Montag, 19. Februar 2018

Charles Dickens / Klein Dorrit, zweiter Teil (1)


Verriss


Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Gestern Abend habe ich Band zwei ausgelesen und ich habe mich damit richtig gequält. Ich habe das Buch als eine intellektuelle Kasteiung erlebt. Dies ist die schlechteste Übersetzung, die ich in die Finger bekommen habe. Jede Menge grammatikalische und Rechtschreibfehler. Ebenso die Interpunktion ist mangelhaft. Dadurch kann man viele Sätze schwer verstehen; welch eine Verschwendung. Dickens würde sich im Grab umdrehen, wenn er dies lesen würde. Das hat er nicht verdient.

Der erste Band war auch mangelhaft, aber nicht ganz so schlecht wie der zweite. Ich frage mich, ob ein Übersetzungsprogramm eingesetzt wurde??? Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, diese Fehler durch eine deutsche Muttersprachlerin begannen zu haben. Ich habe Dickens schon in meiner Jugend angefangen zu lesen, und ich fand die Sprache genial. Ich bin verglichen damit mehr als enttäuscht. Lässt die Qualität nun auch in der Buchbranche nach? 

Ich warne vor diesen Exemplaren aus dem Jazzybee Verlag. Ich habe mir den Buchtitel noch von anderen Verlagen angeschaut. Und überall, wo kein Übersetzer angegeben ist, bekommt man es mit derselben Version wie dieser zu tun. Vorsicht! Finger weg davon!

Manche Sätze fand ich dagegen recht lustig, wie zum Beispiel:

Als Mister Dorrit kurz darauf dem Busen seinen Besuch abstattete, wurde er mit großer Achtung empfangen.
Und:  „... wegen seiner schwachen Haare und seines poetischen Temperaments..." aus Haare mache ich wegen seines schwachen Herzens. 


Wie schaffen es solche Bücher in den Handel?

Trotz der fehlerhaften Form konnte ich nicht aufhören zu lesen, da mir einige ProtagonistInnen vom ersten Band ans Herz gewachsen sind und ich unbedingt wissen wollte, wie die Handlung ausgehen wird.

Die Buchbesprechung wird jetzt kurz ausfallen. Ich schreibe nicht so gerne über Bücher, die ich intellektuell gesehen ausgehalten habe.

Zum Schreibkonzept
Der zweite Band dieses Romans beinhaltet vierunddreißig Kapitel. Am Ende gibt es drei Kapitel, die alle mit Zum Ende beschriftet sind. Der Erzähler des Romans steht hinter der Kulisse und bleibt unbekannt. Der Sprach- und Schreibstil passt zum viktorianischen Zeitalter. Am Anfang der Handlung wird man als Leserin mit auf Reisen der Dorrits genommen. In der Mitte werden viele Geschäftsthemen behandelt zwischen den Bankern, den Gläubigern und den Opfern. Man hört lange nichts von Amy Dorrit. Erst am Ende kommen gewisse zwischenmenschliche Beziehungen erneut zusammen, auch Amy und Arthur. Manche Beziehungen werden aufgelöst.

Wunderschöne Illustrationen sind in den Büchern vorhanden. Sie passen wunderbar in die oben erwähnte Zeit. Lediglich in einer Zeichnung war mir nicht klar, wer von den männlichen Personen abgebildet ist. Die beiden männlichen Wesen konnte ich nicht auseinanderhalten. 

Ein paar Zeilen zum Inhalt
Im ersten Band ist die Freilassung der Familie Dorrit aus dem Schuldengefängnis durch Arthur Clennam erwirkt worden. In den ersten Kapiteln des zweiten Bandes befindet sich die Familie mit anderen Reisegenossen auf Reisen nach Italien. Erst Venedig, Rom und Neapel ...

Die Familie Dorrit gehört nun nicht mehr zu den armen Leuten und kehren zu ihrem alten gesellschaftlichen Status zurück. Es gibt vonseiten Amy Dorrit Probleme, die große Schwierigkeiten hat, sich dem Verhaltenskodex der gehobenen Gesellschaft anzupassen, da sie im Schuldengefängnis zur Welt gekommen und dort aufgewachsen ist … Der Vater, William Dorrit, stellt eine Lady namens General ein, die den Kindern, vor allem den beiden Töchtern, gehobene Verhaltensregeln beibringen soll, da die Mutter der Kinder bei der Geburt von Amy gestorben ist … Amys soziales Engagement und ihre Menschenliebe verliert sie nicht, als sie sich zu der gehobenen Gesellschaft dazuzählen soll.

Demnach fühlt sich Amy in ihrer neuen Identität nicht wirklich wohl und macht sich dadurch in der Familie, vor allem bei den Geschwistern, unbeliebt. Die ältere und versnobte Schwester Fanny zeigt keine Probleme, die feine Lady zu spielen. Sie entwickelt mehr Selbstvertrauen und Charakterstärke als ihre Schwester Amy ...

