehringer: Knapp am Herz vorbei
  47. J. R. Moehringer: Tender Bar
  48. Jonathan Franzen: Die Korrekturen
  49. Jostein Gaarder: Durch einen Spiegel in einem dunklen Wort
  50. Katharina Hartwell: Der Dieb in der Nacht
  51. Kimberley Wilkins: Der Wind der Erinnerung
  52. Kitty Sewell: Zeit der Eisblüten (***)
  53. Lawrence Norfolk: Das Festmahl des John Saturnall
  54. Malala Yousafzai: Meine Geschichte
  55. Marian Izaguirre: Als die Träume noch uns gehörten
  56. Mark Twain: Meine geheime Autobiographie
  57. Markus Walther: Beatrice / Rückkehr ins Buchland
  58. Mary Kay Andrews: Die Sommerfrauen
  59. Michael Morpurgo: Nur Meer und Himmel
  60. Milan Kundera: Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins
  61. Muriel Barbery: Die Eleganz des Igels
  62. Natalio Grueso: Der Wörterschmuggler
  63. Nick Hornby: Miss Blackpool (***)
  64. Nicholas Drayson: kleine Vogelkunde Ost-Afrikas
  65. Peter Walther: Hans Fallada
  66. Peter Wawerzinek: Rabeneltern (***)
  67. Petra Oelker: Das klare Sommerlicht des Nordens
  68. Regis de Sa Moreira: Das geheime Leben der Bücher
  69. Robin Sloan: Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra
  70. Sandor Marai: Wandlungen einer Ehe
  71. Stefan Zweig: Sternstunden der Menschheit
  72. Tracy Chevalier: Zwei bemerkenswerte Frauen
  73. Yasmina Khadra: Der Schreiber von Kolea


*** ausgeschiedene Bücher





Mittwoch, 27. August 2014

Virginia Woolf / Mrs. Dalloway

Klappentext
Im Juni des Jahres 1923 bereitet Clarissa Dalloway, die Ehefrau eines britischen Parlamentsabgeordneten, eine große Abendgesellschaft in ihrem Haus in London vor. Der unerwartete Besuch von Peter Walsh, den sie seit der Ablehnung seines Heiratsantrags vor mehr als 30 Jahren nicht mehr sah, bringt Mrs. Dalloway zum Nachdenken: Hat sie damals die richtige Wahl getroffen?


Autorenporträt
Virginia Woolf, am 25. Januar 1882 in London geboren, wuchs im großbürgerlichen Milieu des viktorianischen England auf. Ihr Leben lang litt sie unter wiederkehrenden psychischen Krisen. 1912 heiratete sie Leonard Woolf; zusammen gründeten sie 1917 den Verlag ›The Hogarth Press‹. Ihr Haus war ein Zentrum der intellektuellen »Bloomsbury Group«. Am 28. März 1941 nahm Virginia Woolf sich unter dem Eindruck der Verwüstungen des Zweiten Weltkrieges und erneut bedroht von einer Verdunkelung ihres Gemüts das Leben.
Mit Virginia Woolf hatte ich mich vor mehr als zwanzig Jahren beschäftigt. Einige Bücher hatte ich von ihr gelesen, und einen Film über ihr Leben gesehen. Leider gibt es diesen Film nicht mehr. Hätte das Bedürfnis, ihn ein weiteres Mal zu sehen. Habe im Netz erfolglos alles abgesucht. Aber ich habe noch einiges in Erinnerung und ich bin der Meinung, dass in dem vorliegenden Werk, das ich gestern Abend begonnen habe zu lesen, viel autobiographisches Material zu finden ist.

Stimmen, die aus den Wänden kommen - Wahnhafte Ideen.  V. W. litt an einer wahnhaften psychischen Erkrankung. Das kam in dem Film auch super gut rüber. Viel Unterstützung fand sie bei ihrem Mann Leonard, der sie abgöttisch liebte, er aber diese Liebe oft nicht erwidert bekommen hatte.

Clarissa Dalloways Ehemann Richard weist viele Parallelen auf zu ihrem Mann Leonard Woolf. Und ich bin sicher, dass die Clarissa D. ein Teil ihres inneren Ichs entspricht. Eine stark grübelnde Persönlichkeit, stark reflektierend, die alles im Leben in Frage stellt, und alle Perspektiven auf den Kopf stellt. So war auch Virginia W.

Heute bin ich aus gesundheitlichen Gründen gar nicht zum Lesen gekommen ... Das ist aber gar nicht schlimm, da ich dieses Buch schon das zweite Mal lese. Das erste Mal liegt auch schon eine ganze Weile zurück und besitze das Buch auch zwei Mal, da ich es mir ein zweites Mal angeschafft habe, damit ich mit diesem Band das Gefühl bekomme, es das erste Mal zu lesen :-). Beide Bände unterscheiden sich lediglich an den unterschiedlichen Herausgebern.



Dienstag, 26. August 2014

Thomas Moran / Wasser trage mich (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch wies anfangs eine tolle literarische Sprache auf, die schon allein ihre zehn Punkte verdient hätte. Doch später ließ sie wieder ein wenig nach …

Ich werde mich in dieser Buchbesprechung recht kurz halten, weil schon ganz schnell alles verraten sein kann. Das Buch ist nicht so facettenreich, wie ich es von vielen anderen AutorInnen kenne.

Der Inhalt hat mir anfangs auch gut gefallen. Dann flachte es später etwas ab, da der Fokus auf eine Liebesgeschichte gesetzt zu sein schien.

Zur Erinnerung gebe ich noch einmal den Klappentext rein:
Una Moss lebt nach dem tragischen Unfalltod ihrer Eltern bei ihrem Großvater im südirischen Cork. Als sie eines Abends in einem Pub den Zeichner Aidan kennenlernt, scheint sie endlich eine Chance auf Glück zu haben. Doch Una ahnt nicht, dass Aidan ein Schläfer der IRA ist  .. 
Mich hat es ein wenig überrascht, dass in dem so freundlichen Irland der religiöse Krieg noch immer vorhanden ist, obwohl sich in dem Land schon so viel getan hat. Aber diese politischen Organisationen, religiöse Terroristen, teilweise schon fundamentalistisch geprägt, sowohl Protestanten als auch Katholiken, existieren bis heute noch und führen noch immer den Kampf gegeneinander aus. 

Mir kam dieser Aidan merkwürdig vor. Von Anfang an stand ich ihm misstrauisch gegenüber. Im Laufe des Geschehens fing er sogar an, mich zu langweilen.

Die Dialoge zwischen ihm und seiner Freundin Una haben sich wie Schlagertexte gelesen. Richtige schnulzige Phrasen. Davon bekomme ich Gänsehaut.

