Donnerstag, 31. Dezember 2015

Kader Abdolah / Das Haus an der Moschee (1)

 Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Ich hätte Lust, es ein zweites Mal zu lesen, denn nun sind mir die Figuren vertraut. Außerdem ist es sehr facettenreich …
Die vielen fremdländischen Namen, was die einzelnen Figuren tun und zu wem sie gehören, sind auf der ersten Seite aufgelistet, so dass man sie immer wieder nachschlagen kann. Dies fand ich sehr rücksichtsvoll von dem Autor. Im Anhang gibt es ein Glossar zu verschiedenen iranischen und religiösen Begriffen, die auch alphabetisch geordnet und ins Deutsche übersetzt sind.

Zur Erinnerung gebe ich erneut den Klappentext rein:

Ein altes Haus in Senedjan. Seit 800 Jahren wohnt hier die Familie des Teppichhändlers Agha Djan. Unter seiner Obhut leben die Menschen in einträchtiger Harmonie – bis die von Teheran und den Aufständen gegen das korrupte Regime des Schahs ausgehende Unruhe auch sie erreicht. In seinem neuen Roman breitet Kader Abdolah das zutiefst menschliche Schicksal einer iranischen Großfamilie wie ein bunt schillerndes Geschichtengewebe vor uns aus. 

Was den Inhalt betrifft, nun, es ist jetzt nicht so, als hätte ich wahnsinnig viel Neues über den Islam und seine Anbeter/innen erfahren. Nein, das nicht. Der Autor bringt den Leser/innen das Bild nahe, das wir hier in der westlichen Welt von den islamischen Ländern sowieso schon haben. Deswegen werde ich nicht so viel darüber schreiben. Ich habe ein wenig Ehrfurcht vor Menschen, die in dieser Welt geboren werden … Aber die Art und Weise, wie der Autor diese Welt beschreibt, habe ich als differenziert wahrnehmen dürfen. Sein Schreibstil hat mir sehr zugesagt.

Und ich sage mir, wie glücklich wir uns unsere Freiheiten hier in unserem Land schätzen können. Wir können lesen was wir wollen, wir können uns Filme anschauen, so viele wir wollen und entscheiden selbst über die Filmwahl etc.

Ich stelle es mir recht anstrengend vor, wenn der Mensch in allem, was er tut, immerzu an Gott/Allah denken muss. Anstrengend zu denken, dass die Einen die Bösen und die Anderen die Guten sind.
Die Frauen schneiden auch im Paradies schlecht ab. Im Koran würde stehen, dass die Männer nach ihrem Ableben im Paradies von den Frauen bedient und verwöhnt werden würden ...

Doch nicht nur im Jenseits. Im Diesseits lebte ein Imam, aber nicht nur der Imam, namens Alsaberi, der sich alles von den Frauen machen ließ. Er ließ sich sogar baden, weil er nicht verunreinigt werden wollte. Er wollte mit keinem Gegenstand berührt werden, und auch mit keinem Menschen oder Tier. Alles betrachtete er als unrein. Sehr unlogisch und nicht zu Ende gedacht. Er glaubte an Gott und an seine Schöpfung, und lehnte sie doch auch völlig unbewusst ab. Wie kann Gottes Werk unrein sein? Aber die Sexualität fand er nicht schmutzig, dazu waren die Frauen wieder gut.

Viele weitere  skurrile Figuren treten auf, z.B. ein Kind, das den Spitznamen Eidechse erhält, weil es mit einer geschädigten Wirbelsäule geboren wurde, die irreparabel war. Das Kind konnte nicht stehen und nicht laufen, es bewegte sich auf allen Vieren fort, liegend oder krabbelnd. Das Kind war ein erstgeborener Sohn, der Stammhalter hätte werden sollen …

Viele Hinrichtungen von Richtern, die keine wirklichen Richter waren. Stellenweise empfand ich das Buch recht grausam, in der Art, wie Menschen, die für die Freiheit kämpften, als schwere Verbrecher geahndet und hingerichtet wurden. Ohne einen Verteidiger, ohne einen Anwalt. Kriege, die Menschen zu Monstern und Verrätern macht.

Das Ende hatte mir sehr gut gefallen. Es hatte etwas Versöhnliches, wenig Nachtragendes und der Autor ließ Gerechtigkeit walten.
Das Buch erhält von mir zehn von zehn Punkten.
_____
So ist das Leben
Es spielt mit dir
Manchmal liebt es dich
Manchmal erniedrigt es dich
(Kader Abdolah)

Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86




Montag, 28. Dezember 2015

Kader Abdolah / Das Haus an der Moschee

Klappentext
Ein altes Haus in Senedjan. Seit 800 Jahren wohnt hier die Familie des Teppichhändlers Agha Djan. Unter seiner Obhut leben die Menschen in einträchtiger Harmonie – bis die von Teheran und den Aufständen gegen das korrupte Regime des Schahs ausgehende Unruhe auch sie erreicht. In seinem neuen Roman breitet Kader Abdolah das zutiefst menschliche Schicksal einer iranischen Großfamilie wie ein bunt schillerndes Geschichtengewebe vor uns aus.


Autorenporträt
Kader Abdolah, 1954 im Iran geboren, studierte Physik in Teheran und war in der Studentenbewegung aktiv. 1988 floh er aus politischen Gründen mit seiner Familie nach Holland, wo er heute in der Nähe von Amsterdam lebt. Kader Abdolah zählt zu den bedeutendsten iranischen Exilschriftstellern und ist in den Niederlanden ein Bestsellerautor. 
Das Buch habe ich gebraucht und recht preisgünstig beim Bücher-Oxfam erworben. Der Autor ist mir nicht fremd. Gelesen habe ich von ihm zwei weitere Bücher mit dem Titel: Mohammad, der Prophet , und Dawuds Traum. Sie haben mir gut gefallen. Dawuds Traum, liegt schon viele Jahre zurück, als ich es gelesen hatte, war ein wenig kompliziert zu lesen.

Das vorliegende Buch hat mich auch nicht mehr losgelassen. Ich habe die ersten hundert Seiten gestern gelesen und es ist super spannend und seeeehr interessant. Der Autor kann wirklich gut schreiben. Sehr realitätsnah und gleichzeitig sehr poetisch und fantasievoll. Auch seine Herkunftskultur beschreibt er auf eine recht differenzierte Art.






Sonntag, 27. Dezember 2015

Emile Zola / Das Paradies der Damen (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Auf den ersten Seiten hatte mich das Buch ein wenig an Charles Dickens erinnert. Aber dieser Eindruck täuschte nur, konnte schon recht bald nicht bestätigt werden.

Es ging um das Schicksal dreier Kinder, das sie durch den Tod ihrer Eltern zu Vollwaisen machte. Das älteste Kind, die zwanzigjährige Denise Baudu, nahm die hohe Verantwortung, für ihre jüngeren Geschwister zu sorgen, auf sich. Sie wurde zum Mutterersatz. Die Lebensumstände waren zum Ende des 19. Jahrhunderts in Frankreich recht hart. Es gab nicht genug Arbeitsplätze und die Mieten für eine Wohnung waren recht hoch ...  Jean, ca. vierzehn Jahre alt, sollte in die Lehre gehen und der kleine Pépé war noch ein Kleinkind. Sie lebten auf dem Land. In Paris gab es einen Onkel, der ein kleines Modegeschäft innehatte, und der seinen kleinen Verwandten brieflich den Vorschlag gemacht hatte, bei ihm und seiner kleinen Familie unterzukommen. Doch Denise konnte sich dazu nicht sofort entschließen, als sie dann schließlich einige Zeit später doch aufbrachen, und zu dem Onkel reisten. Der Onkel war erstaunt, als Denise und ihre Geschwister vor seiner Türe standen, ohne sich zuvor erst angekündigt zu haben. Sein Modegeschäft lief immer schlechter, sodass er Mühe hatte, seine eigene Familie über die Runden zu bringen, und er die Kinder wieder wegschicken musste.
Doch in Paris erhoffte Denise für sich und für ihren größeren Bruder mehr Möglichkeiten, Arbeit zu finden als auf dem Land. Denise war von Beruf Verkäuferin.