Die Geschäfte laufen wieder schlecht, diesmal bei Arthur Clennam und seiner Mutter. Mrs. Clennam hält ihren Sohn weiterhin für unfähig und nimmt die Geschäfte selbst in die Hände, siehe Buchbesprechung zum ersten Band. Sie stellt im Haus Geschäftspartner ein, die ihre wertvollen Papiere (Aktien) überwachen sollen. Sie merkt nicht, wie unseriös diese Geschäftspartner arbeiten, bis sie übers Ohr gehauen wird. Über Nacht verlieren sie und ihr Sohn das gesamte Vermögen. Arthur hat es geschafft, die Familie Dorrit aus dem Schuldengefängnis herauszuholen; nun sitzt er selbst in diesem Schuldenturm. Amy und Arthur fühlen sich nach wie vor zueinander hingezogen. Nun bietet sich Amy an, ihr ganzes Vermögen an Arthur abzutreten, damit dieser wieder freikommt … Ob Arthur dieses Angebot annimmt, und ob die beiden zusammenbleiben, möchte ich nicht verraten.

Mir hat der Schluss gut gefallen, denn hier sorgt Dickens für ausgleichende Gerechtigkeit …

Es ist noch viel mehr passiert, als ich hier geschrieben habe. Kurz angedeutet; William Dorrit, dem Vater von Amy, passiert Schreckliches; bei Fanny gibt es familiäre Veränderungen; der Bruder geht auf Weltreisen; für Amy und Arthur läuten die Glocken …Man bekommt psychologische Hintergründe zu Arthurs Mutter vermittelt. Darin wird deutlich, weshalb sie sich dem Sohn so kalt, reserviert und abweisend verhalten hat. 

Buchcover
Vrgl. Buchbesprechung des ersten Bandes.

Mein Fazit?
Ich habe mir überlegt, wenn ich mit allen Dickens Bänden durch bin, dann schaffe ich mir von Little Dorrit ein anderes Exemplar an, und beginne erneut von vorne zu lesen. Und die Buchverfilmung werde ich mir zusätzlich zulegen.

Meine Bewertung?
Dieses Buch kann man nicht bewerten. Ein Buch, das man vom Markt nehmen sollte. Ich bin in meinem gesamten Leseleben noch nie in diese Situation geraten, in der ich ein Buch nicht weiterempfehlen kann.

Weitere Informationen zu dem Buch
  • Taschenbuch: 410 Seiten, 12,99 €
  • Verlag: Jazzybee Verlag (27. Januar 2015)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3849699382

Hier geht es auf die Verlagsseite von Jazzybee.
___________
Ich denke an jede Kleinigkeit
zwischen mir und ihr und fühle,
dass Kleinigkeiten die
Summe des Lebens ausmachen.
(Charles Dickens)

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2 Kommentare:

monerl hat gesagt…

Liebe Mira,
das tut mir ja in der Seele weh, diese Rezension zu lesen! Ein Buch, dass du so gerne und unbedingt lesen wolltest und dann diese Ausgabe, die einem Verbrechen an Büchern gleicht! Ich bewundere, dass du es wirklich zurchgezogen hast und nicht in die nächste Buchhandlung gerannt bist, um dir eine Ausgabe mit anständiger Übersetzung zu kaufen. Der Verlag gehört eigentlich verklagt, sich zu trauen, das als Buch zu verkaufen.
Ich bin froh, dass dir das Buch die Liebe an dem Autor und seinen Büchern nicht kaputt machen konnte!

Herzliche Grüße vom monerl, das sehr gespannt auf diese Buchbesprechung gewartet hat! :-)

Mirella Pagnozzi hat gesagt…

Liebe Monerl,
wie lieb dein Mitgefühl doch ist, dankeschön. Aber ich kann dich trösten. Die Beziehung zwischen mir und Dickens ist schon weit fortgeschritten, die kann mir niemand zerstören, wenn ich bedenke, dass ich mit Dickens aufgewachsen bin. In die nächste Buchhandlung zu gehen, hätte mir außerdem nicht viel gebracht, da keine Buchhandlung, die ich kenne, den Titel auf Lager gehabt hätten. Die Buchhandlung nimmt lediglich die Bestellung auf, und ich kann dann das Buch gleich am nächsten Tag abholen. Doch niemand von den Verkaufsexperten wird mir im Vorfeld etwas zu der Übersetzung sagen können. Ich muss mich selbst darum bemühen, via Internet, und den Titel anderer Verlage vergleichen, was ich schließlich nach dem ersten Band getan habe. Die Erfahrung ist es, die mich klüger hat werden lassen. Bei dem Vergleich fand ich einige andere Exemplare mit derselben Übersetzung. Dann habe ich es aufgegeben. Nun habe ich gestern ein Exemplar gefunden, in dem ein Übersetzername angegeben war, aber alles in altdeutscher Schrift. Das kann ich nicht lesen, da tun mir die Augen weh. Wenn genug Zeit verstrichen ist, begebe ich mich erneut auf die Suche. Aber dann muss man auch an prüfbare Muster drankommen können, denn nicht jedes Buch lässt sich virtuell probelesen. Meine Recherchen haben allerdings ergeben, dass bei dem Buch, bei dem kein Übersetzername angegeben ist, es auch keinen menschlichen Übersetzer gibt. Dann findet man dieselbe gedruckte Version vor, wie die vom Jazzybeeverlag. Ich werde also hoffentlich an lesbare Versionen kommen, dann würde ich wieder von vorne anfangen zu lesen. Aber jetzt lese ich erstmal die noch ungelesenen Dickens`zuerst, die ich noch vor mir habe. Das sind noch drei Bände.
Ich bin neugierig.
Ganz liebe Grüße, Mira