Z. B. Du bist mein Leben ... Mein ganzes Leben gehört nur dir alleine …

In eine falsche Identität geschlüpft bringt er seine Una mit diesen Liebesflosken auf falsche Fährten, doch das wollte Una nun selbst zum Schluss nicht wirklich wahrhaben, obwohl er ihr Leben existentiell in Gefahr brachte.

Ist das typisch Frau, die sich das wünscht, dass der Mann ganz alleine für sie da ist, sich für sie aufgibt? Was ist das für eine Liebe? Doch Una war leider auch eine Person, die von ihm immer wieder hören wollte, wie sehr sie von ihm geliebt wird, obwohl sie es ihm anfangs nicht leicht gemacht hatte. Aidan spürte ihr selbstsüchtiges Verlangen, und sülzte ihr das vor, was sie hören wollte. 

Una verhielt sich anfangs sexuell ihm gegenüber recht verklemmt, was auf die religiöse Erziehung zurückzuführen war.

Zumindest erfährt Una am Schluss, dass die Eltern Opfer eines terroristischen Aktes waren. Der Großvater erzog Una so, dass sie lernen sollte, nichts zu sagen, nichts zu hören, und nichts zu sehen. Und vor allem auch keine Fragen zu stellen. Jeder in Irland, auch junge Menschen, kannten sich in der Politik aus, dass das Land unterschwellig immer am Brodeln ist. Una wurde sogar von ihren Freundinnen gewarnt, bestimmte Fragen in der Öffentlichkeit besser nicht zu stellen, denn sie würde damit ihr Leben in Gefahr bringen. Im Haus ihres Großvaters wurde demnach nicht über Politik / Religion gesprochen. Ist das der Grund, weshalb Una so naiv war? Obwohl sie anfangs schon vom Auftreten her recht kritisch wirkte ... 

Lest selbst. Gerade die letzten dreißig Seiten waren hochspannend. Das Ende hatte mich erschüttert und mich stark zum Grübeln verführt.
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Für kleine Lebewesen wie uns
ist die Weite des Raums nur durch Liebe erträglich.
(Matt Haig zitiert Carl Sagan) 

Gelesene Bücher 2014: 58
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86







Montag, 25. August 2014

Thomas Moran / Wasser trage mich

Klappentext
Una Moss lebt nach dem tragischen Unfalltod ihrer Eltern bei ihrem Großvater im südirischen Cork. Als sie eines Abends in einem Pub den Zeichner Aidan kennenlernt, scheint sie endlich eine Chance auf Glück zu haben. Doch Una ahnt nicht, dass Aidan ein Schläfer der IRA ist  ...

Autorenporträt
Thomas Moran, 1948 geboren, studierte Journalistik und bereiste als Auslandskorrespondent Europa und Asien. Sein erster Roman, "Nächstes Jahr in Sankt Vero" (The Man in the Box), von der Presse enthusiastisch gelobt, erhielt den "Stephen Crane Award for First Fiction".
Der Autor war mir bisher unbekannt. Entdeckt habe ich ihn im Oxfam-Bücherladen. Gebunden, preisgünstig und sehr gut erhalten, erworben. Das Buch wurde 2000 herausgegeben.

Lt. meiner Recherchen ist das Buch nur noch antiquarisch zu erwerben. Die Taschenbuchauflage erschien beim Dromer-Knaur Verlag. Derzeit taucht der Autor auch hier nicht mehr auf.

Die ersten hundertfünfzig Seiten habe ich schon durch. Das Buch gefällt mir recht gut. Mal schauen, wie es weiter geht.





Sonntag, 24. August 2014

Isabel Allende / Das Siegel der Tage (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch hat mir recht gut gefallen. Hier spricht die private Isabel Allende.

Sie erzählt viele spannende Geschichten aus ihrem Leben. Doch hauptsächlich richtet sie ihren Monolog auf die verstorbene Tochter Paula, die an einer Stoffwechselerkrankung litt und daran verstarb. Sie glaubt an die Wiedergeburt der Seele. Allende durchläuft durch den Tod ihrer Tochter eine schwere Krise, die schwerste in ihrem Leben, die sie aber übersteht, und darüber hinauswächst.

Zur Erinnerung gebe ich noch einmal den Klappentext rein:
Isabel Allende ist die Meisterin des Erzählens, und ihre vielköpfige Familie bietet einen reichen Fundus an unglaublichen Geschichten. Die Erfolgsautorin hat sie in diesem Buch, das sie an die verstorbene Tochter Paula richtet, aufgeschrieben: Liebschaften und unverhoffte Trennungen spielen eine Rolle ebenso wie zwei lesbische buddhistische Nonnen, die sich wie selbstverständlich eines elternlosen Säuglings annehmen, oder ein stoischer Buchhalter, der sich auf Befehl seiner chinesischen Mutter auf die Suche nach einer Ehefrau macht.
Man bekommt es mit vielen interessanten Persönlichkeiten zu tun. Fasziniert haben mich vor allem die Charakterzüge der Großmutter Hilda: 
Sie sprach nie schlecht über andere, suchte vor Auseinandersetzungen das Weite, ertrug klaglos anderer Leute Dummheit und konnte sich nach Belieben unsichtbar machen. (98) 
Man lernt Tong kennen, ein Chinese, der unglücklich verheiratet ist, er sich aber nicht hat scheiden lassen wollen. Auch die Frau wollte sich nicht scheiden lassen, um den bürokratischen Aufwand zu umgehen:
Tong ging stramm auf die fünfzig zu, sah aber aus wie ein junger Student, schlank, klein, mit einer Matte steifer Haare und immer in Jeans und Turnschuhen. Mit seiner Frau sprach er seit zwölf Jahren kein Wort, obwohl sie noch immer zusammen unter einem Dach wohnten, aber sie ließen sich auch nicht scheiden, weil sie ihre Ersparnisse nicht aufteilen wollten und panische Angst vor seiner Mutter hatten, einer winzigen und Furcht einflößenden Greisin, die seit dreißig Jahren in Kalifornien lebte und glaubte, im Süden Chinas zu sein. (153)
Zwölf Jahre unter einem Dach zu leben, ohne miteinander ein Wort zu wechseln, das muss ja schon eine Kunst sein.