Zur Erinnerung gebe ich erneut den Klappentext rein:
Immer weiter breitet sich das Paradies der Damen, eines der ersten großen Pariser Modehäuser, im Viertel aus. Immer größer wird die Batterie von Angestellten - zuletzt sind es über 3000 -, die dort von den frühen Morgenstunden bis spät in die Nacht beschäftigt sind, um mit prunkvollen Auslagen und verführerischen Angeboten die Damenwelt zu locken. Octave Mouret, Gründer und Besitzer dieses neuzeitlichen Konsumtempels, weiß, wie man Frauen erobert und verführt. Der Kaufrausch, in den er die Frauen versetzt, richtet die Einzelhändler, die weder mit dem Glanz noch mit den Preisen des ständig expandierenden Moloches mithalten können, langsam, aber sicher zugrunde. Ganz im Gegensatz zu Denise Baudu, einer jungen Verkäuferin aus der Provinz, deren wechselhaftes Schicksal eng mit dem des Modehauses verwoben ist … In groß angelegten und mit viel Liebe zum Detail ausgeführten Tableaus lässt Zola die prächtige Warenhauswelt des 19. Jahrhunderts mit all ihren Facetten wieder auferstehen: von der Architektur über das Sozialgefüge der Angestellten und den ausführlichen Mode- und Interieurbeschreibungen, von den Umkleideräumen und der Kantine über die einzelnen Verkaufsabteilungen bis hin zur Chefetage und einer Verkaufsausstellung von weißen Stoff- und Seidenarten, Tülls und Musselin. 
Als ich dann schließlich ein wenig in Zolas Geschichte drin war, bekam ich anschließend eines der größten Pariser Modehäuser vorgestellt, in dem Denise durch die Empfehlung ihres Onkels angestellt wurde. Sehr detaillierte, sehr langatmige Beschreibungen, was das Modehaus betrifft. Und jede Menge Namen von Angestellten, von denen ich noch nicht wissen konnte, welche Figur wichtig war und welche nicht. Ich war nah dran, das Buch abzubrechen. Der Schreibstil an sich hat mir recht gut gefallen, wären nicht diese ausschweifenden Beschreibungen gewesen. Dazu kam, dass mir manche Szenen ein wenig zu sentimental erschienen sind.

Dickens habe ich dann schließlich aus den Augen wieder verloren.

Zola ist es aber gelungen, die sozialen und die gesellschaftlichen Missstände eines Modehauses aufzudecken und darüber zu schreiben. Man konnte sich gut hineinversetzen. Zwischendrin durchlief ich allerdings immer mal wieder neue Durststrecken, die bis zum Ende hin sich wiederholten ...
Diese modernen Modehäuser verdrängten die kleinen Geschäfte, zu denen auch das Geschäft des Onkels zählte, der immer mehr Kundschaft verloren hatte …

Denise hatte es sehr schwer, in dem Modehaus anzukommen. Sie entsprach auch nicht dem Schönheitsideal einer jungen, Pariser Dame. Sie war dürr, sie hatte lange und schwere blonde Haare, die noch schlecht frisiert waren, da sich diese Mähne schwer zähmen ließ. Sie bekam von den Kolleg/innen den Spitznamen Die Unfrisierte verpasst. Auch ihre Kleider sahen recht ärmlich aus und so wurde sie oft zum Gespött ihrer Kolleg/innen, die sich hinter ihrem Rücken über sie das Maul zerrissen haben. Denise war auf diese Arbeit angewiesen und tat alles, um ihre Stellung zu behalten. Der kleine Pépé wurde einem Kloster übergeben, und Denise musste für die Unterkunft und die Verpflegung viel Geld bezahlen. Ihr pubertierender Bruder Jean musste sich selbst durchbringen, da Denise in einer kleinen Bedienstetenkammer logierte, die zum Modehaus zählte und für den Bruder nicht ausreichend Platz vorhanden war. Jean bekam aber regelmäßig Geld von seiner Schwester. Er lebte recht verschwenderisch …

In dem Modehaus war auch ein Inspektor angestellt, der alle Mitarbeiter/innen überwachte. Ebenso die Kund/innen, und wer beim Stehlen erwischt wurde, so musste der jeweilige Verkäufer, sollte sich der Diebstahl innerhalb seiner Kundschaft zugetragen haben, zusammen mit seinem Kunden die Konsequenzen tragen ...

Gemobbt wurde nicht nur innerhalb der Angestellten, nein, auch Kund/innen richteten Mobbing gegenüber bestimmten Mitarbeiter/innen, die ihnen nicht passten. Denise war für sie alle das gefundene Fressen. Unglaublich, welche Intrigen die vornehmen Damen sich haben einfallen lassen. In dieser Hinsicht waren sie ungeheuer kreativ.

Auch die Kaufsucht der wohlhabenden Damen, die einem massiven Kaufrausch verfallen sind, da sie durch das übermäßig große Angebot dazu verführt wurden, greift Zola auf … Das Modehaus heißt nicht umsonst Das Paradies der Damen.

Und die Nöte der weiblichen Angestellten, denn   Frauen, die schwanger waren, wurden fristlos entlassen, thematisierte der Autor.Viele Schwangeren wollten ihren Job nicht riskieren, und schnürten ihren Bauch mithilfe des Korsetts fester zu als üblich, sodass sie eine Fehlgeburt erleiden mussten. Sie haben das Kind verloren anstelle ihrer Arbeitsstelle. Das sind nur ein paar von vielen unmenschlichen Missständen, die Zola hier einführt.

Doch Denises Schicksal fand eine Wende, die mir recht gut gefallen hat. Ihr Chef namens Mouret hat sich in sie verliebt und hat immer wieder um ihre Hand angehalten. Denise hatte ihren Brüdern geschworen, immerzu für sie dazusein und sich keinem Mann mit einer Heirat hinzugeben, wobei Jean ein paar Jahre später selbst geheiratet hat, weshalb ich nicht verstanden habe, weshalb sich Denise für ihn noch immer verantwortlich gefühlt hat. Für Mouret beginnt eine schwere Zeit von Liebeskummer. Denise konnte seine Gefühle, obwohl sie ihn heimlich ebenfalls anbetete, des Versprechens wegen nicht erwidern ... Nachdem Denise einmal zu Unrecht entlassen wurde, wurde sie kurze Zeit darauf wieder eingestellt, nachdem das Unrecht aufgedeckt wurde, sodass sie recht bald zur zweiten Verkäuferin ernannt wurde. Das bedeutete, sie genoss dadurch jede Menge Privilegien und sie hatte zahlreiche Verkäufer/innen unter sich stehen ... Aber Denise erwies sich nie als ungerecht ihren KollegInnen gegenüber. Sie besaß einen starken und fairen Charakter.

Selbst Kundinnen, die sich emotional zu Mouret hingezogen gefühlt haben, platzten fast vor Neid, als sich diese Liebschaft im Haus herumgesprochen hat. Eine Dame versuchte Denise mit bösen Intrigen vor Mouret bloßzustellen. Und das folgende Zitat möchte ich hier unbedingt festhalten. Sie, Henriette, arrangiert zu Hause einen Treff; sie lädt Mouret und Denise zu einer Maßänderung ihres bei ihnen kürzlich gekauften Mantels ein. Bei der Anprobe und in Anwesenheit Mourets demütigte sie Denise immerfort und stellte sie als eine absolute Versagerin hin, die nicht einmal in der Lage sei, Stecknadeln zu setzen. Die Kundin zickte richtig rum:
Henriette wollte Monsieur Mouret eine Äußerung erpressen, die das junge Mädchen verdammte; und da er, noch schwankend, stumm blieb, versetzte sie ihm mit ihren Peitschenhieben eine höchste Beleidigung.  >>Das ist ja schön, Monsieur Mouret, wenn ich mir in meinem eigenen Hause die Unverschämtheiten ihrer Geliebten gefallen lassen muss!-Einer in irgendeiner Gosse aufgelesenen Dirne!<< Zwei schwere Tränen stürzten aus Denises Augen. Sie hatte sich schon lange zurückgehalten; aber bei dieser Beschimpfung schwand ihre ganze Kraft. Als Mouret sie so weinen sah, ohne dass sie ein heftiges Wort erwidert hätte, in stummer und verzweifelter Würde, zögerte er nicht mehr, sein Herz zog ihn in unermesslicher Zärtlichkeit zu ihr. Er ergriff ihre Hände, er stammelte: >>Gehen Sie schnell fort, mein Kind, vergessen Sie dieses Haus.<< Völlig verblüfft, fast erstickt vor Zorn, betrachtete Henriette die beiden. >>Warten Sie<<  fuhr er fort, selber den Mantel zusammenlegend, >>nehmen Sie dies Kleidungsstück wieder mit. Die gnädige Frau wird sich anderswo etwas anderes kaufen. Und ich bitte Sie, weinen Sie nicht mehr. Sie wissen, wie sehr ich Sie achte.<< Er begleitete sie bis an die Tür, die er dann wieder schloss. (…)
Henriette, die vor Zorn barst, hatte ihr Taschentuch gezogen und presste es sich gegen den Mund. Alle ihre Berechnungen waren über den Haufen geworfen, sie selber war in der Falle gefangen, die sie gestellt hatte. Sie war untröstlich darüber, dass sie, von Eifersucht geplagt, zu weit gegangen war. Um einer solchen Kreatur willen verlassen zu werden! Sich vor ihr verschmäht zu sehen! Ihr Stolz litt ärger als ihre Liebe. 
Während dieser Szene habe ich mich wirklich amüsiert. Ich fand es schön, dass diese vornehme Henriette am Ende diejenige war, die gefoppt wurde. Ich weiß, dass es im wirklichen Leben kaum eine solche ausgleichende Gerechtigkeit dieser Art gibt, desto mehr genieße ich sie auf Zolas fiktive Weise.

