Dienstag, 24. März 2015

Asa Larsson / Bis dein Zorn sich legt (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Ich habe das Buch sehr genossen. Es hat mir außergewöhnlich gut gefallen. Selten kann ich dies zu einem Krimi behaupten.

Was macht einen Menschen zu einem Mörder?

Diese Frage wird im Laufe des Buches behandelt und beantwortet. Demnach war der Inhalt stark psychologisch besetzt. Obwohl man schon recht schnell den Täter der beiden im See ermordeten jungen Leute erahnen kann. Aber für mich war das in Ordnung, hat mir gut gefallen, dass ich nicht das ganze Buch über denken musste, wer der oder die Täter sein könnten. Hier wurde der Fokus auf das Zwischenmenschliche gesetzt, was Menschen miteinander oder gegeneinander bewegt bzw. verbindet. Solche Fragen finde ich immer interessant, weil es einfach mehr Tiefe hat, als wenn in einem Krimi ausschließlich das Verbrechen in den Vordergrund gerät.

Und auf einer der letzten Seiten wird man als Leserin noch mit einer schönen Weisheit beglückt. Auch dies findet man weniger in Krimis.

Zur Erinnerung gebe ich erneut den Klappentext rein:
Rebecka Martinsson, Staatanwältin im nordschwedischen Kiruna, wird in einen besonders grausamen Mordfall hineingezogen: Beim winterlichen Tauchen in einem See stirbt ein junges Pärchen, weil ein Fremder eine Holztür über das Loch schiebt, das sie ins Eis gehackt hatten, um nach einem versunkenen Wrack aus dem Zweiten Weltkrieg zu tauchen. Wofür wurden die beiden mit dem Tod bestraft? Bei ihren Nachforschungen entdeckt Rebecka ein gefährliches Netz aus Angst, Schuld und Verrat.
Die Protagonisten sind Isak Krekula, seine beiden Söhne Hjalmar und Tore, die Mutter Kerttu, die Staatsanwältin Rebecka Martinsson, Polizeiinspektorin Anna-Maria Mella,  und die ermordete Wilma.

Wilma taucht nach der Ermordung immer wieder als Geist auf, und spricht aus ihrer Perspektive. Hören kann sie aber nur die Leserin ...

Die Rollen in der Familie Krekula waren folgendermaßen verteilt: Isak war wie üblich das Familienoberhaupt, Kerttu, seine Frau, hatte sich ihm zu beugen, und der ältere Sohn Hjalmar stand hierarchisch gesehen unter seinem jüngeren Bruder Tore, der alle Vorteile, die er von seinem Vater verbal und nonverbal zugewiesen bekam, genoss. Der Verlierer dieser Familie war Hjalmar. Sein Bruder Tore und der Vater Isak hatten sich oft gegen ihn verschworen:
>>Zwei Söhne hat er<<, sagt seine Frau, ohne die beiden anzusehen. >>Und was hat er nun davon?<<Hjalmar sieht, wie diese Worte treffen. Sie bohren sich in ihn hinein wie Messer. Er selbst war schon als Kind daran gewöhnt. Diese vielen Beschimpfungen. Wertlos, dumm, fett, Idiot. Das meiste kam wohl von Tore und Isak. Kerttu hat geschwiegen. Sie hat ihm nur nicht in die Augen gesehen.
Der Zusammenhalt dieser Familie hatte höchste Priorität, auch wenn der oft auf Hjalmars Kosten gelebt wird. Folgende Szene hatte mich tief erschüttert: Als die beiden Jungen noch Kinder waren, hatte Tore mit anderen Jungen Ärger, den er aber selbst verschuldet hatte. Hjalmar stand in der Nähe, sah dem Konflikt zu, und Tore rief den Bruder um Hilfe, da Hjalmar unter den anderen Kindern  gefürchtet war. Doch Hjalmar mischte sich dieses Mal nicht ein und das zog gravierende Folgen mit sich, als Tore weinend nach Hause lief:
Es dauert eine Viertelstunde. Dann ist Isak da. Er geht geradewegs auf Hjalmar zu.Weiß vor Zorn.Wieder hört das Spiel auf, und alle auf dem Spielfeld und am Spielfeldrand sehen, wie Isak seinen älteren Sohn packt und ihn wortlos mitzerrt. Ihn mit festem Griff am Jackenkragen gepackt hält. Kein Wort sagte er, als er Hjalmar durch den Ort schleift. Nur sein vor Wut keuchender Atem ist zu hören, als sie zu Hause den Hofplatz überqueren. Hjalmar bekommt es richtig mit der Angst zu tun, als Isak ihn zur Sauna hinunterschleppt. Was hat er vor?
>>Vater<<, sagt er. >>Warte. Vater.<< Aber Isak sagt nur: >>Fresse halten.<< Erklärungen will er sich nicht anhören.Jetzt haben sie den Steg erreicht. Und das Loch, aus dem Hjalmar vor nicht einmal einer Stunde mit einem Eimer Wasser geschöpft hat.Isak reißt ihm die Mütze vom Kopf. Wirft sie ans Ufer. Hjalmar wehrt sich, aber der Griff um seinen Kragen ist fester geworden, und Isak zwingt ihn vor dem Loch in die Knie und drückt dann seinen Kopf unter (das eisige) Wasser.Er fuchtelt mit den Händen. Sein Kopf droht vor Kälte zu bersten. Er ist stark, kann einmal an die Oberfläche gelangen und nach Luft schnappen, aber danach ist dieser Isak übermächtig. (…) Isaak steht über ihm und raucht eine Zigarette. >>In dieser Familie halten wir zusammen<<, sagt er. 
Der Zusammenhalt ist auch auf ein Familiengeheimnis bezogen, das auf ein in den See gestürztes politisches Flugzeug aus dem Zweiten Weltkrieg zurückzuführen ist. 

In dieser Familie passen sich die Gefühle der jahreszeitlich bedingten eisigen Temperatur Norwegens an. Die väterlichen Gefühle scheinen wie eingefroren zu sein. Es gefriert zu Eis in diesem Menschenherzen ...

Hjalmar hatte immer den Kürzeren zu ziehen. In der Schule war er in Mathematik ein Genie. Der Lehrer empfahl ihm die höhere Schule, der Vater war strikt dagegen. Seine Pläne waren, die Söhne nach der regulären Schulpflicht mit in sein Familienunternehmen zu nehmen. Der Vater drohte Hjalmar mit dem Rausschmiss, sollte er sich für die Fachoberschule entscheiden, dabei hatte Hjalmar den Vater nicht darum gebeten. Es war der Lehrer, der ein Gespräch mit dem Vater aufsuchte. Nach dem Gespräch übte der Vater Hjalmar gegenüber Druck aus, dieses hatte wiederum Konsequenzen auf den Lehrer, indem Hjalmar  sich an ihm durch hohe Sachbeschädigung gerächt hatte …

Wie Tore und Hjalmar sich weiterentwickelt haben, das lest selbst. Schön fand ich, als Hjalmar später sich und sein Verhalten hinterfragt hatte und erhielt folgende Erkenntnis, indem er in der Bibel eine Textstelle findet, mit der er sich zu identifizieren wusste:
Und mein Geist ist in Ängsten, mein Herz ist erstarrt in meinem Leibe. 
Das Buch erhält von mir zehn von zehn Punkten.
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Bei Liebe geht es um das Geben und nicht um das Nehmen!
(Asa Larsson)

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