Isabel Allende ist ein Mensch, der sehr stark auf sein Äußeres bedacht ist. Gerade mal 1,50 m groß steht sie oft auf hohen Schuhen und auch ihre Haut wirkt straff wie bei einer Dreißigjährigen. Sie ist Jahrgang 1942, also schon über siebzig. Aber man sieht ihr das nicht an.
Es ist wohl üblich, dass sich die Prominenz in Amerika liften lässt. Dazu zählt auch Isabel Allende. Aber sie wirkt keineswegs arrogant, nein, sie wirkt sehr menschlich, die offen über ihre Schwächen schreibt. Allende hat Angst vor dem Älterwerden, und so setzt sie sich immer wieder mit ihrem Alter auseinander. Sie erhält von der Mutter nützliche und weise Tipps:
>>Nimm Kalzium und Hormone<<, riet sie mir, >>damit die Knochen dich nicht im Stich lassen wie mich.<<  Sie schärft mir ein, ich solle auf mich achten, gut zu mir sein, die Stunden auskosten, die doch so schnell vorbei sind, nicht mit dem Schreiben aufhören, damit mein Geist rege bleibt, und meine Yogaübungen machen, damit ich mich bücken kann und weiterhin allein in meine Schuhe komme. Auch rät sie mir, nicht zu viel Energie in jugendliches Aussehen zu verschwenden, denn wie sehr ich sie auch zu kaschieren versuchte, man sehe mir die Jahre doch an, und nichts sei erbärmlicher als eine Alte, die als Lolita daherkommt. Kein Zaubertrick stoppt den Verfall, er lässt sich nur ein bisschen aufhalten. >>Über fünfzig macht die Eitelkeit nur noch Kummer<<, versicherte mir diese Frau, die immer als Schönheit galt. Aber mich schreckt die Hässlichkeit des Alters, und ich werde mich gegen sie wehren, solange meine Gesundheit es erlaubt; deshalb habe ich mich liften lassen, denn noch ist die Salbe, die Zellen verjüngt, nicht gefunden. (202f)
Doch es gibt auch Phasen, in denen Allende das Älterwerden sehr wohl auch konstruktiv zu betrachten weiß:
Ich erlebe das Älterwerden als eine Reise nach innen und als den Beginn einer neuen Freiheit; ich konnte bequeme Schuhe tragen, musste keine Diät mehr halten und nicht mehr der halben Welt gefallen, sondern nur noch denen, die mir wirklich etwas bedeuteten. Früher waren meine Fühler stets darauf gerichtet, männliche Schwingungen in der Atmosphäre wahrzunehmen; mit über fünfzig wurden sie welk, und heute fühle ich mich nur noch zu meinem Mann Willie hingezogen. (199)
Ich empfehle allen LeserInnen dieses oder ein anderes Buch, das ihr Leben beschreibt, bevor sie sich auf die Romane stürzen. In diesem Buch erfährt man recht viel über Allendes Romane, mit welchen Intentionen sie zustande kamen und in welcher Schreibphase sie sich gerade befand.
Ich wusste noch gar nicht, dass sie eine dreibändige Jugendliteratur schrieb, kenne nur einen Band von ihr, es existieren aber wohl noch zwei weitere, die ich mir aber nicht anschaffen werde. Die Autorin hatte für sich entschieden, nur noch Bücher für Erwachsene zu schreiben, da sie vom Verlag her so viele Vorgaben hatte berücksichtigen müssen, damit die Bücher jugendtauglich wären. Die Welt sei, wie sie sei, man müsse sie nicht beschönigen, auch vor Kindern nicht, die sehr wohl wüssten, wie es in der Welt zugehen würde.
Die Vorstellung, dass ich mit einer >>positiven Botschaft<< schreiben soll, macht mich krank. Ich sehe keinen Grund, die Kleinen zu schonen, die sowieso jede Menge Mist mitbekommen; im Internet können sie sich fette Frauen beim Geschlechtsverkehr mit Eseln ansehen oder Drogendealer und Polizisten, die einander gegenseitig in widerlicher Weise foltern. Wie naiv zu glauben, man könne ihnen über die Seiten eines Buches positive Botschaften vermitteln; damit erreicht man bloß, dass sie nicht lesen. (366f)
Isabel Allende bereist die Welt und gerät so zu ihren Buchthemen. Sie beobachtet die Menschen des jeweiligen Landes, die Kultur und sammelt Informationen und geht Recherchen nach, die für Abenteur- und für historische Romane notwendig sind. Sie schreibt also nicht einfach drauf los … Und doch entstehen viele Geschichten auch aus ihrem Unbewussten. Daraus entsteht ein Mix aus eigenen Erfahrungen, aus  Intuition, aus Recherchen und Fantasie.
Ich werde häufig gefragt, woher die Anregungen zu meinen Büchern stammen. Ich wüsste es nicht zu sagen. Auf der Reise des Lebens sammle ich Erfahrung, die in die tiefsten Schichten der Erinnerung sinken, dort Wurzeln ziehen, sich wandeln und zuweilen wie seltsame Pflanzen aus anderen Welten an die Oberfläche durchstoßen. Woraus besteht dieser reiche Nährboden des Unbewussten? Wieso werden manche Bilder zu Motiven, die uns wieder und wieder in Träumen oder im Schreiben begegnen? Ich habe mich in verschiedenen Genres bewegt und vielfältige Stoffe bearbeitet, mir kommt es vor, als würde ich in jedem Buch alles neu erfinden, selbst den Stil, aber ich tue das nun seit über zwanzig Jahren und bin nicht blind für die Wiederholungen. In fast jedem meiner Bücher gibt's wagemutige Frauen, die aus ärmlichen Verhältnissen stammen, verletzlich sind und dafür vorgesehen, ein Leben in Demut zu führen, sich jedoch dagegen auflehnen und für die Freiheit jeden Preis zu zahlen bereit sind. (363f)
Nachdem ich ein paar Bücher von ihr gelesen habe, kann ich das nur bestätigen.

Isabel Allende erlebt ihre Romanfiguren innerlich als authentisch. Sie sieht sie vor sich, als wären sie real. Und genau das ist es, was meiner Meinung nach ihre Bücher so glaubwürdig macht. Zum Abschluss noch ein letztes Zitat:
Etwa in der Mitte jedes Buches, wenn ich nicht mehr ich bin, die Frau, sondern eine andere, die Erzählerin, kann ich die Figuren auch sehen. Sie tauchen aus dem Zwielicht auf und stehen leibhaftig vor mir, ich kann ihre Stimmen hören und ihren Geruch atmen, sie überfallen mich in meinem Häuschen, drängen sich in meine Träume, bevölkern meine Tage und verfolgen mich sogar auf der Straße. Aber wenn ich mein Leben niederschreibe, ist es anders, weil die Figuren Menschen aus einer Familie sind, die leben, die ihre Vorstellungen und ihre Konflikte haben. Hier geht es nicht darum, die Fantasie anzustacheln, sondern um den Versuch, das Erlebte wirklich nachzuvollziehen. (390)
Ich beende hiermit meine Aufzeichnungen. Ich habe mich sehr wenig zu Allendes Familie, ihrer Sippschaft, wie sie es selbst nennt, bezogen, und verweise auf das Buch. Sie alle sind lesenswerte Persönlichkeiten.

Ich habe mir im Buchladen noch zwei andere Bücher bestellt, die persönlichen Inhalts sind.