Das Buch erhält von mir acht von zehn Punkten.

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Auch nach der schwärzesten Nacht geht immer wieder die Sonne auf.
(Agatha Christie)

Gelesene Bücher 2015: 70
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86




Freitag, 18. Dezember 2015

Emile Zola / Das Paradies der Damen

Klappentext
Immer weiter breitet sich das Paradies der Damen, eines der ersten großen Pariser Modehäuser, im Viertel aus. Immer größer wird die Batterie von Angestellten - zuletzt sind es über 3000 -, die dort von den frühen Morgenstunden bis spät in die Nacht beschäftigt sind, um mit prunkvollen Auslagen und verführerischen Angeboten die Damenwelt zu locken. Octave Mouret, Gründer und Besitzer dieses neuzeitlichen Konsumtempels, weiß, wie man Frauen erobert und verführt. Der Kaufrausch, in den er die Frauen versetzt, richtet die Einzelhändler, die weder mit dem Glanz noch mit den Preisen des ständig expandierenden Moloches mithalten können, langsam aber sicher zugrunde. Ganz im Gegensatz zu Denise Baudu, einer jungen Verkäuferin aus der Provinz, deren wechselhaftes Schicksal eng mit dem des Modehauses verwoben ist … In groß angelegten und mit viel Liebe zum Detail ausgeführten Tableaus lässt Zola die prächtige Warenhauswelt des 19. Jahrhunderts mit all ihren Facetten wieder auferstehen: von der Architektur über das Sozialgefüge der Angestellten und den ausführlichen Mode- und Interieurbeschreibungen, von den Umkleideräumen und der Kantine über die einzelnen Verkaufsabteilungen bis hin zur Chefetage und einer Verkaufsausstellung von weißen Stoff- und Seidenarten, Tülls und Musselin.

Autorenporträt
Emile Zola (1840-1902) ist der Hauptvertreter des europäischen Naturalismus. Zu seinen bekanntesten Werken gehören Nana und Germinal. 
Emile Zola ist mir nur aus der Schule bekannt. Privat habe ich bisher noch gar nichts von ihm gelesen.







Donnerstag, 17. Dezember 2015

Anita Shreve / Eine Hochzeit im Dezember (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch von Anita Shreve hat mir wieder recht gut gefallen. Die Themen sind teilweise recht banal, aber das ist die Realität pur, wenn sie zeigt, über was sich Menschen über andere Menschen so alles für Gedanken machen. Das sind oftmals recht triviale Gedanken, aber wahrscheinlich ist diese Verhaltensweise recht menschlich.

Ich habe nicht viele Zettelchen im Buch haften, das hat den Vorteil, dass ich mich zu dieser Buchbesprechung kurz halten kann.

Man hat es hier mit recht vielen Persönlichkeiten zu tun, nicht nur mit den sieben Kandidatinnen aus dem Klassentreffen. Und jede Persönlichkeit hat ihre Geschichte zu erzählen. Dazu gibt es noch eine fiktive Erzählung von einer Agnes, die das Zeug hat, kreativ zu schreiben. Sie schreibt eine Lovestory von Menschen aus dem Ersten Weltkrieg. Erstaunlich, wie viel die Autorin selbst zu erzählen hat. Sie legt ja schließlich die Worte in den Mund ihrer fiktiven Figuren.

Zur Erinnerung gebe ich erneut den Klappentext rein:
Die winterlichen Berkshire Hills in Neuengland sind der Schauplatz einer besonderen Begegnung: Nach 27 Jahren treffen sich sieben alte Schulfreunde wieder, um die späte Hochzeit von Bill und Bridget zu feiern. Doch statt Ausgelassenheit herrscht angespannte Nervosität. Denn nun wird in ihnen allen das tragische Ereignis wieder lebendig, das sie seit ihrer Schulzeit auf schicksalhafte Weise miteinander verbindet und ihr Leben für immer verändert hat. 
Außerdem ist interessant, dass das Buch ausgerechnet im Dezember zum Lesen zu mir stößt. Passt wunderbar zu dem Buchtitel. Das Buch habe ich nämlich als Los aus meiner Losekiste gezogen. Parallelen gibt es auch mit dem Klima. Sowohl in Neuengland, als auch bei uns, hier in Hessen, fällt der Dezember ungewöhnlich mild aus. Keinerlei Anzeichen, die auf den Winter schließen könnten. In Neuengland allerdings fallen die Temperaturen von der zweistelligen Zahl auf null, sodass der Schnee völlig unerwartet durch den Temperatursturz vom Himmel fällt ...

Die Menschen, die sich nach siebenundzwanzig Jahren das erste Mal wieder sehen, haben sich jede Menge zu erzählen. Vor allem auch über ihre gemeinsamen Erfahrungen, die sie miteinander verbinden. Sie haben 1974 ihr Abitur gemacht, nach dem Abitur haben sie sich aus den Augen verloren …

Beschäftigt hat mich Agnes, die partnerlos geblieben ist, da sie sich in ihren ehemaligen Englischlehrer verliebt hat. Agnes selbst wird auch Lehrerin und unterrichtet an der selben Schule ihres Lehrers. Der Lehrer hat sich auf einen Seitensprung mit ihr eingelassen, mit der Perspektive, sich von der Ehefrau zu gegebener Zeit zu trennen. Die Trennung kam aber nie zustande, und so blieb Agnes für ihren Liebhaber immer nur die Nummer zwei, da sie es auch nicht schaffte, sich von ihm zu lösen. Interessant, wie Agnes ihr Schicksal meistert … Doch der Frust zeigt sich in dieser Gruppe, indem Agnes viel Bitterkeit ausstößt. Agnes ist es peinlich, dass sie ihren ehemaligen Klassenkameraden nichts vorzuführen hat, und entwickelt Ängste, die anderen könnten sie für eine alte Jungfer oder für homosexuell halten. Wie Agnes diesen inneren Druck löst, möchte ich nicht verraten.

Bill und Bridget sind auch ein interessantes Paar. Bridget ist an Brustkrebs erkrankt, und Bill macht seinen Wunsch wahr, sich mit Bridget zu vermählen, trotz der belastenden Krankensituation. Eine Jugendliebe zwischen diesen beiden konnte sich damals nicht verwirklichen, obwohl sie schon in jungen Jahren sich zueinander hingezogen gefühlt haben. Traurig sind beide wegen der vielen verlorenen Jahre … Wie viel Zeit bleibt ihnen nun noch, bis Bridget von ihrer Erkrankung weggerafft wird? Der Tod ist der tägliche Begleiter der beiden Frischvermählten. Den Moment leben und genießen, das ist meine Sicht. Nicht die Anhäufung an Jahren machen das Leben lebenswert, sondern der Moment, der sinnvoll gelebt werden sollte. Sie wissen nicht, ob die Ehe, wäre sie in den jüngeren Jahren vollzogen worden, glücklich verlaufen wäre … Beide waren mit einem anderen Partner unglücklich verheiratet, und beide Ehen wurden wieder geschieden ... 

Das politische Ereignis des elften September 2001, der terroristische Anschlag auf das World Trade Center in Amerika wird in der Runde auch oft thematisiert. Viele Fragen werden gestellt, wie z. B. es Menschen wagen konnten, aus dem Fenster des Turms zu springen ... Wie lange benötigt der Körper, bis er auf den Boden knallt ?… Wird der Aufprall empfunden oder verlieren die Springer vor der Bodenlandung ihr Bewusstsein? …
Jerry stellt in der Runde eine Testfrage:
>>Also, passt auf<<, sagte Jerry. >>Ihr steigt in ein Flugzeug und setzt euch auf eure Erster-Klasse-Plätze. Nach ein paar Minuten kommen sechs Araber rein und setzen sich ebenfalls in die erste Klasse. Sagen wir, einer von ihnen hat einen Koran bei sich. Die Frage lautet: Steigt ihr aus?<<
Diese Frage hatte die Bewandtnis herauszufinden, ob man nun den muslimischen Menschen gegenüber rassistisch eingestellt sei? 

Zurück zu Agnes, die sich über ihre fiktive Geschichte, die noch nicht beendet war, Gedanken gemacht hat. Und dieser Gedanke, den fand ich recht interessant und originell:
Agnes würde die Geschichte beenden, wenn sie wieder zu Hause war. Vielleicht würde sie sie sogar zur Veröffentlichung anbieten. Warum nicht? Wozu wurden Geschichten erfunden, fragte sich Agnes, (…) wenn nicht, um die Realität zu korrigieren? Wenn nicht, um Geschichte neu zu schreiben? Warum nicht, um die eigenen Fieberträume zu lindern?
Agnes` erfundene Geschichte hat etwas mit ihren Erlebnissen zu tun, auch wenn sie sich in einer anderen Zeit abspielt. Mir hat sie sehr gefallen. Da das Buch nun zu Ende ist, werde ich auch nicht mitbekommen, wie Agnes Geschichte weitergehen wird. :-)

Das Buch erhält von mir zehn von zehn Punkten.

