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Mittwoch, 5. Oktober 2016

Agatha Christi / Blausäure (1)

Lesen mit Anne 

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Ich bin durch mit dem Krimi und er hat mir recht gut gefallen. Anne hat in dem Bücherforum Whatchareadin schon einiges dazu geschrieben, sodass ich mich kurzhalten werde. Anne wird ihre Gedanken sicher auf ihren Blog übertragen. Ich werde, wenn sie so weit ist, meine Buchbesprechung mit ihrer verlinken. Bei Krimis ist es so, dass ich in der Regel nicht wirklich Lust habe, so viel darüber zu schreiben, weil man nicht zu viel verraten möchte. Ich gehe bei Krimis meist auf ein paar Fakten ein, und belasse es dann dabei. Und so werde ich das hier auch wieder machen.

Agatha Christis Romane finde ich immer ganz nett. Leicht geschrieben, man kommt gut rein, und sie sind nicht blutrünstig, weshalb ich sie gerne lese. Der Nachteil ist, dass man sie aber auch schnell wieder vergisst, weil sie so seicht sind.

Anne geht es damit ähnlich, wie aus dem heutigen Telefongespräch zu hören war.

Und nun zu dem Buch: Es treten sechs ProtagonistInnen auf, die alle mit Rosemary etwas zu haben. Rosemary hatte sich ursprünglich suizidiert, und erst Monate später rollte Rosemarys Ehemann das Ganze wieder auf, weil er sicher war, dass sie ermordet wurde. Ein Privatdetektiv, der mit Rosemarys Mann befreundet war, kommt mit ins Boot, um den Fall neu aufzurollen …

Nun werden alle sechs ProtagonistInnen ins Visier genommen und irgendwie wirken alle ein wenig verdächtig. Ich habe mir als Leserin nicht die Mühe gemacht, mich auf einen Verdächtigten festzulegen, weil ich weiß, dass Agatha ihre LeserInnen absichtlich auf eine Fährte schickt, um sie etwas zu irritieren. Ein bisschen Spannung gönnt uns die Autorin.



Mein Fazit?

Die Autorin schreibt nicht nur überzeugend gut, sie schreibt aber auch ein wenig klischeehaft. Nebenbei habe ich mich außerdem noch gefragt, ob Agatha einen rassistischen Schuss hat, weil sie einen kleinen, italienischen Kellner erfindet, der einem Affengesicht ähnelt. Wieso erfindet sie keinen Engländer mit einem entstellten Gesicht?

Und hier meine Wertung:

2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
0 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus

 Acht von zehn Punkten.

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Gelesene Bücher 2016: 54
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86





Sonntag, 11. September 2016

Muriel Barbery / Die Eleganz des Igels (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Ich mag Bücher, in denen so viele schöne intellektuelle Gedanken zu finden sind. Nun ja, schön ist ein wenig übertrieben. Schön tiefgründig und schwermütig, das passt eher. Aber trotzdem schön, weil diese Gedanken das Leben gewöhnlicher Menschen hinterfragen.

Im Mittelpunkt dieser Romanerzählung stehen eine 54-jährige lesende französische Concierge namens Renée Michel und die zwölfjährige Paloma, die für ihr Alter sehr weit ist. Mit ihrer Intellektualität verblüfft sie sogar ihre Eltern. Paloma stammt aus einer reichen Familie, während Renée Michel aus einfachen Verhältnissen kommt und sie dadurch gesellschaftliche Nachteile hinzunehmen hat.

In dem Haus, in dem Renée Michel arbeitet, wohnen alles wohlhabende Leute. Und diese Menschen nehmen die Concierge nur in ihrer Hausmeisterfunktion wahr. Sie alle kennen nicht einmal ihren Vornamen …

Paloma beschließt zu ihrem nächsten Geburtstag Selbstmord zu begehen, da sie nicht wie alle anderen erwachsenen reichen Menschen enden möchte. Sie ist sich bewusst, dass sie mit ihrer Geburt Glück hatte, in einer reichen Familie geboren zu sein. Auch ihre Intelligenz ist ihr bewusst, sieht es aber nicht als eine Eigenleistung an, sondern auch hier als eine Begünstigung ihrer Geburt. Sie weiß, dass es vorprogrammiert ist, dass sie und ihre ältere Schwester später auch viel Geld haben würden. Von reichen und intelligenten Menschen umgeben zu sein, empfindet Paloma als eine Last. Denn diese Menschen schaffen es nicht, mit ihrer Intelligenz und ihrem Vermögen etwas Besonderes aus ihrem Leben und der Welt zu machen. Das Leben der Erwachsenen bezeichnet sie somit als banal und trivial. Paloma vergleicht das Leben der reichen Leute mit einem Fisch in einem Wasserglas. Sie leben in einer Sicherheit, die, sich immer im Kreise drehend, einengend ist ...