Das Buch erhält von mir zehn von zehn Punkten. Es ist klar geschrieben, die Figuren recht differenziert und authentisch dargestellt, und die Themen bzw. die vielen unterschiedlichen Geschichten stimmten mich bis zur letzten Seite neugierig.
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Für kleine Lebewesen wie uns
ist die Weite des Raums nur durch Liebe erträglich.
(Matt Haig zitiert Carl Sagan)

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Montag, 18. August 2014

Isabel Allende / Das Siegel der Tage

Klappentext
Isabel Allende ist die Meisterin des Erzählens, und ihre vielköpfige Familie bietet einen reichen Fundus an unglaublichen Geschichten. Die Erfolgsautorin hat sie in diesem Buch, das sie an die verstorbene Tochter Paula richtet, aufgeschrieben: Liebschaften und unverhoffte Trennungen spielen eine Rolle ebenso wie zwei lesbische buddhistische Nonnen, die sich wie selbstverständlich eines elternlosen Säuglings annehmen, oder ein stoischer Buchhalter, der sich auf Befehl seiner chinesischen Mutter auf die Suche nach einer Ehefrau macht.

Autorenporträt
Isabel Allende wurde am 2. August 1942 in Lima/Peru geboren. Nach Pinochets Militärputsch am 11. September 1973 ging sie ins Exil. 1982 erschien ihr erster Roman La casa de los espíritus (dt. Das Geisterhaus, 1984), der zu einem Welterfolg wurde. Der dänische Regisseur Bille August verfilmte den Roman 1993. Allende arbeitete unter anderem als Fernseh-Moderatorin und war Herausgeberin verschiedener Zeitschriften. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Kalifornien. Ihr Werk erscheint auf deutsch im Suhrkamp Verlag.

Gelesen habe ich von der Autorin:
Das Geisterhaus
Das Portrait aus Sepia
Die Insel unter dem Meer
Die Stadt der wilden Götter
Fortunas Tochter
Mayas Tagebuch
Am besten hat mir Die Insel unter dem Meer gefallen.

Die anderen Werke waren auch alle gut.

Ich beginne heute mit dem Isabel Allende-Lese-Projekt, nach dem ich mit Carson McCullers gestern abgeschlossen habe. Das bedeutet, dass ich in mehreren Abständen alle Allende-Bücher lesen werde, die ich habe und die in meiner Anschaffung noch fehlen.


Sonntag, 17. August 2014

Carson McCullers / Spiegelbild im goldnen Auge (1)

Die etwas andere Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das ist das zweite Buch, das die Autorin in der Reihenfolge geschrieben hat. Das Herz ist ein einsamer Jäger ist ihr Debüt-Roman gewesen. Von dem Buch Spiegelbild im goldnen Auge zeigten sich die damaligen Literaturkritiker ein wenig enttäuscht. Sie hatten durch den Erfolg des ersten Buches mehr erwartet. Ich kann mich dem nicht anschließen. Mir hat dieses, sowie alle anderen McCullers - Bücher mehr als gefallen. Ihre Handlungen, auch wenn die Bücher nicht so umfangreich sind, haben jede Menge Tiefe. Doch bei vielen anderen stieß dieses Buch auf Widerstand, denn auch hier treten skurrile Figuren auf, die man schwer begreifen kann. Und das mag nicht jeder. Im Folgenden ein Zitat eines Kritikers namens Mr Cumming, entnommen aus dem Anhang, geschrieben von Tennessee Williams: 
Ich habe einige solcher Bücher gelesen wie dieses hier, und ich finde sie ekelhaft und verrückt. Und ich begreife nicht, weshalb jemand den Wunsch haben sollte, über derartig krankhafte und pervertierte und groteske Kreaturen zu schreiben und zu versuchen, sie als Musterbeispiele für das Menschengeschlecht auszugeben! (177)
Vielleicht gefallen mir die McCullers-Bücher gerade aus diesem Grund, weil die Autorin es schafft, das Tiefste aus einer Menschenseele hochzukehren. Deshalb fühle ich mich von ihren Büchern so angezogen.

Zur Erinnerung gebe ich noch einmal den Klappentext rein:
Ein Militärcamp in einem trostlosen, verlassenen Südstaatennest, zwei Paare, die in ihrer monotonen Existenz gefangen sind und deren zwischenmenschliche Verstrickungen unausgesprochen bleiben. Jeden Abend sitzen der Major und seine kränkliche Frau beim Kartenspiel mit Hauptmann Penderton und dessen Frau Leonora, heimlich beobachtet vom Gefreiten Williams, der von der flamboyanten Frau Penderton magisch angezogen ist.
Interessant fand ich die Figur Private Williams, der auch auf dem Militärcamp tätig ist. Private Williams ist nicht sein richtiger Name. Er kennt seinen Namen selber nicht, da er mit Initialen groß geworden ist, wie z.B. J. W. . Als er vom Militär eingezogen wurde, glaubte man, es mit einem geistig Behinderten zu tun zu haben, jemand, der seinen Namen nicht schreiben konnte. Man gab ihm dann schließlich den Namen Private Williams und seit dem nennt er sich so.

Das muss man sich mal so richtig im Geiste vorstellen; ein Mensch, der mit Initialen groß wird. Was für eine Identität erwirbt so eine Person, die ohne Namen aufwächst?

Private Williams wuchs bei seinem Vater auf einer Farm auf, und der Vater erzählte dem Jungen noch ganz andere merkwürdige Geschichten, wie z. B. dass Frauen gefährliche Kreaturen seien. Sie würden Krankheiten übertragen. Er solle sich von den Frauen fern halten, denn bei der kleinsten Berührung könne er sich bei ihnen anstecken. Der Junge wuchs demnach auf, ohne jemals mit einer Frau in irgendeiner Weise in Kontakt getreten zu sein.

Man erfährt nicht, was mit der eigenen Mutter ist, mit der Frau seines Vaters. Dabei vermutet man, dass er von einer oder von mehreren Frauen Enttäuschungen hat hinnehmen müssen und so überträgt der Vater seine schlechten Erfahrungen auf den Jungen. Auch erfährt man nicht, ob diese schlechten Erfahrungen selbstverschuldet waren oder nicht. Das Buch verführt zu Spekulationen. 