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Auch nach der schwärzesten Nacht geht immer wieder die Sonne auf.
(Agatha Christie)

Gelesene Bücher 2015: 69
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86




Mittwoch, 16. Dezember 2015

Meine Kinderbücher ...

... nachgekauft. Ich habe vor, mir peu à peu so viele Kinderbücher aus meiner Jugendzeit anzuschaffen, wie nur möglich ist. Am besten noch mit dem selben Cover. Ich setze die Sammlung mit jedem neuen gefundenen Jugendbuch fort ... 










An den Zauberer von Oz kann ich mich nur schwach erinnern. 





Wunderschöne Bilder sind auf den Buchseiten zu sehen. 



Und im Folgenden Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer. Die kannten wir nicht nur aus den Büchern, auch die Zeichentrickfilmsehrie haben wir regelmäßig im Fernsehen verfolgt.


Und auch in diesem Buch wird man mit vielen wunderschönen Illustrationen beschenkt.



Samstag, 12. Dezember 2015

Anita Shreve / Eine Hochzeit im Dezember


Klappentext
Die winterlichen Berkshire Hills in Neuengland sind der Schauplatz einer besonderen Begegnung: Nach 27 Jahren treffen sich sieben alte Schulfreunde wieder, um die späte Hochzeit von Bill und Bridget zu feiern. Doch statt Ausgelassenheit herrscht angespannte Nervosität. Denn nun wird in ihnen allen das tragische Ereignis wieder lebendig, das sie seit ihrer Schulzeit auf schicksalhafte Weise miteinander verbindet und ihr Leben für immer verändert hat.


Autorenporträt
Anita Shreve verbrachte einige Jahre als Journalistin in Afrika und bereiste weite Teile Kenias, bevor sie in  die USA zurückkehrte und Schriftstellerin wurde. Ihre Romane »Die Frau des Piloten« und das für den  Orange Prize nominierte »Gewicht des Wassers« waren große internationale Erfolge. Es folgten zahlreiche weitere Romane, die weltweit millionenfach verkauft wurden. Anita Shreve lebt mit ihrem Mann in Boston/Massachusetts.
Anita Shreve ist mir vertraut. Sie zählt zu meinen LieblingsautorInnen. Gelesen habe ich von ihr:
Das erste Jahr ihrer Ehe
Weil sie sich liebten    
Mir haben beide Bände sehr gut gefallen. Die Buchtitel sind ein wenig verwirrend, weil man denkt, dahinter verbergen sich reine Liebesgeschichten. Aber nein, das ist es nicht. Das sind keine typischen Liebesgeschichten. Ihre Geschichten haben immer einen politischen und gesellschaftlichen Hintergrund. Beide Werke haben von mir zehn von zehn Punkten erhalten. Bin nun auf das hiesige Buch gespannt.

Dieses gebundene Buch, das es mittlerweile auch als Taschenbuch zu erwerben gibt, habe ich recht preisgünstig beim Bücher-Oxfam erworben.

Freitag, 11. Dezember 2015

Philip Roth / Amerikanisches Idyll (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch hat sich für mich als starker Tobak erwiesen. Meine Freundin hatte recht. Es ist emotional recht lastig. Nicht, dass mir das neu wäre. Ich habe schon ganz andere Bücher hinter mich gebracht, aber trotzdem. Die Sprache und die Bilder sind sehr mächtig, sehr mächtig. Philip Roth schreibt über eine Familie, die 1968 auseinandergebrochen ist ...

Und wieder befinden sich jede Menge Zettelchen zwischen den Buchseiten. Viel zu viele, sodass ich beschlossen habe, sie auf den Seiten ruhen zu lassen. Vielleicht für ein späteres Gespräch …

Von all den Büchern, die ich bisher von Philip Roth gelesen habe, ist das vorliegende Buch das wuchtigste Buch. Nach meinem Geschmack auch das beste Buch. Meine Freundin sieht es ähnlich …

Gestern Abend habe ich mit ihr telefonisch gesprochen und habe sie in ihrem Urteil zu dem Werk auch bestätigt. S. dazu das Posting Buchvorstellung.

Sie wird nun das Buch auch weiter lesen. Mal schauen, ob sie bis zum Schluss durchhalten wird …

Das Buch umfasst 575 Seiten und etwa die letzten 70 Seiten haben sich ein wenig gezogen … Der Autor führt in seinem Werk zu den Levovs von der ersten bis zur dritten Generation eine intensive Familienanalyse durch und zieht auch die amerikanische Gesellschaft mit in Betracht. Niemand bleibt davor verschont. Damit bekommt man auch ein wenig amerikanische Geschichte gezeigt.

Zur Erinnerung gebe ich erneut den Klappentext rein:
Für «Amerikanisches Idyll» erhielt Philip Roth den Pulitzer-Preis. Philip Roth legt hier einen unvergleichlichen Roman vor, eine Klage über die in diesem Jahrhundert gegebenen und gebrochenen Versprechen von Wohlstand, öffentlicher Ordnung und häuslichem Glück. Die Hauptfigur ist Swede Levov, ein legendärer Sportler an der Highschool in Newark, der in den boomenden Nachkriegsjahren aufwächst, eine ehemalige Miss New Jersey heiratet, die Handschuhfabrik seines Vaters erbt und in ein Haus im idyllischen Dörfchen Old Rimrock zieht. Und dann verlässt ihn eines Tages im Jahr 1968 sein amerikanisches Glück. Über Nacht wird Swede aus dem ersehnten Idyll gerissen und in eine uramerikanische Raserei geworfen. 
Den Titel habe ich mit dem Hintergrund, der mir nun zur Verfügung steht, ein wenig zynisch aufgefasst. Von einem rundum harmonischen, idyllischen Familienleben folgt der Verfall in ein absolutes irreparables Familienchaos.

Sehr betroffen hat mich das Schicksal dieser Familie gestimmt. Swede Levov und seine Frau waren sehr bemüht, ihr einziges Kind namens Merry eine glückliche Kindheit zu verschaffen, die leider missraten ist und sich der Vater den Kopf zermartert, was sie als Eltern nur an der Erziehung falsch gemacht haben? Die Mutter verkraftet die terroristische Entwicklung ihrer Tochter nicht und wird sowohl stationär als auch ambulant psychiatrisch behandelt. Später lässt sie sich liften, damit man ihre Sorgen im Gesicht nicht mehr zu erkennen weiß ... Das Liften scheint in Amerika unter den Wohlhabenden Usus zu sein … Dies zeigt mir, dass menschliche Schwächen in der amerikanischen Gesellschaft nicht sein dürfen ...

Merry litt in der Vergangenheit ein wenig unter dem Schönheitsideal ihrer Mutter. Sie wollte keinesfalls so werden wie sie. Aus Protest achtete sie nicht auf ihre Linie und für ihr Alter war sie recht mollig. Sie wollte partout nicht wie die Mutter so zartbesaitet werden, wobei die Mutter keineswegs übermächtig stolz auf ihre Schönheit war. Auch Merrys Stottern scheint unbewusst die Folge einer Protestreaktion zu sein. Als sie politisch aktiv wird, schafft sie es, sich fließend auszudrücken ...
Dem Vater gegenüber wirft sie indirekt vor, ein spießiges und konservatives Leben zu führen. Er würde immer das tun, was sein Vater und die Gesellschaft von ihm erwarten. Merry fühlte sich von den Eltern regelrecht angewidert, reißt von zu Hause aus und entwickelt sich immer mehr zu einer gefährlichen Terroristin. Für die Familie ist dies ein übler Traum, aus dem es kein Erwachen gibt. Die süße kleine Merry, die in der Kindheit recht häufig mit dem Vater kokettierte. Ich möchte, dass du mich so küsst, wie du Mama küsst. Was würde Sigmund Freud wohl zu dieser Szene sagen? Ein Ödipuskomplex, aus dem Merry nicht herausgewachsen ist?

Ich hatte ziemlich viel Mitgefühl, vor allem mit dem Vater, der seine Tochter über alles geliebt hat. Was ist daran so verkehrt, ein angepasstes Leben zu führen? … Wie erzieht man ein Kind, damit es keinen Schaden erleidet? Die Eltern haben aus meiner Sicht ihr Bestes gegeben …

Merry schließt sich 1968 der Studentenrevolte an, obwohl sie erst 16 Jahre alt ist. Sie kämpft gegen die Unterdrückung der Vietnamesen und der Inder, kämpft gegen den Rassismus gegenüber der schwarzen Bevölkerung, kämpft gegen den Faschismus. Sie setzt sich für die Arbeiterklasse ein, die in Amerika für wenig Lohn beschäftigt waren. Sie rebelliert gegen die Raff- und Besitzgier der Amerikaner und gegen deren Oberflächlichkeit ... Sie lehnt die Wohlstandsgesellschaft ab, die häufig durch die Ausbeutung niederer Klassen zu ihrem Reichtum geraten ...

