Dienstag, 19. April 2016

Paul Kalanithi / Bevor ich jetzt gehe (1)

Was am Ende wirklich zählt 
Das Vermächtnis eine jungen Arztes

Selbsterfahrung eines Neurochirurgen

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch ist sehr interessant. Aber es ist kein Buch, bei dem man zwischendurch schnell mal ein paar Seiten lesen kann. Ich konnte es nicht einmal auf dem Weg zur Arbeit im Bus lesen, wie ich das sonst jeden Morgen tue.
Nein, dieses Buch braucht seinen eigenen Raum und ich habe den Sonntag damit zugebracht … Es ist ein kurzes Büchlein von gerade mal 180 Seiten, ich werde mich daher sehr kurz halten.

Auf den ersten Seiten erzählt Kalanithi etwas über seine familiäre Herkunft, über seine schulische und berufliche Laufbahn, über seine Beziehungen und über seinen Krankheitsausbruch, bevor er die Krebsdiagnose erhält.

Paul Kalanithi zählt zu den Menschen, die mit mehreren Begabungen auf die Welt gekommen sind. Er wurde 1977 geboren und war ein Vielleser.

Schon in seiner Jugend beschäftigte er sich mit hoher Literatur, wie z.B. George Orwells 1984. Wenn auch seine Mutter diese Begabung mitgefördert hat ...
Pauls Vater ist Arzt, in ihm fand Paul ein großes Vorbild. Eigentlich wollte er Schriftsteller werden, denn er konnte auch gut schreiben, hatte sich aber dann doch für die Medizin entschieden. Kalanithi wollte bei den Menschen etwas bewirken, was er auch tat. In seiner Berufspraxis als Assistenzarzt und später als Neurochirurg nahm er sich immer Zeit für seine PatientInnen.
In solchen Momenten bei den Patienten zu sein hat so sicher seinen emotionalen Preis, aber es gab auch den entsprechenden Lohn. Ich glaube nicht, dass ich je eine Minute darüber nachgedacht habe, warum ich diese Arbeit machte oder ob es das überhaupt Wert war. Denn meine Berufung, das Leben zu schützen - nicht nur das nackte Leben, sondern auch die Persönlichkeit und Würde eines Menschen; war unantastbar. 
Er hielt bis zum Ende seiner Arbeit am Menschen an seinen Idealen fest.

Dass er selbst ein krebskranker Patient werden würde, damit rechnet ein junger Mensch wie Kalanithi es war, nicht. Kalanithi hat schon viele PatientInnen sterben und andere wieder heilen gesehen. Nun zählte er selbst zu den Betroffenen und als Experte der Medizin ist es nicht einfach für ihn gewesen, in diese Patientenrolle zu schlüpfen:
Seit meiner Diagnose hatte ich angefangen, die Welt aus zwei Perspektiven zu betrachten. Ich sah den Tod als Arzt und als Patient. Als Arzt wusste ich es besser, als zu sagen: Krebs ist ein Kampf, den ich gewinnen werde. Oder mich mit der Frage zu quälen: Warum ich? Denn die Antwort darauf ist: Warum nicht ich? 
Den Gedanken Warum nicht ich? fand ich höchst interessant. Soll es denn sonst einen anderen treffen?

Wie viel Zeit bleibt mir noch? Eine Frage, die sich alle krebskranken PatienInnen stellen, so auch Kalanithi. Auch wenn er sich beruflich für die Medizin entschieden hat, so hatte er trotzdem noch Pläne; er hegte schon die Absicht, wenn er nur lange genug leben würde, auch Bücher schreiben zu wollen ...

Kalanithi hat sich in seinem Leben belletristisch viel mit Sterben und Tod befasst, er fand z. B. in Franz Kafka, Virginia Woolf, Der Tod des Iwan Iljitsch, Montaigne; Memoiren von Krebspatienten, große Lehrmeister… Später las er durch seinen Beruf dazu viel Fachliteratur.

Mutig ging Paul Kalanithi den Kampf gegen den Krebs an …


Mein Fazit?

Zu dem Buch fällt mir ein Zitat ein. Wenn morgen die Welt untergehen würde, würde ich trotzdem noch einen Apfelbaum pflanzen.

Kalanithi hat zwar keinen Apfelbaum gepflanzt, aber etwas Ähnliches hat er doch getan, was symbolisch auf dasselbe hinausläuft. Mitten in seiner Erkrankung zeugte er ein Kind, und er und seine Frau bekamen ein Mädchen kurz vor seinem Tod. Das fand ich sehr mutig und diese Szenen, als das Baby in den Armen des sterbenden Vaters gelegt wurde, haben mich tief berührt. Ich selbst hätte nicht sterben können, mit dem Wissen, ich würde ein süßes kleines Mädchen zurücklassen. Aber Kalanithi und seine Frau haben sich bewusst für das Kind entschieden, nach der Prämisse, Leben zu schenken, während das eigene zu Ende geht.

Es ist schön zu lesen, dass er und seine Frau nicht nur ein Kind in die Welt brachten, nein, auch dieses Buch entstand durch den Autor, betrachte ich ebenso als eine Geburt, wenn auch auf geistiger Art. Und seine Frau war an dem Buch mitbeteiligt, ihr haben wir die letzten Kapitel und die Herausgabe zu verdanken.

Das hat mir sehr gut gefallen. Paul Kalanithi hat mit seinem kurzen Leben viele Schätze hinterlassen.

Dieses Buch, das von mir zehn von zehn Punkten erhält, wird vielen Menschen eine Hilfe sein …


Weitere Informationen zu dem Buch:

Ich möchte mich recht herzlich für dieses Rezensionsexemplar beim Bloggerportal, Knaus-Bücherverlag, bedanken.

Gebundene Ausgabe: 192 Seiten
Verlag: Albrecht Knaus Verlag (11. April 2016)
19,99 €
ISBN-10: 3813507254
ISBN-13: 978-3813507256

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 Ich hätte zwei Leben gebraucht,
doch ich habe nur eines gehabt.
(Spruch auf einem Grabstein)
(Bernardo Atxaga)

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2 Kommentare:

Anne hat gesagt…

Eine schöne Buchvorstellung, Mira.
Und ich finde es mutig, in dieser Situation ein Kind zu bekommen. Für ihn, da er es nie wieder sehen wird, und für seine Frau, die es alleine aufziehen muss und jeden Tag an ihn erinnert wird.

Mirella Pagnozzi hat gesagt…

Ja, Danke, Anne. Ja, das ist mutig. Für die Frau ist das Kind ein Trost, dass durch das Kind etwas von ihm weiter leben wird. Und die Entscheidung zu dem Kind muss man wirklich wie mit dem Apfelbaum sehen.