J. W. wird erwachsen, geht zum Militär. Lässt sich als Soldat einschreiben und lernt auf dem Militärcamp die Frau eines Hauptmanns kennen mit dem Namen Leonora. Er ist wie erstarrt, als er eines Abends deren Silhouette aus dem Fensterglas schimmern sieht. Sie war nackt. Private Williams hatte zuvor noch nie eine nackte Frau gesehen, geschweige denn, sie berührt.
Früher, kurz nach seinem Eintritt ins Heer, hatte er sich einmal eine Fleischvergiftung zugezogen und war ins Spital geschickt worden. Beim Gedanken an die böse Krankheit, die man sich bei Frauen holen konnte, zitterte er jedes Mal vor Entsetzen unter seiner Decke, wenn die Krankenschwester ihm nahe kam, und erleidet lieber stundenlang Schmerzen, als dass er sie um Hilfe gebeten hätte.
Private Williams ist für die Versorgung und Pflege eines Pferdes zuständig, dessen Besitzerin Leonora ist. Hier gibt es eine kleine Wandlung, was der Körperkontakt zu dieser Frau betrifft. Immer, wenn er Leonora aufs Pferd half, musste er sie notgedrungen berühren, wie sonst hätte er ihr aufhelfen können?

P. W. liebt das Pferd als wäre es Leonora ...
Seit er jedoch die >Lady< berührt hatte, war diese Furcht verschwunden. Jeden Tag striegelte und  sattelte er ihr Pferd, half ihr in den Sattel und sah sie davon reiten. Frühmorgens war die Luft oft winterlich kalt, und die Frau des Hauptmanns hatte rosige Wangen und war bester Laune. Immer hatte sie ein freundliches oder witziges Wort für Private Williams. Aber er schaute ihr niemals in die Augen und entgegnete auch nichts auf ihre Scherze. (165)
Seitdem schleicht sich der Soldat nachts heimlich ins Haus. Die Haustüre war nie abgeschlossen. Geht hoch zu ihr ins Zimmer und betrachtet sie in Kniestellung als Leonora sich im Tiefschlaf befindet. Er betrachtet sie die ganze Nacht, ohne sie mit den Händen zu berühren, und bei Morgengrauen schleicht er sich wieder hinaus.

Wieder eine recht einsame Natur, dieser Private Williams. Er hatte keine Freunde, und im Camp kannte niemand seinen Namen. Warum ist es der Autorin so wichtig, diese einsamen Menschen immer und immer wieder von Buch zu Buch in Erscheinung treten zu lassen? Aus der Autobiografie wurde mir deutlich, dass sie selbst innerlich ein sehr einsamer Mensch war, obwohl sie erfolgreich war im Leben, obwohl sie viele Kontakte und Freunde hatte. Aber wie fühlt sich das innerlich an? Gehen diese inneren Bedürfnisse mit den äußeren Bedürfnissen konform? Wie man dies an ihren Figuren sieht, fühlt sich das völlig anders an. Deswegen glaube ich, dass alle diese Kreaturen Teile ihres inneren Ichs sind. Jeder Mensch besitzt so seine inneren Dämonen, während die meisten sie nach unten drücken, weil sie nicht sein dürfen, lässt die Autorin diese aufleben.

Wie geht es mit Private Williams aus? Das müsst ihr selbst lesen.

Eigentlich ist er nicht mal die Hauptfigur, trotzdem stimmte sie mich neugierig.

Es gibt noch andere Wesen. Konservative, versnobte, Wesen in Demutshaltung, etc.

Auch in diesem Buch gibt es Spießer, die alles, was im Leben Freude macht, verteufeln. Künstlerische Betätigungen werden z. B. als Kindereien abgetan. Alles, was der Normalität zuwiderläuft, wird als abstoßend empfunden. Und dieses Kleinkarierte, diese gesellschaftliche Enge wird auch hier thematisch bearbeitet.

Wenn man sich diese Kreaturen betrachtet, dann fragt man sich schon, ob es so etwas wie eine Normalität überhaupt gibt? Mir gibt die Autorin das Gefühl, dass jeder Mensch nur mit sich selbst verglichen werden kann, und jeder Mensch mit sich selbst verglichen ein normales Wesen ist.

Das, was der Mensch nach außen hin von sich zeigt, ist nichts anderes als erfüllte Erwartungen, die ihm im Laufe seiner Sozialisation herangetragen wurden. Das innere Ich ist ein völlig anderes Wesen. Und diese Wesen werden innerlich geheim gehalten und eingesperrt. Carson McCullers sperrt sie nicht ein, sie lässt diese inneren Wesen nach außen dringen und leben auf den Buchseiten so wie sie sind hell auf.

Das Buch erhält von mir zehn von zehn Punkten wegen der Authentizität und des gekonnten literarischen Schreibstils.

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 Für kleine Lebewesen wie uns
ist die Weite des Raums nur durch Liebe erträglich.
(Matt Haig zitiert Carl Sagan)

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Samstag, 16. August 2014

Carson McCullers / Spiegelbild im goldnen Auge

Klappentext
Ein Militärcamp in einem trostlosen, verlassenen Südstaatennest, zwei Paare, die in ihrer monotonen Existenz gefangen sind und deren zwischenmenschliche Verstrickungen unausgesprochen bleiben. Jeden Abend sitzen der Major und seine kränkliche Frau beim Kartenspiel mit Hauptmann Penderton und dessen Frau Leonora, heimlich beobachtet vom Gefreiten Williams, der von der flamboyanten Frau Penderton magisch angezogen ist.

Autorenporträt
Carson McCullers, geboren 1917 in Columbus (Georgia), gestorben 1967 in Nyack (New York), dort begraben. McCullers wollte eigentlich Pianistin werden. Mit 500 Dollar fuhr sie 18-jährig alleine nach New York, um an der renommierten Juilliard-Musikschule zu studieren. Das Geld verschwand auf mysteriöse Weise, doch sie blieb in New York, arbeitete als Sekretärin, Kellnerin, Barpianistin und beschloss, Schriftstellerin zu werden. Der Erfolg ihres Erstlings, ›Das Herz ist ein einsamer Jäger‹, machte die 23-Jährige zum literarischen ›Wunderkind‹. Mit 23 erlitt sie den ersten von drei Schlaganfällen, ihr Leben wurde bestimmt durch die Krankheit, der sie ihr Werk abrang, und durch Einsamkeit, besonders nach dem Selbstmord ihres Mannes 1953.
Das ist das letzte Buch, das ich von der Autorin habe. Gelesen habe ich von ihr folgende Bände:
Das Herz ist ein einsamer Jäger 
Die Autobiografie
Die Ballade vom traurigen Café
Frankie
Uhr ohne Zeiger
Das Buch, das mir ein wenig besser gefallen hat ist Das Herz ist ein einsamer Jäger. 
Die anderen Bücher fand ich auch alle gut.

Der vorliegende Band, so wie ich ein wenig im Anhang gespickt habe, wäre damals bei den Literaturkritikern nicht besonders gut herausgekommen.
Nein, dem kann ich mich auch nicht anschließen. Dieses Buch ist auch recht gut. Auch hier leben Individuen innerlich in recht einsamer Form ...