Im Alter von elf Jahren entnimmt Merry aus den TV-Nachrichten, wie buddhistische Mönche aus Protest sich selbst anzünden ... Menschen stehen drum herum und beobachten neugierig dieses Spektakel, ohne eingegriffen zu haben. Merry ist entsetzt, dass sich niemand für diese Mönche einsetzt, um sie aus dem Feuer zu reißen. Entsetzt, dass es einen Fotografen gibt, der diese Aktion filmt. Über diese politischen Aktivisten wird in der Familie gesprochen, damit Merry dies seelisch besser verkraften kann ...

Ziemlich nachdenklich stimmte mich auch die Art und Weise, wie man in Amerika ein Stipendium für das Studium erwerben kann. Wer z. B. den Schönheitswettbewerb gewonnen hat, bekommt ein Stipendium ... Auch das widerte Merry an. Mich ehrlich gesagt auch.

Und dann die Bombe, die Merry angeblich selbst gebastelt haben soll, die sie hochgehen ließ, mit der sie vier unschuldige Menschen getötet hat. Ein krasser Widerspruch zu ihrer Forderung, für den Frieden Kriege einzustellen.
Später, fünf Jahre später, schließt sich Merry einer reaktionären Sekte an.

Merry wird immer exzentrischer. Sie ist gegen jegliche Gewalt. Durch den Beitritt jener Sekte lernt sie, keine Tiere, dann auch keine Pflanzen mehr zu essen, und sogar die Körperpflege hat sie so nach und nach eingestellt, da sie dem Wasser nicht wehtun möchte … Das habe ich ja noch nie gehört, dass man Wasser Schmerzen zufügen kann, lol.

Was Richtig und was Falsch, was Gut und was Böse ist, wird in dem Buch von mehreren Figuren aus den höheren Kreisen recht ausführlich diskutiert ...

Mein Fazit?
Kinder können seelisch erkranken, wenn sie von den Eltern vernachlässigt werden. Kinder können seelisch erkranken, wenn sie zu viel Liebe erfahren. Wo ist der Maßstab? Wer kann mit Bestimmtheit schon sagen, was zu viel und was zu wenig ist? Und wer ist schon fehlerfrei?
Sich für eine bessere Welt einzusetzen ist an sich auch nichts Schlechtes. Sich gegen die Gewalt auflehnen auch nicht. Die Art und Weise, mit welchen politischen Mitteln dies betrieben wird, ist entscheidend. Man kann nicht gegen Gewalt sein, und gleichzeitig selbst Gewalt anwenden. Das wäre für mich ein krasser Widerspruch ... Wie oft sprach Merry von Gandhi, aber Gandhi hat ohne Waffen gekämpft …  

Amerikanisches Idyll ist ein Buch, das man keinesfalls alleine lesen sollte. Es gibt so viel darüber zu sagen, und man unmöglich alles schriftlich festhalten kann. Ein Buch, das mich sicher noch Tage danach beschäftigen wird, bis ich es ordentlich verdaut habe.
Das Buch regt sehr zum Nachdenken an. Es ist nichts für faule Denker :-).

Es erhält von mir zehn von zehn Punkten.

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Auch nach der schwärzesten Nacht geht immer wieder die Sonne auf.
(Agatha Christie)

Gelesene Bücher 2015: 68
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86




Sonntag, 6. Dezember 2015

Philip Roth / Amerikanisches Idyll


Klappentext
Für «Amerikanisches Idyll» erhielt Philip Roth den Pulitzer-Preis.Philip Roth legt hier einen unvergleichlichen Roman vor, eine Klage über die in diesem Jahrhundert gegebenen und gebrochenen Versprechen von Wohlstand, öffentlicher Ordnung und häuslichem Glück. Die Hauptfigur ist Swede Levov, ein legendärer Sportler an der Highschool in Newark, der in den boomenden Nachkriegsjahren aufwächst, eine ehemalige Miss New Jersey heiratet, die Handschuhfabrik seines Vaters erbt und in ein Haus im idyllischen Dörfchen Old Rimrock zieht. Und dann verlässt ihn eines Tages im Jahr 1968 sein amerikanisches Glück. Über Nacht wird Swede aus dem ersehnten Idyll gerissen und in eine uramerikanische Raserei geworfen.


Autorenporträt
1998 erhielt Philip Roth für ‹Amerikanisches Idyll› den Pulitzerpreis. Im gleichen Jahr wurde ihm im Weißen Haus die National Medal of Arts verliehen, und 2001 erhielt er die höchste Auszeichnung der American Academy of Arts and Letters, die Gold Medal, mit der unter anderem John Dos Passos, William Faulkner und Saul Bellow ausgezeichnet worden sind. Er hat zweimal den National Book Award und den National Book Critics Circle Award erhalten und dreimal den PEN/Faulkner Award und außerdem den PEN/Nabokov Award und den PEN/Saul Bellow Award.
2011 wurde ihm der Man Booker International Prize verliehen. Philip Roth ist der einzige lebende Amerikaner, dessen Werk in einer umfassenden, maßgeblichen Gesamtausgabe von der Library of America herausgegeben wird.
Auf dieses Buch bin ich durch eine Freundin aus Darmstadt aufmerksam geworden, die es in der Originalsprache liest, sie es aber wieder abgebrochen hat, weil es ihr emotional zu lastig sei. Da ich nun selbst auch ein paar Bücher von Philipp Roth gelesen und ich seine Bücher alles anderes als bauchlastig empfunden habe, obwohl die Themen recht ernst sind, bin ich neugierig geworden und habe beschlossen, das vorliegende Buch nun selbst zu lesen. Diese Freundin wäre auch bereit, das Buch erneut aufzugreifen.

Gelesen habe ich von dem Autor:
1. Die Demütigung   
2. Der menschliche Makel
3. Nemesis
Ich freue mich so sehr und nun geht´s ab nach Amerika.


Samstag, 5. Dezember 2015

Carla Guelfenbein / Der Rest ist Schweigen (2)

Lesen mit Anne 

Zweite von zwei Buchbesprechungen zur o. g. Lektüre

Das Buch verdient seine zehn von zehn Punkten. Die Autorin blieb ihrem Schreibstil bis zur letzten Seite treu. Ich habe vor, mir weitere Bücher von ihr anzuschaffen. Lt. Amazon gibt es nicht so viele in deutscher Übersetzung. Nur noch zwei weitere:
Nackt Schwimmen 
Die Frau unseres Lebens
Nun gut, dann habe ich nicht viel nachzuholen.

Wenn diese beiden Bücher ebenso gut ausfallen sollten, dann erkore ich Guelfenbein zu meinen Favoriten.

Und nun zum Inhalt:

Das Buch ist sehr facettenreich ...

Viele einsame Menschen treten hier auf, und die Einsamkeit macht vor dem Alter keinen Halt. Tommy ist kein Kind wie jedes andere. Schon allein die Herzoperation zwingt ihn zu einem sorgsamen Leben, das ihn von anderen Kindern absondert. Auch wenn die OP geglückt ist, kann er sich nicht bewegen wie andere in seinem Alter. In der Schule ist er bei seinen Mitschülern nicht beliebt, sie verspotten ihn recht boshaft. Jeden Tag befinden sich üble eMails in seinem virtuellen Postfach.
Hoer zu du asch. Bloeder wixer verpisss dich doch zu deiner Mami die hat dich ja soooo lieb du opfer lol …Strebersau hast ja e blos deine hefte als freunde … ..!!! .. hahahahaha spasti^ ^…
Tommy ist auch ein Träumer. Oft betrachtet er sich die Natur, in der er die Freiheit sucht. Es folgt nun ein Bild zu einem Vogelschwarm, das auch mich, noch heute, in das Träumen verführt:
Hoch oben verschwindet ein Schwarm Vögel hinter den dichten Wolken. Zugvögel machen mich ein bisschen neidisch, sie sind zu nichts verpflichtet und immer unterwegs an Orte, wo die Sonne scheint.
Sein Vater, der von Beruf Chirurg ist, versucht seinen Sohn von der Welt abzuschirmen, damit sein Herz keine unnötige Belastung auf sich nehmen muss. Tommy zieht sich immer mehr zurück und flüchtet in eine Fantasiewelt. Sein Vater verbietet ihm die fiktive Welt, die aus vielen fiktiven Freunden besteht. Kann man sie einem Kind verbieten? Eigentlich nicht.