Renée Michel erweist sich auch als eine sehr intellektuelle Frau, doch niemand nimmt sie in ihrem Wesen wahr, denn hinter einer sog. einfachen Frau vermutet kaum einer eine lesende Person. Kontakt pflegt sie nur zu Manuela, die die Wohnung der Reichen putzt. Renée ist eine Leseratte. Sie besitzt eine Lesestube voller Bücher. Diese Stube ist allerdings für andere Tabu. Sie lässt niemand in dieses Zimmer rein und hält es stets verschlossen. Auch wohnt ein Kater bei ihr, der nach Leo Tolstoi benannt wurde. Durch die Kontaktarmut der Hausbewohner entwickelt Renée nach außen hin eine harte Schale, bis auf einmal zwei Menschen in ihr Leben treten ...

Paloma versteckt sich oft in der Wohnung, bis alle Verstecke ausgeschöpft waren und sie sich Renée Michel nähert, und sie bei ihr einen näheren Kontakt sucht. Paloma erkennt recht schnell, dass Renée kein gewöhnlicher Mensch ist. Paloma schafft es zu ergründen, was sich hinter der verschlossenen Zimmertüre verbirgt. Es entwickelt sich trotz des Altersunterschiedes eine kleine Freundschaft zwischen ihnen. Eines Tages geht Paloma zu ihren Eltern und teilt ihnen ihren Berufswunsch mit. Sie möchte später Concierge werden …

Renée ist seit fünfzehn Jahren Witwe und als ihr Mann starb, nahm kaum einer aus dem Haus Notiz, als schließlich ein reicher Bewohner stirbt, zeigen sich die BewohnerInnen in dem Haus recht betroffen.

Als ein Japaner namens Ozu in dem Haus mit seinen zwei Katzen einzieht, erkennt er sehr schnell in der Concierge den hohen Bildungsgrad. Er und Paloma sind die einzigen beiden Menschen, die es schaffen, hinter ihre stählerne Fassade zu schauen …

Mehr verrate ich mal nicht.


Mein Fazit zu dem Buch?

Nach meinem Geschmack ein sehr schönes Buch. Ich habe mich ein wenig in Paloma gesehen, als ich so alt war wie sie. Auch ich machte mir viele philosophische Gedanken, hatte Angst vor dem Erwachsenwerden, Angst, so zu werden wie sie. Auch ich hatte niemanden, mit denen ich diese Gedanken austauschen konnte. Oftmals waren diese Gedanken schwer auszuhalten, weil ich nicht darüber sprechen durfte. Ich lernte diese Gedanken für mich zu behalten ...

Mich hat in dem Buch der Sozialrassismus zudem noch betroffen gestimmt. Nicht, dass er mir neu wäre, aber trotzdem stimmt er mich immer wieder auf´s Neue nachdenklich, weil er mir zeigt, wie wenig sich in einer Gesellschaft zu verändern mag. Die verschiedenen Klassen sind unter sich und eine Vermischung dieser ist einfach nicht möglich, obwohl schon viele AutorInnen in ihren Büchern auf diese Problematik aufmerksam gemacht haben. Diese Engstirnigkeit und diese mangelnde geistige Flexibilität sind manchmal wirklich schwer zu ertragen. Für was besitzt man eine intellektuelle Bildung, wenn man diese nicht anzuwenden weiß und gewisse Menschen aus dem Umfeld diskriminierend ausgrenzen? Das genau ist, was Paloma so schwerfällt zu verstehen und die Angst, zu werden wie ihre Eltern, konnte ich sehr gut nachvollziehen. Ihr fehlten Vorbilder, und sie fand diese in der belesenen Renée Michel und in dem belesenen Japaner Ozu, während die Mutter sich seit zehn Jahren in einer Psychotherapie befindet und Antidepressiva schluckt.