Eine Literaturfigur z.B. schneidet sich die Brustwarze ab, da sie es nicht erträgt, von ihrem Mann betrogen zu werden.
Bin neugierig, wie es für mich sein wird, wenn ich am Ende der Geschichte angelangt bin.


Freitag, 15. August 2014

Francois Lelord / Die kleine Souvenierverkäuferin (1)


Abbruch der Lektüre

Ich habe so ziemlich mit mir gerungen, doch nun nach 250 Seiten musste ich das Buch abbrechen.

Francois Lelord mag sicher eine ganz sympathische Persönlichkeit sein, seine Bücher allerdings gehen einfach nicht an mich. Ich werde es in Zukunft lassen, weitere Bücher von ihm zu kaufen.

Ich gebe zur Erinnerung noch einmal den Klappentext rein:
Kann man sich verlieben, wenn einen Welten trennen? Und warum kann man sich manchmal nicht lieben, wenn doch alles zu passen scheint? Könnte es Julien doch nur gelingen, Cleas Gefühle zu erwidern. Gemeinsam arbeiten die beiden Ärzte daran, den Ausbruch einer Epidemie in Hanoi zu verhindern. Aber obwohl sie das perfekte Paar wären, muss Julien immerzu an eine junge Vietnamesin denken, der er manchmal am See des zurückgegebenen Schwertes begegnet …
Es geht nicht nur um eine Liebesgeschichte, sondern auch um eine Epidemie in Vietman ... Trotzdem hat mich das Buch nicht angezogen. Mir kam der Inhalt so seicht vor. Außerdem langweilte mich sein Schreibstil.

Albert Camus hat mit seinem Buch Die Pest meine Aufmerksamkeit richtig auf sich gezogen.  Aber ist es fair, beide Autoren miteinander zu vergleichen? Camus ist Existentialist und zählt zu den modernen Klassikern.

Es gibt so viele AutorInnen, die Chemie kann nicht überall stimmen, deshalb macht immer selbst eure eigene Leseerfahrung.

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Für kleine Lebewesen wie uns
ist die Weite des Raums nur durch Liebe erträglich.
(Matt Haig zitiert Carl Sagan)

Gelesene Bücher 2014: 55
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Gelesene Bücher 2012: 94
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Mittwoch, 13. August 2014

Francois Lelord / Die kleine Souvenierverkäuferin

Klappentext
Kann man sich verlieben, wenn einen Welten trennen? Und warum kann man sich manchmal nicht lieben, wenn doch alles zu passen scheint? Könnte es Julien doch nur gelingen, Cleas Gefühle zu erwidern. Gemeinsam arbeiten die beiden Ärzte daran, den Ausbruch einer Epidemie in Hanoi zu verhindern. Aber obwohl sie das perfekte Paar wären, muss Julien immerzu an eine junge Vietnamesin denken, der er manchmal am See des zurückgegebenen Schwertes begegnet …

Autorenporträt
François Lelord, geboren 1953, studierte Medizin und Psychologie und wurde Psychiater, schloss jedoch seine Praxis, um zu reisen und sich und seinen Lesern die wirklich großen Fragen des Lebens zu beantworten. Er lebt mit seiner Frau in Paris und Thailand. 
Ich bin eigentlich keine Freundin von Lelord. Das eine oder andere Buch mag gut bei mir angekommen sein, aber insgesamt eher oberflächlich. Der Autor findet auf alle weltbewegenden Fragen eine Antwort ... Doch das vorliegende Buch hatte mich gereizt, es doch noch mal mit dem Autor zu versuchen. Er spielt jetzt hier zwar nicht den Psychiater, aber es ist schon wieder eine Liebesgeschichte, und nun nach 150 Seiten erlebe ich eine notorische Langeweile.

Aber ich beschließe, das Buch zu Ende zu lesen, vielleicht kommt ja doch noch die Wende.

Was mir allerdings gut gefällt, ist, der Autor verhält sich der fremden Kultur gegenüber nicht abfällig, sondern respektvoll. Man trifft selten AutorInnen, die das können.









Dienstag, 12. August 2014

Carola Stern / Kommen Sie, Cohn (1)


Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre


Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es war recht spannend zu lesen.

Carola Stern hat es gut drauf, über andere Persönlichkeiten zu schreiben. Es ist ihr gelungen, das Leben von Friedrich Cohn und Clara Viebig darzustellen. Vor allem Clara Viebig ist für ihre Zeit ein anerkannter Schriftsteller gewesen. Niemand wusste, dass sie eine Frau war. Dazu später mehr. Sie ist Jahrgang 1860 und hat bis 1952 gelebt. Ihr Mann Friedrich Cohn ist jüdischer Abstammung.

Über Clara Viebig, die oft in Künstlerkreisen verkehrte, und sie dadurch Fontane und seine Familie kennenlernte, erfährt man auch ein wenig über Fontanes Familie, als die Tochter Martha, mit 35 Jahren schon stark über das heiratsfähige Alter hinaus, beschlossen hatte, einen Mann zu heiraten, der zweimal Witwer war und zwanzig Jahre älter ist als sie selbst. Die Verlobung fand auch still und heimlich statt. Als Martha den Eltern von der Verlobung und den Heiratsabsichten verkündete, war besonders die Mutter schockiert über die Partnerwahl. Sie lehnte die Verbindung kategorisch ab, wobei der Vater die Kinder so frei erzogen hatte, dass sie ihre PartnerInnen selbst auswählen durften, ganz nach Neigung, statt nach Vorschrift und Tradition.

Theodor Fontane musste zugeben, dass der Verlobte ein Feingeist war; er war gebildet und vermögend, das entschädigte alles andere.

Doch auch in der Fontane-Familie gab es ein schwarzes Schaf. Sohn Friedrich zählte als Einziger in der Familie, der so gar keine intellektuellen Ambitionen entwickelte, und wurde vom Vater dadurch ein wenig benachteiligt.
Friedrich hat es die meiste Zeit seines Lebens schwer gehabt, Anerkennung beim Vater zu finden. Viel hält Fontane nicht von ihm. >>Friedel ist ein guter, lieber Junge, aber unbedeutend<<, urteilt er über den Sohn. Den acht Jahre älteren Theo beauftragte er, den Bruder, der nur ein mäßiger Schüler ist, und die Schule vorzeitig verlässt, >>in Zucht<< zu nehmen. Auch die Mutter findet keine Worte zur Verteidigung des Jüngsten: er könne >>schließlich nichts dafür<<, schreibt sie in einem Brief, >>dass ihm das geistige Plus seiner Herren Geschwister versagt worden ist (Martha als männlich mit eingerechnet)<<. (38)
Fontane und die Juden. Oft habe ich mir schon die Frage gestellt, ob Fontane ein Antisemit war. In der Kaiserzeit wurden die Juden in der gehobenen Berufswahl benachteiligt. Bestimmte akademische Berufe durften sie nicht ergreifen.
Leider habe ich das Zitat verloren, aber Clara Viebig wurde Zeugin, als Fontane gegen die Juden öfters abfällige Bemerkungen von sich gab. Fontane war zwar kein aktiver Gegner, mit einigen Juden war er auch befreundet, doch hintenherum gab er schon antisemitische Äußerungen kund. Ab wann gilt jemand als Antisemit? Gewährt man bestimmten Schriftstellern eine höhere Toleranzgrenze? Ich finde schon, dass man abfällige Bemerkungen gegen bestimme Völkergruppen sehr wohl als rassistisch bezeichnen kann.
Ich freue mich, dass sich diese Frage auch andere schon gestellt haben, wie ich aus dem Internet eruieren konnte …