Wenn ein Kind anders ist als andere Kinder, weil es schwächer ist, dann wird dieses Kind oft zum Außenseiter gemacht. Ich kenne das zu gut, ich kannte mal ein kleines Mädchen aus meiner eigenen Kindheit, die schon im Kindergarten aus bestimmten Gründen ausgesondert war ... Die anderen Kinder spüren, wenn ein Kind anders ist, wenn ein Kind schwächer ist ... Tommy ist für seine zwölf Jahre ein recht intelligentes Bürschchen. Durch seine Gedanken, die er in der Einsamkeit hegt, entwickelt er jede Menge Weisheiten und jede Menge Erkenntnisse, die für ihn lebensnotwendig sind.

Das folgende Zitat, bezogen auf die Kontaktarmut, verschaffte mir Gänsehaut. Dieses Erlebnis deckt sich mit meinen eigenen Erkenntnissen.
 Ich bin nicht gern allein, aber um einen Freund zu finden, müsste ich mich richtig anstrengen, und wahrscheinlich würde trotzdem nichts dabei rauskommen. Deshalb denke ich lieber über meine neusten Entdeckungen nach.
Dass sich seine Mutter das Leben genommen hat, erfährt Tommy durch Zufall. Auch eine seiner neusten Erkenntnisse, die er still für sich behält. Seitdem begibt er sich heimlich auf Spurensuche, um mehr von seiner Mutter in Erfahrung zu bringen. Auf dem MP3-Player nimmt Tommy heimlich Dialoge von den Erwachsenen auf ...
Mama hat sich das Leben genommen. Das ist die erste Erkenntnis. Aber wie komme ich weiter? Vielleicht wenn ich das zusammentrage, was ich schon weiß, aber vorher nicht wichtig fand. Wie dass Papa nie von ihr spricht. Oder dass er von all ihren Sachen nur das Foto aufgehoben hat, das ich aus der Schublade genommen habe. Oder dass Großvater die wenigen Male, wenn jemand Mama erwähnt, zu schlucken anfängt, als hätte er eine Kröte im Hals. Oder dass wir nie meine Großmutter in Buenos Aires besucht haben, noch nicht mal, als Großpapa gestorben ist. Einmal habe ich Papa nach den beiden gefragt, und er hat erzählt, dass sie wieder nach Buenos Aires gezogen sind, als Mama tot war, weil Großmama aus Buenos Aires kam.
In dem Buch findet man viele, viele schöne Zeichnungen aus Tommys Kinderhand.

Tommys Vater, Juan, der den Suizid seiner Frau nicht wirklich verwunden hat, flüchtet sich recht schnell in eine neue Beziehung und geht mit Alma den Bund der Ehe ein. Juan ist zwar ein guter Chirurg, doch ist er mit menschlichen Gefühlen schier überfordert, weshalb er es nicht schafft, sich in Tommys Welt einzufühlen. Er kennt die Probleme seines Sohnes nicht wirklich.

Alma bringt eine uneheliche Tochter mit in die Ehe, die jünger als Tommy ist. Alma, die aus einer nicht einfachen Familie kommt, in der die Mutter, als Alma noch klein war, mit fast allen Männern geschlafen hat, musste erst mal lernen, damit umzugehen. Alma hatte zwar einen Vater, der für sie sorgte, als er sich von der Mutter getrennt hatte. Trotzdem war Alma auch schon in jungen Jahren ein recht einsamer Mensch und blieb von Mutters exzentrischem Verhalten geprägt und gezeichnet. Alma versuchte aus ihrem Leben etwas Besonderes zu machen. Als junge Frau zog sie nach Spanien und erwarb dort auf einer Schauspielschule ihren Universitätsabschluss. Sie wollte auf keinen Fall wie ihre Mutter werden, auf keinen Fall in ihre Fußstapfen treten. Doch auch hier holt sie die Vergangenheit ein, denn sie schafft es nicht, eine stabile Bindung zu einem Mann zu halten ..., da auch sie versucht, ihre Eheprobleme mit Juan wegzuschweigen, stattdessen flüchtet sie in eine andere Beziehung. Der Jugendfreund Leo, der einst auch mit Almas Mutter sexuellen Kontakt gepflegt hatte, wird auch für Alma wieder interessant ...
Zwischen Juan und mir ragt eine Mauer, über die hinweg wir uns sehen können, durch die aber jede echte Begegnung verhindert wird. Selbst hier im Dunkeln sehe ich sein verbissenes Gesicht, seine energischen, verärgerten Handgriffe. Schweigen ist so facettenreich wie reden, und ich spüre, dass Juans Wortlosigkeit zu einem Zorn gehört, dessen Tiefe und Ursprung ich womöglich gar nicht kenne.
Sie schweigen, bis das Schicksal sie zwingt, das Schweigen zu brechen, aber bis dahin kann alles zu spät sein. Ich möchte nicht allzu viel verraten ...

Auch Almas Mutter schaffte es nicht, über ihre Probleme mit der Tochter zu reden, damit Alma die Chance gehabt hätte, ihre Mutter besser zu verstehen. Eine Mauer baute sich im Laufe des Lebens zwischen der Tochter und der Mutter auf. Alma versuchte als erwachsene Frau ihrer Mutter näher zu kommen. Dazu die Reaktion ihrer Mutter:
Wäre ein bisschen spät, wenn ich jetzt anfangen wollte, dir meine Probleme zu erzählen. (…) Wir können uns erzählen, was wir gerade lesen, können gemeinsam einen Sonntagnachmittag verbringen, Lola beim Großwerden zuschauen. Das ist weit mehr, als viele andere Mütter und Töchter miteinander teilen. 
Hier mache ich nun Schluss.

Aus dem Anhang ist zu entnehmen, dass es Tommy tatsächlich gegeben hat. Die Zeichnungen sind von ihm.

Mein Fazit zu dem Buch?
Manchmal geht das Leben, so sehr wir uns auch anstrengen, über uns hinweg. Was wir tun und was wir empfinden, liegt nicht ausschließlich in unserer Hand. Es wird auch davon bestimmt, was andere uns geben oder nehmen, was sie uns verschweigen, was sie zu uns sagen, von unserer Geschichte.
(Almas Mutter im Gespräch mit der Tochter)
Zu Annes Buchbesprechung 
___________
Auch nach der schwärzesten Nacht geht immer wieder die Sonne auf.
(Agatha Christie)

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Donnerstag, 3. Dezember 2015

Carla Guelfenbein / Der Rest ist Schweigen (1)

Lesen mit Anne ...

Eine von zwei Buchbesprechungen

Das Buch gefällt mir recht gut, muss aber sagen, dass ich ein wenig gebraucht habe, um mich reinzufinden. Die IcherzählerInnen wechseln nach jedem Kapitel und man benötigt etwas Zeit, bis man weiß, welche Figur nun aus deren Perspektive spricht. Wenn man aber die Figuren so langsam kennengelernt hat, dann fällt der Wechsel von der einen Stimme in die nächste auch nicht mehr so schwer. Manchmal sind die Geschichten auch zeitversetzt. Das ist ebenso ein wenig gewöhnungsbedürftig.

Die südamerikanische Schriftstellerin, die in England Biologie und Design studiert hat, kann wunderbar schreiben. Man findet einen super tollen kreativen Ausdruck vor, dazu noch sehr lebendig und sprachlich vielseitig. Gefällt mir gut. Damit mich am Ende nicht die vielen schönen Zitate erschlagen werden, schreibe ich jetzt ein paar Zeilen, auch damit sich mir die vielen Buchstaben von meinem geschriebenen Text nicht lösen und vor meinen Augen schwimmen. (Ja, ich sehe sehr schlecht, trotz neuer Sehhilfe, und meine Augen haben sich deutlich verschlechtert.)

Zur Erinnerung gebe ich erneut den Klappentext rein. Wer ihn noch in Erinnerung hat, der kann den Klappentext gerne überspringen.
Das Wort trifft den kleinen Tommy wie ein Schlag, als er bei einem Familienfest unter dem Tisch hockt und lauscht: Selbstmord. Seine geliebte Mutter hat ihn freiwillig verlassen. Während der zarte Junge sich auf die Suche nach der verschwiegenen Wahrheit macht, ringen sein Vater, der arrivierte Chirurg, und dessen zweite Frau Alma ihrerseits mit all dem Unsagbaren, Ungesagten, an dem sie fast zu ersticken drohen. Wie Planeten mit einem heißen Kern aus Sehnsucht kreisen Tommy, Juan und Alma umeinander und bleiben sich auf ihren Umlaufbahnen doch fern. Erst als das Leben brutal dazwischenfährt, scheint so etwas wie Nähe wieder möglich - doch der Preis ist hoch.Clara Guelfenbein macht ihren Figuren ein Geschenk: sie lässt sie reden, von sich und denen, die sie lieben. In wechselnden Stimmen entfaltet sich so das Drama einer modernen Familie - bestürzend in seiner Unausweichlichkeit, aber auch voller Zärtlichkeit und Hoffnung.
Vielleicht bin ich mit den vielen unterschiedlichen Icherzählern so irritiert gewesen, weil ich nur mit Tommy gerechnet habe, der die Menschen beobachtet und über diese spricht, wobei der Klappentext seine Leserinnen darauf vorbereitet, dass auch andere aus Tommys Familie zu Worte kommen.