Ich habe vor, mir den Film, den ich vor vielen Jahren gesehen habe, nochmals anzuschauen. Ich finde, dass er sehr nah am Buch gedreht wurde.

Ich vergebe dem Buch zehn von zehn Punkten aber es ist nur an Menschen zu empfehlen, die tiefgründige Gedanken mögen. 


Lesen mit Anne-Marit Strandborg

Leider konnte Anne mit dem Buch nicht so viel anfangen, und sie brach es schließlich nach dreißig Seiten ab. Sie wird sich den Film anschauen, und es nochmals mit dem Buch versuchen. Die Lesegeschmäcker sind nicht immer gleich. Ging mir auch mal mit einem anderen Buch so. 


Weitere Informationen zu dem Buch

·         Taschenbuch: 384 Seiten
·         Verlag: dtv Verlagsgesellschaft; Auflage: 12. auflage (1. Oktober 2009)
·         Sprache: Deutsch
·         ISBN-10: 3423138149
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Gelesene Bücher 2016: 50
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86





Donnerstag, 1. September 2016

Zwei Jahre lesen mit Anne

Vor zwei Jahren ist meine Freundin Anne vom Blog Annes Lesetagebuch auf meinen Vorschlag eingegangen, gemeinsam jeden Monatsanfang ein Buch zu lesen. Wir hatten nämlich festgestellt, dass wir so einige Bücher gemeinsam auf unserem SuB haben.
Unser Start war ein wenig holprig, denn gleich mit unserem ersten Buch, Wie ein Wanderer in einer mondlosen Nacht von Dai Sijie konnten wir beide nichts anfangen und haben es abgebrochen. Stattdessen lasen wir dann Der eiserne Gustav von Hans Fallada, von dem wir beide begeistert waren.
Wir stehen ja beide dem Internet immer etwas zwiespältig gegenüber. Vor allem, weil es so ein Zeitfresser ist. Aber etwas Herrliches hat es die letzten Jahre für uns gebracht: Wir haben viele Lesefreunde gefunden, die unser liebstes Hobby teilen.
Und um uns über unsere gemeinsam gelesenen Bücher auch austauschen zu können, haben Anne und ich dann auch noch begonnen, zu telefonieren. Diese schönen Gespräche möchte ich nicht mehr missen.
Bisher fiel unser gemeinsames Lesen noch nicht einmal aus. Das will heutzutage auch schon etwas heißen.
Also, liebe Anne: Auf viele weitere schöne Bücher, die wir gemeinsam lesen können.

Anne war so freundlich, und hat unser Lesejubiläum auf ihre Blogseite gepostet und ich durfte von ihr abschreiben, da meine Empfindungen die selben sind.


Danke dir, liebe Anne, mich heute daran erinnert zu haben und wie schön du diese Seite aufgezogen hast. Ich erlebe es als eine große Wertschätzung, die ich dir zurückgeben kann.

https://anneslesetagebuch.wordpress.com/2016/09/01/zwei-jahre-lesen-mit-mira/

Alles Liebe
Mira


Montag, 1. August 2016

Stefan Zweig / Sternstunden der Menschheit

Lesen mit Anne ...

Nun ist es wieder soweit. Zum Monatsbeginn lesen Anne und ich gemeinsam ein Buch. Dieses Mal war Anne mit dem Aussuchen unserer gemeinsamen Lektüre dran. 



Klappentext
Stefan Zweig versammelt in diesen großartigen Miniaturen 12 schicksalhafte Augenblicke der Geschichte: von der Schlacht bei Waterloo über die Entstehung von Goethes berühmter Marienbader Elegie bis hin zur tragischen Südpolexpedition von Sir Robert Falcon Scott. Menschliche Größe und Schwäche, Schicksal und Charakter sind entscheidende Faktoren unseres Lebens, so zeigt uns Stefan Zweig. Und oft sind es die kurzen, vom Zufall bestimmten und hochdramatischen Augenblicke, die die Zukunft prägen - das sind die 'Sternstunden der Menschheit'.