C. Viebigs Bücher wurden nicht unter ihrem vollen Namen gedruckt. Der Vorname wurde mit einem C. abgekürzt. Es sollte verheimlicht werden, dass sie eine Frau ist, und die Leser zu der damaligen Zeit, wie schon bekannt, ihre Vorlieben hauptsächlich zu den männlichen Autoren hatten. 

Was schrieb C. V.  für Bücher? Sie schrieb hauptsächlich sozialkritische Bücher und zeigte die Missstände armer Leute in Deutschland auf. Sie sieht in dem französischen Schriftsteller Emile Zola ein großes Vorbild. Sicher ist sie von seinen Büchern beeinflusst, denn wie er möchte sie die gesellschaftlichen und sozialen Missstände aufdecken und anprangern. Sie stieß bei Literaturkritikern allerdings auf großen Widerstand:
Viele Kritiker (…) werfen der Autorin vor, in >> abstoßender Wirklichkeit>> zu wühlen, sprechen von sinnlicher >>Rinnsteinkunst<<. Da sind sie sich einig mit dem selbsternannten obersten Kunstrichter des Reiches, dem Kaiser, der gar nichts von solcher >>Elendsliteratur<< hielt. Die Kunst, so verkündet er, solle die >>unteren Stände<< schließlich nicht weiter hinabziehen, sondern aufrichten, emporheben. Wenn sie >>in den Rinnstein niedersteigt<<, fährt der Kaiser schweres Geschütz auf, >>nichts weiter tut, als das Elend noch scheußlicher hinzustellen, wie es schon ist, dann versündigt sie sich damit am deutschen Volke<<. (49)
Im Nationalsozialismus versuchten die Viebigs, so unauffällig wie nur möglich zu leben. Friedrich Cohn ist entsetzt über die politische Entwicklung, wo er sich doch im Kaiserreich dermaßen geopfert hatte, um akzeptiert zu werden. Opfer heißt, viele Juden durchliefen einen Prozess der Assimilation und haben dadurch ihre eigene Kultur über Bord geworfen. Friedrich Cohn konvertierte und wurde Mitglied der katholischen Kirche …

Friedrich Cohn zerbricht an dem Nationalsozialismus und stirbt an Herzversagen. 

Clara Viebig zeigte sich politisch wenig versiert, auch vertrat sie nicht die Rolle der Frau. Die gesellschaftliche Stellung war ihr sehr wichtig. Sie galt als vornehm, vermögend, aber auch als konservativ. Im Haushalt verkehrten mehrere Bedienstete. Und sie setze eine junge Frau auf die Straße, weil sie unehelich schwanger war. Für diese junge Frau wurde die Entlassung mit dem werdendem Kind zur absoluten Katastrophe.

C. Viebigs Bücher waren bei der Bücherverbrennung nicht dabei. Eigentlich eine Beleidigung, weil es doch danach aussah, als gehöre sie nicht zu den bedeutsamen Schriftstellern. Sie selbst litt zwar nicht darunter, wahrscheinlich war ihr das nicht mal bewusst, im Gegenteil, nach dem Tod ihres Mannes versuchte sie den Nazis zu beweisen, dass sie nicht mit einem Juden verheiratet war, und zückte sogar den Hitlergruß, damit ihre Bücher wieder neu aufgelegt werden konnten. C. V. lebte nach dem Tod ihres Mannes noch zwanzig Jahre. Wie Carola Stern stellte auch ich mir die Frage, weshalb sie nach ihrem Ableben sich nicht zu ihrem Mann hat beisetzen lassen? Ihr Leichnam wurde in das Grab des Vaters gelegt. 
Da ich nicht zu viel verraten möchte, mache ich nun hier Schluss und kann das Buch wärmstes weiterempfehlen.

Von Carola Stern steht noch eine ungelesene Autobiografie im Regal. Ich kannte bisher die Autorin gar nicht und werde sicher das Buch auch gerne lesen.

Das Buch erhält von mir zehn von zehn Punkten. Es ist gut recherchiert, der Ausdruck ist gelungen, man konnte sich in allen Menschen sehr gut hineinversetzen.
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Für kleine Lebewesen wie uns
ist die Weite des Raums nur durch Liebe erträglich.
(Matt Haig zitiert Carl Sagan)

Gelesene Bücher 2014: 54
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
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Montag, 11. August 2014

Carola Stern / Kommen Sie, Cohn


Klappentext
Carola Stern erzählt in ihrem letzten Buch über die Schriftstellerin Clara Viebig und den Verleger Friedrich Cohn – die Geschichte einer jüdisch-christlichen Familie zur Zeit der Jahrhundertwende, als Berlin zu einer Metropole der wirtschaftlichen und kulturellen Moderne wurde. Ein neues Wort kam damals auf, das Geschichte machen sollte: Antisemitismus.

Autorenporträt
Carola Stern lebte bis 1951 als Lehrerin in der DDR. In den fünfziger Jahren studierte sie an der Freien Universität und arbeitete als wissenschaftliche Assistentin am Institut für politische Wissenschaft in West-Berlin. 1960 bis 1970 Leiterin des Politischen Lektorats im Verlag Kiepenheuer & Witsch. Daneben journalistische Tätigkeit für Zeitungen und Rundfunkanstalten. 1970 bis 1985 Redakteurin und Kommentatorin in der Hauptabteilung Politik des Westdeutschen Rundfunks. Zahlreiche Auszeichnungen, u. a. 1970 Jacob-Kaiser-Preis, 1972 Carl-von-Ossietzky-Medaille für ihre Tätigkeit bei amnesty international, 1988 Wilhelm-Heinse-Medaille. Ab 1987 Vizepräsidentin, ab 1995 Ehrenpräsidentin des deutschen P.E.N.-Zentrums. Carola Stern starb 2006 in Berlin. 
Das Buch ist nur noch antiquarisch zu erwerben. Ich selbst habe es durch meine Buchfreundin Anne bekommen, die ihre Regale ausgemistet hat. Ein schönes Geschenk. Ohne sie hätte ich weder die Autorin noch Friedrich Cohn und Clara Viebig kennengelernt.  