Tommy, der sich von seiner Mutter, die noch leben könnte, wäre sie nicht freiwillig aus dem Leben geschieden, verlassen fühlt, wird vielleicht für sein Leben geprägt sein. Obwohl er eine Stiefmutter hat, die ihn liebt wie ihr eigenes Kind, denkt Tommy immer wieder an seine leibliche Mutter. Den Grund des Suizids konnte er noch nicht in Erfahrung bringen.

Würdet ihr lieber leiden oder tot sein? fragt der kleine Tommy seine Stiefmutter Alma und deren Jugendfreund Leo, der bei ihnen auf Besuch ist. Als die beiden unisono mit Leiden geantwortet haben, dachte der Junge an seine Mutter, die sich für den Tod entschieden hatte.

Tommy rechnet aus, wie viele Formen es geben könnte, sich selbst in den Tod zu treiben.

Mit welchen ernsten Gedanken schon kleine Kinder beschäftigt sind. Das Schicksal, das sie dazu treibt.

Leo und Alma lesen sehr gerne, lieber als alles andere auf der Welt. Als Leo von Alma die Frage gestellt bekommt, weshalb das Lesen für ihn so wichtig sei, kommt folgende Antwort:
Wahrscheinlich weil ich beim Lesen in eine Welt hineingehen kann, die neben meiner herläuft. 
Ja, das kann ich sehr gut nachvollziehen.

Doch Leo liest nicht nur gerne, er schreibt auch recht viel. Alma ist sicher, dass er ein guter Schriftsteller abgeben würde.
Wieso bist du dir da so sicher? fragt Leo ein wenig ungläubig und gleichzeitig hoffnungsvoll.
Weil du gut lügst, war die Antwort.
Eine recht interessante Antwort, über die ich gestolpert bin, da für mich die belletristischen Bücher eine andere Form von Wahrheit in sich tragen. Eine Wahrheit, die zum Beispiel ins Unbewusste führt.

Nachtrag zu Tommys leiblicher Mutter
Habe noch vergessen zu erwähnen, dass auch der Leserin der Grund des Suizids noch verschlossen ist. Man erfährt lediglich, dass Tommys Mutter, namens Soledads, als eine zartbesaitete Persönlichkeit beschrieben wird. Sie hatte Kunstgeschichte studiert und durch die Krankheit ihres Sohnes gab sie ihre Karriere auf. Tommy wurde mit drei Jahren an einer schweren Herzerkrankung operiert und die Mutter verbrachte jede Minute mit ihrem Kind. Eine Wesensänderung nahm Tommys Vater, Juan, allmählich wahr.


Dienstag, 1. Dezember 2015

Carla Guelfenbein / Der Rest ist Schweigen

Lesen mit Anne

Und wieder ist ein Monat vergangen, Anne und ich lesen gemeinsam ein Buch. Diesmal habe ich unsere gemeinsame Lektüre ausgesucht.


Klappentext
Das Wort trifft den kleinen Tommy wie ein Schlag, als er bei einem Familienfest unter dem Tisch hockt und lauscht: Selbstmord. Seine geliebte Mutter hat ihn freiwillig verlassen. Während der zarte Junge sich auf die Suche nach der verschwiegenen Wahrheit macht, ringen sein Vater, der arrivierte Chirurg, und dessen zweite Frau Alma ihrerseits mit all dem Unsagbaren, Ungesagten, an dem sie fast zu ersticken drohen. Wie Planeten mit einem heißen Kern aus Sehnsucht kreisen Tommy, Juan und Alma umeinander und bleiben sich auf ihren Umlaufbahnen doch fern. Erst als das Leben brutal dazwischenfährt, scheint so etwas wie Nähe wieder möglich - doch der Preis ist hoch.Clara Guelfenbein macht ihren Figuren ein Geschenk: sie lässt sie reden, von sich und denen, die sie lieben. In wechselnden Stimmen entfaltet sich so das Drama einer modernen Familie - bestürzend in seiner Unausweichlichkeit, aber auch voller Zärtlichkeit und Hoffnung.


Autorenporträt
Carla Guelfenbein wurde 1959 in Santiago de Chile geboren. In Reaktion auf das Regime Pinochets verließ sie Chile und studierte in England Biologie und Design. Heute lebt sie als Schriftstellerin und Drehbuchautorin wieder in ihrer Heimat. ›Nackt schwimmen‹ ist ihr vierter Roman, auf Deutsch erschienen bereits ›Die Frau unseres Lebens‹ sowie ›Der Rest ist Schweigen‹ .
Ich bin noch nicht allzu weit. Anne scheint von dem Buch recht angetan zu sein, während ich mich noch an den Schreibstil gewöhnen muss.

Und hier geht es zu unserer gemeinsamen SuB-Liste:

Annes und Miras SuB


Montag, 30. November 2015

Jules Verne / Eine Reise um die Erde in 80 Tagen (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch habe ich durch. Ein Abenteuerbuch, das war es. Ich habe es gerne gelesen, allerdings fällt mir nichts dazu ein, was ich schreiben könnte. Jules Verne gehört für mich zu den AutorInnen, deren Bücher ich zwar gerne lese, aber ohne das Verlangen, großartig darüber schreiben zu müssen.
Vernes Werke lesen sich anders als die übrigen Klassiker. Ein wenig abstrus, auch weil die Bücher zu dem Genre Fiction zählen. Ich musste mich an den Erzählstil etwas gewöhnen. Ehrlich gesagt, ist es mir zu absurd, die Welt in nur 80 Tagen, so ganz ohne Flieger, zu bereisen.

Mal schauen, was mir so einfallen wird.

Doch zuerst gebe ich zur Erinnerung erneut den Klappentext rein:
Der reiche englische Gentleman Phileas Fogg wettet mit anderen Mitgliedern des Reform Club in London um 20.000 Pfund Sterling, dass es ihm gelingen werde, in 80 Tagen um die Welt zu reisen. Aufgrund der überstürzten Abreise mit seinem französischen Diener Jean Passepartout gerät er in den Verdacht, der Bankräuber zu sein, der gerade 55.000 Pfund Sterling erbeutet hatte. Der übereifrige Detektiv Mister Fix heftet sich an seine Fersen und auf der Reise um die Erde gilt es für Fogg und seinen Diener, zahlreiche Abenteuer und Gefahren zu meistern. 
Dass der Protagonist Philea Fogg kein Bandit ist, war mir so ziemlich schnell klar. Vor allem machte ich das an der oberflächlichen Betrachtung des Detektivs Fix fest. Ohne stichhaltige Beweise reiste er Fogg nach und forderte schon im Ausland einen Haftbefehl.

Fogg ist ein akkurat lebender Mensch, der in allem, was er tut, mathematisch tätigt, sogar in den banalsten Aktivitäten wie z. B. das Gehen, indem seine Schritte genaustens abgezählt sind. Fogg wird von seinem Diener namens Passepartout als eine menschliche Maschine bezeichnet. Passepartout freute sich sehr, als er den Job bekam, diese Maschine bedienen zu dürfen

Und dementsprechend genau stellte Fogg seine Berechnungen für die Weltreise auf. Sie begaben sich, Fogg und sein Diener, von jetzt auf gleich, nachdem der Reiseplan erfolgt ist, auf den Weg. Nicht einmal die Koffer wurden gepackt. Kleider sollten vor Ort gekauft werden. Ein Reisesack mit zwei Hemden aus Wolle, da es Dezember war, mehr befand sich nicht im Handgepäck.

Der noch dazu introvertierte Fogg verhält sich zwar von seinen Gefühlen her sehr reserviert und kühl, doch hat er das Herz am rechten Fleck. Er begegnete zwei Bettlerinnen, eine Mutter mit Kind. Fogg gab ihnen mit folgenden Worten Geld:
Hier nehmen Sie, brave Frau, es ist mir lieb, dass ich Sie getroffen habe.
Eine gute Tat vollbringt Fogg über seine gesamte Reise hindurch …, weshalb er mir äußerst sympathisch ist.

In London rätselten die Herren, woran man einen Dieb erkennen könne, da Fogg keinesfalls wie ein Dieb ausschauen würde. Ich musste so schmunzeln, als die Bemerkung fiel, dass die großen Diebe den ehrlichen Menschen recht ähnlich sehen würden …

Foggs Exkursionen fallen recht teuer aus, sodass er sich am Ende der Reise fast wie ein armer Mann fühlte, wäre da nicht die große Liebe, der er im Ausland durch die Rettung der Maharani, begegnet ist und begreift diese als seinen neuen Reichtum, nachdem sich die beiden in London vermählten.