Sonntag, 10. August 2014

Tilman Jens / Demenz (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Der Autor verarbeitet die Geschichte seines Vaters Walter Jens, vor allem die, als der Vater im Nationalsozialismus in der Hitlerjugend eingebunden gewesen sein soll. Ein Gerücht? Oder ist da etwas Wahres dran? Dem geht der Sohn Tilman nach. Schuld ist die dementielle Erkrankung seines Vaters, so dass die Recherchen ihn notgedrungen in die Auseinandersetzung mit dessen Lebensgeschichte führen.

Zur Erinnerung gebe ich noch einmal den Klappentext rein:
„Mein Vater weiß heute nicht mehr, wer er ist.“ Walter Jens und die Reise ins Vergessen. Tilman Jens’ Buch ist die Chronik eines langsamen Abschieds des Sohnes vom geliebten und bewunderten Vater. Der Sohn berichtet von einem Lebensende, das so gänzlich anders verläuft, als sein Vater, der „Virtuose des Wortes”, der Anwalt eines selbstbestimmten Todes, erhofft hatte. Ein bewegendes Buch über Auslöser und Auswirkungen einer grausamen Krankheit.
Walter Jens muss eine bedeutende Persönlichkeit gewesen sein, der unter den Kreisen von Schriftstellern bekannt war. Thomas Mann, Günter Grass, um ein paar wenige zu nennen. … Er selbst war auch schriftstellerisch tätig.

Und nun muss Tilman zuschauen, wie sein Vater geistig immer weniger wird …

In seinem Leben galt Walter Jens als sehr beredsam. Er lebte nach dem Zitat Fontanes: Wer am besten redet, ist der reinste Mensch. Tilman erkennt seinen eigenen Vater nicht wieder, fühlt sich der Krankheit völlig ausgeliefert ... Tilman erkennt, dass selbst die Ärzte sich vor dieser Erkrankung beugen müssen:
Das Alters-Siechtum, vor dem die Götter in Weiß kapitulieren. Das schleichende Sterben, das nach einer Studie des Robert-Koch-Instituts rund eine Millionen Deutsche ereilt. Die durchschnittliche Krankheits-Dauer, heißt es da, beträgt vom Beginn der Symptome bis zum Tod 4,7 bis 8,1 Jahre. Das ist nicht eben präzise - aber eindeutig doch: Der Weg führt beharrlich nach unten. Es gibt keine Chance der Heilung. (42)
Auch die Gesellschaft ist schier überfordert, deshalb bleibt ihr nichts anderes übrig, als bestimmte Krankheiten zu tabuisieren: Die meisten Leute ziehen sich von den dementen PatientInnen zurück. Sie können nicht anders als weggucken.
Ein Genie mag taub werden wie Beethoven, dem Wahnsinn verfallen wie Strindberg, den Freitod wählen wie Hemingway, Celan oder Pavese – vertrotteln aber darf das Genie nicht. Walter Jens, der unbequeme Denker aus Tübingen, der Redner der Republik, als stammelndes Menschenkind mit dem Babyfon am Bett, da hüllt man sich lieber in Schweigen, als ob dies letzte Kapitel eines langen, reichen und wortreich geführten Lebens ehrenrührig wäre, eine Schande, die es unter den Teppich zu kehren gilt. (43)
Der Vater, der einst mal so viel wusste und so viel konnte, zu dem der Sohn aufschaute, weiß bald gar nichts mehr. Seine Identität erlischt immer mehr. Er weiß nicht, wer er selbst ist, geschweige denn, wer seine Söhne und seine Frau sind. Er wurde in mehrere Kliniken untergebracht, doch keine wirkte Wunder:
Zehn Tage später darf er wieder nach Hause. Aber in diesen Monaten erlebt er die Krankheit in ihrer ganzen Härte. So wie sie Hunderttausende erdulden. Verwahrt, ruhiggestellt in Kliniken, in Heimen, die oft nicht gerüstet sind für den Umgang mit Menschen, denen gerade das Gedächtnis stirbt. Mein Vater durchschlebt 2007 eine wahre Odyssee, man bringt ihn von einer Krankenstation zur anderen. Im Frühjahr liegt er in der Urologie, wo man ihn schnellstmöglich wieder loswerden will, weil er in seiner Verwirrung androht, aus dem Fenster zu springen. (135)
Eigentlich wäre gerade der Kontakt zu vertrauten Personen hilfreich. Besuch von FreundInnen und Angehörigen kann Wunder wirken, aber nicht das Wunder, das wir unter Wunder verstehen, die völlige Wiederherstellung seiner geistigen Kräfte. Nein, ihn begleiten, lernen ihn auszuhalten und lernen, die Krankheit zu akzeptieren, das könnte für den Betroffenen hilfreich sein, weil er sich damit nicht mehr allein gelassen fühlt. Die Krankheit isoliert und lässt diese Menschen vereinsamen, als wären sie in ihrem eigenen Käfig gefangen.

Nun ist die Familie Jens keine arme Familie, sondern ausreichend wohlhabend. Sie haben das nötige Kleingeld, sich eine Ganztagspflegerin anzuschaffen, die nach Hause kommt, und den Patienten mit allem was nötig ist, versorgt. Auch ich denke, dass nur so ein würdiges Restleben und Sterben möglich ist.
Die Menschen bauen geistig ab, aber seelisch sind sie noch am Leben, und sie dadurch vieles wahrzunehmen in der Lage sind, selbst wenn sie es nicht schaffen, dies intellektuell zu artikulieren.

Tilman Jens stellt sich folgende Frage:

Was ist mit all denen, die nicht das Geld für eine private Betreuung haben, sondern, abgegeben in einem Heim, fernab der vertrauten Umgebung, das Ende der Tage erwarten? Das eindringliche Buch der Niederländerin Stella Braam bringt das Dilemma auf den Punkt: Prinzessin Juliana - auch sie war an Altersdemenz erkrankt - hatte ständig jemanden um sich, der sie pflegte. Genauso muss es sein. Das Juliana-Modell-oder: privat-Pflege-müsste Standard sein. Das Juliana – Modell (…) .(140)

Ich mache nun hier Schluss und kann das Buch bestens weiterempfehlen. Aber es ist kein Buch, indem es nur um die Demenz geht. Wie anfangs schon geschrieben, wird auch viel das politische Leben des Betroffenen retrospektivisch einbezogen; eine Art von Biografiearbeit, und diese nimmt nicht gerade einen kleinen Raum ein. 
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Für kleine Lebewesen wie uns
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(Matt Haig zitiert Carl Sagan)

Gelesene Bücher 2014: 53
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86