Was mir gar nicht gefallen hat, ist, dass der Autor die Indianer, die in dieser Geschichte die Weißen überfallen haben, als die Bösen dargestellt hat. In Wirklichkeit sind es die Weißen gewesen, die die Indianer überfallen haben, und ihnen die Lebensräume raubten. Eine bewusste oder unbewusste rassistische Verwechslung, wie die Weißen es schaffen, die Rollen von Gut und Böse zu vertauschen.

Das Buch erhält von mir neun von zehn Punkten.

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Auch nach der schwärzesten Nacht geht immer wieder die Sonne auf.
(Agatha Christie)

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Montag, 23. November 2015

Jules Verne / Reise um die Erde in 80 Tagen


Klappentext
Der reiche englische Gentleman Phileas Fogg wettet mit anderen Mitgliedern des Reform Club in London um 20.000 Pfund Sterling, dass es ihm gelingen werde, in 80 Tagen um die Welt zu reisen.Aufgrund der überstürzten Abreise mit seinem französischen Diener Jean Passepartout gerät er in den Verdacht, der Bankräuber zu sein, der gerade 55.000 Pfund Sterling erbeutet hatte. Der übereifrige Detektiv Mister Fix heftet sich an seine Fersen und auf der Reise um die Erde gilt es für Fogg und seinem Diener zahlreiche Abenteuer und Gefahren zu meistern.

Autorenporträt
Jules Verne (1828 bis 1905) war ein begeisterter Beobachter der Dinge, die sich um ihn herum ereigneten. Er lebte in einer Zeit, in der sich die Welt rasant veränderte. Auf allen Wissensgebieten, Physik, Chemie, Mechanik wurden neue Entdeckungen und Erfindungen gemacht. Jules Verne ließ sich von der Stimmung des Umbruchs und des Fortschritts mitreißen. Nichts schien den Menschen damals unmöglich! Genau das regte den Schriftsteller zu seinen weltberühmten Abenteuerromanen an. Er gilt heute noch als einer der "Erfinder" der Science-Fiction.

Von dem Autor habe ich Reise zum Mittelpunkt der Erde gelesen.  Das Buch hatte mir recht gut gefallen. Ich glaube, dass das vorliegende Buch mir auch zusagen wird. Ich lese mit Interesse und Spannung weiter.



Sonntag, 22. November 2015

Dick & Felix Francis / Schikanen (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Dies ist einer der besten Krimis, den ich bisher gelesen habe. Wobei ich ja keine klassische Krimileserin bin. Ich habe also nicht so viel Ahnung davon. Denn ich glaube, für einen richtigen Krimileser ist dieser hier nicht wirklich glaubwürdig, denn auch mich stimmte er ein wenig kritisch. Da wird jemand des Mordes beschuldigt, ohne dass tatsächlich ausreichende Beweise dafür vorliegen, während die wahren Täter frei herumlaufen und weiter ihr Unwesen treiben. Dies erklärt vielleicht auch, weshalb die Juristerei in England hier im Buch äußerst kritisch betrachtet wird. Sie halten einen unschuldigen Menschen namens Steve Mitchell fest, weil der Mord zu einem anderen Menschen mit den Instrumenten begangen wurde, die Mitchell gehörten … Wie dumm kann ein Mörder sein, der seine Spuren am Tatort nicht verwischt? Dies stimmte mich gleich zu Beginn des Buches kritisch, denn Mitchell wirkte auf mich alles andere als dumm und so wusste ich sofort, dass er unmöglich der Mörder sein konnte. Doch das Gericht sah das anders, da Mitchell und der Ermordete zu Lebzeiten noch dazu Erzfeinde waren. Aber auch das beweist noch lange keinen Mord ...

Aber trotzdem hat mir der Krimi gefallen und er bekommt von mir gleich vorneweg zehn von zehn Punkten. Er war bis zum Schluss spannend und der Erzählstil wirkte auf mich recht authentisch.

Zur Erinnerung gebe ich erneut den Klappentext rein:
Geoffrey Mason ist erleichtert, als sein Mandant – ein brutaler Schläger – hinter Gitter kommt. Doch Freiheit und Strafe liegen nur einen Richterspruch voneinander entfernt: Als das Gericht das Urteil revidiert, wird das Verhältnis zwischen Anwalt und Klient zum Albtraum ... »Schuldig«, befinden die Geschworenen. Und das Gericht folgt dem Urteil der Jury. Selbst der Verteidiger, Geoffrey Mason, hat dem nichts hinzuzufügen. Insgeheim findet er sogar, dass die acht Jahre Gefängnisstrafe zu wenig sind, denn der jugendliche Schläger hat eine ganze Familie auf dem Gewissen. Es ärgert ihn, dass er die Verteidigung dieses Jungen überhaupt übernommen hat. Und noch etwas ärgert ihn: Wegen dieses Prozesses am Old Bailey verpasst er das Amateurrennen in Cheltenham. Bei dem er gute Chancen gehabt hätte, zu siegen. Auf dem Turf vergisst Anwalt Mason jeweils alles, was mit Strafrecht zu tun hat. Umso mehr erschrickt er, als gerade dort, wo er Zerstreuung sucht, ein Verbrechen geschieht – und er noch dazu selbst bedroht wird.
Da man aus Krimis nicht so viel verraten darf, halte ich mich kurz. Wie aus dem Klappentext hervorgeht, wird der junge Anwalt Geoffrey Mason von dem wahren Mörder namens Julian Trent bedroht, der wiederum Komplizen haben musste …
Auf mich wirkten die vielen Verbrechen wie eine organisierte Kriminalität …
Julian Trent und seine Freunde und Verwandten zerstörten Menschenleben auf Schritt und Tritt, indem sie anständigen Leuten Gewalt antaten und sie dazu brachten, Dinge zu tun, die sie normalerweise nie tun würden; sie beugen das Recht, wie es ihnen passte, und alle anderen konnten sehen, wo sie blieben-auch ich.  
Mason bekam immer wieder Anrufe von Anonymus mit folgendem Wortlaut:
BRAVER KLEINER ANWALT,
ICH BEOBACHTE SIE AM MITTWOCH IN OXFORD. HOLEN SIE MITCHELL NICHT GEGEN KAUTION RAUS. SCHÖN DEN FALL VERLIEREN, SONST WIRD JEMAND VERLETZT.
Mason spürte am eigenen Leib recht schnell, dass Julian Trent und Co seine Drohungen sehr wohl wahr zu machen wussten ...

Mehr verrate ich nicht.

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Auch nach der schwärzesten Nacht geht immer wieder die Sonne auf.
(Agatha Christie)

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Mittwoch, 18. November 2015

Dick & Felix Francis / Schikanen

Klappentext
Geoffrey Mason ist erleichtert, als sein Mandant – ein brutaler Schläger – hinter Gitter kommt. Doch Freiheit und Strafe liegen nur einen Richterspruch voneinander entfernt: Als das Gericht das Urteil revidiert, wird das Verhältnis zwischen Anwalt und Klient zum Alptraum...»Schuldig«, befinden die Geschworenen. Und das Gericht folgt dem Urteil der Jury. Selbst der Verteidiger, Geoffrey Mason, hat dem nichts hinzuzufügen. Insgeheim findet er sogar, dass die acht Jahre Gefängnisstrafe zu wenig sind, denn der jugendliche Schläger hat eine ganze Familie auf dem Gewissen. Es ärgert ihn, dass er die Verteidigung dieses Jungen überhaupt übernommen hat. Und noch etwas ärgert ihn: Wegen dieses Prozesses am Old Bailey verpasst er das Amateurrennen in Cheltenham. Bei dem er gute Chancen gehabt hätte, zu siegen. Auf dem Turf vergisst Anwalt Mason jeweils alles, was mit Strafrecht zu tun hat. Umso mehr erschrickt er, als gerade dort, wo er Zerstreuung sucht, ein Verbrechen geschieht – und er noch dazu selbst bedroht wird.

Autorenporträt

Hier hat man es mit zwei Autoren zu tun. Vater und Sohn haben gemeinsam an diesem Buch geschrieben.
Dick Francis, geboren 1920, war viele Jahre Englands erfolgreichster Jockey, bis ein mysteriöser Sturz 1956 seine Karriere beendete. Fast 50 Jahre lang schrieb er Thriller, die das Pferderenn- und Wettmilieu als Hintergrund haben. Seine 42 Romane wurden alle Bestseller. Dick Francis starb 2010. 
Felix Francis, geboren 1953 als jüngerer Sohn des Bestsellerautors und Ex-Jockeys Dick Francis. Er firmierte bei vier Büchern als Co-Autor seines Vaters und leistete die Recherchearbeit für viele weitere. ...
Von Felix Francis habe ich Glücksspiel gelesen. Und das hiesige Buch erinnert mich stark daran. Einige Ähnlichkeiten findet man darin.

Das vorliegende Buch gefällt mir allerdings deutlich besser. Ist es dem Vater zu verdanken, der die Regie führte? Mal schauen, wie sich der Lesestoff noch weiter entfalten wird.