Autorenporträt
Stefan Zweig wurde am 28. November 1881 in Wien geboren, lebte von 1919 bis 1934 in Salzburg, emigrierte von dort nach England und 1941 nach Brasilien. Sein episches Werk machte ihn ebenso berühmt wie seine historischen Miniaturen und die biographischen Arbeiten. Am 23. Februar 1942 schied er in Petrópolis, Brasilien, freiwillig aus dem Leben. Seine von einer vergangenen Zeit erzählenden Erinnerungen »Die Welt von Gestern« erschienen posthum.
Die Schachnovelle hatte mich tief beeindruckt. Wird mir immer in Erinnerung bleiben.

Weitere Informationen zu dem Buch:

Edition Anaconda, 4,95 €
Zweig, Stefan
Sternstunden der Menschheit
352 Seiten, 122 x 187 mm, mit Lesebändchen,
gebunden mit Schutzumschlag
ISBN 978-3-7306-0045-0

Und hier geht es per Mausklick auf unsere gemeinsame Bücherliste

Bitte auf der Linkseite runterscrollen ...



Donnerstag, 7. Juli 2016

Charles Dickens / Eine Geschichte von zwei Städten (1)

Lesen mit Anne ...

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Leider kann ich wenig Positives zu dem Buch schreiben. Das ist das schlechteste Dickens-Buch, das ich bisher gelesen habe. Ich kann nicht einmal sagen, woran es gelegen hat. Anne hatte schnell aufgegeben, ich habe durchgehalten, weil Dickens zu meinen Favoriten zählt. Ich habe über fünfzig Seiten gebraucht, bis ich in der  Geschichte drin  war. Trotzdem ging es für mich stockend weiter. Ich konnte mit den Romanfiguren partout nicht warm werden.

Wenn ich ein Buch über die Französische Revolution zur Auffrischung lesen möchte, dann wäre ich ganz sicher mit einem Geschichtsbuch besser dran gewesen ...

Deshalb habe ich gar keine wirkliche Lust, eine Buchbesprechung dazu zu schreiben. Auf Amazon habe ich eine kritische Rezensentin erwischt, die meinte, dass das Buch viele Übersetzungsfehler haben würde. Als Anne von dieser Rezension berichtet hatte, habe ich die Rezensentin ein wenig belächelt, weil sie so wenig inhaltlich geschrieben hatte, aber mittlerweile glaube ich auch, dass es an der mangelhaften Übersetzung liegt.

Mein Englisch geht nicht über das Schulenglisch hinaus, weshalb ich das Buch nicht in der Originalsprache lesen kann, um mir selbst eine Meinung zu bilden ... 

Aber dieses Werk von Dickens erlebe ich wie einen Außenseiter. Sonst hat der britische Romancier immer Bücher über das viktorianische England geschrieben. Dieses Werk, ein historischer Roman im späten 18. Jahrhundert, fällt aus dem Rahmen. Vielleicht ist Dickens nicht ausreichend geübt, historische Romane zu schreiben.  

Aber froh bin ich trotzdem, durchgehalten zu haben, so wurde mir nochmals die Französische Revolution bewusst, und mir fielen jede Menge historische Daten wieder ein, wie z. B. den 14.Juli.1789, Sturm auf die Bastille. Dickens schrieb zwar über dieses Ereignis, aber er hatte kein Datum erwähnt und ich hatte mich gefreut, dass mein Gedächtnis sich diese und andere historische Daten behalten hatte. Meine Schulzeit liegt ja nun schon einige Jahrzehnte zurück.
Freiheit Gleichheit Brüderlichkeit ergänzte Dickens noch mit Tod. Freiheit Gleichheit Brüderlichkeit oder Tod.

Dickens machte dadurch auch auf die Missstände aufmerksam, die ein Krieg, in diesem Fall der Revolutionskrieg, mit sich bringt. Viele Menschen sind einen sinnlosen Tod gestorben, brutalst und schuldlos hingerichtet ...

Ich spare mir bei diesem Buch in meinem Blog eine Buchbewertung.

Weitere Informationen zu dem Buch:

Gebundene Ausgabe: 464 Seiten
Verlag: Nikol (3. November 2015)
Sprache: Deutsch, 7,99€
ISBN-10: 3868202781
ISBN-13: 978-3868202786

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Gelesene Bücher 2016: 38
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86


Montag, 6. Juni 2016

Elizabeth Joy Arnold / Einundachtzig Worte (1)

Lesen mit Anne ... 


Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Phänomenal …

Ich bin keine Klappentextleserin, weil ich den Klappentext meist nur überfliege und auch ganz schnell wieder vergesse, sobald ich mich für das jeweilige Buch entschieden habe. Ich lasse mich oft von dem Cover verleiten. Ich erwartete hier eine Geschichte von Büchern über Bücher. Die Bücher tauchten in diesem Roman auch auf, aber sie waren nicht der Mittelpunkt dieser romanhaften Erzählung, auch wenn immer wieder Bücher, Lesezimmer und Bibliotheken mit in dem Kontext eingewoben waren …

Von der ersten bis zur letzten Seite fand ich den Inhalt spannend. Eine überaus interessante und gleichzeitig komplizierte Familiengeschichte, in der ich häufig den Atem anhalten musste, wenn ich langsam ungeduldig wurde, weil die Autorin die LerserInnen an der langen Leine hält … Die Handlungsstränge waren sehr raffiniert geknüpft und auch die vielen verschiedenen Erzählperspektiven haben das Ganze aus meiner Sicht noch aufgetrumpft.

Während des Lesens und gleich zu Beginn stellten sich mir jede Menge Fragen, ich stellte verschiedene Hypothesen auf, weil die Autorin sich mit der Auflösung diverser Fragen einfach viel Zeit gelassen hat. Ich habe mich in mancher Hinsicht getäuscht, doch eine Hypothese konnte bestätigt werden, aber ich werde mich hüten, Näheres dazu zu schreiben.

Anfangs dachte ich, bei den Sinclairs handle es sich um eine Sektenfamilie. Einige Textstellen ließen mich dies vermuten. Außerdem stimmte mich die Erziehung der Kinder sehr kritisch, da sie nicht einmal eine öffentliche Schule besuchen durften und von der Außenwelt komplett abgeschirmt lebten, wäre da nicht Chloe, die in die Familie eindringt und mit den Sinclair-Kindern groß wird. Chloe hat sich sehr zu diesen Kindern hingezogen gefühlt, bis sie später mit dem Jungen Nate eine partnerschaftliche Beziehung knüpft.
Die Kinder wurden von der Mutter zu Hause unterrichtet, der Vater, sehr dogmatisch religiös, führte eine ganze Kirchengemeinde. Da Chloe nicht dieser Gemeinde angehörte, versucht er, diese Beziehung zwischen ihr und seinen Kindern zu kappen …

Die Geschichte ist so komplex, dass ich gezwungen bin, mich darin kurz zu halten und schließe mit folgendem Zitat:
Die Lebensgeschichte jedes einzelnen Menschen ist trillionenmal vielschichtiger, als das mit Worten zu beschreiben ist. 
  
Mein Fazit?

Mich hat auch das Ende noch sehr nachdenklich gestimmt, und es wird mich noch einige Tage beschäftigen. Ich muss mir große Mühe geben, kein moralisches Urteil zu fällen, da jeder Mensch seine Gründe hat, weshalb er so geworden ist, wie er ist ...

Das Buch erhält von mir zehn von zehn Punkten. 


Austausch mit Anne

Auch Anne war von dem Buch sehr angetan. Sie konnte mit dem Lesen nicht mehr aufhören, wären da nicht die aufgezwungen Pausen durch diverse Alltagspflichten … Und hier geht es per Mausklick zu



 Weitere Informationen zu dem Buch 

Ich möchte mich recht herzlich für dieses schöne Rezensionsexemplar beim DIANA-Bücherverlag, Bloggerportal in München, bedanken.

  • Broschiert: 544 Seiten
  • Verlag: Diana Verlag (12. Oktober 2015)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3453358007
  • ISBN-13: 978-3453358003
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Gelesene Bücher 2016: 33
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86


Mittwoch, 4. Mai 2016

Marian Izaguirre / Als die Träume noch uns gehörten (1)

Lesen mit Anne ...

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch ist dermaßen originell geschrieben, so viele clevere Ideen, mit denen die Autorin ihr Thema geschmückt hat, finde ich grandios. Man war intellektuell recht gut gefordert. Keine Zeit für Langeweile. Der Roman ist so facettenreich, dass ich beschlossen habe, die Buchbesprechung kurz zu halten. Um nicht zu viel zu verraten, denn ich gönne jeder Leserin und jedem Leser von der ersten bis zur letzten Seite dieselben Genüsse, wie wir sie, Anne und ich, auf geistiger Art erlebt haben.

Man muss intellektuell sehr flexibel sein …

Zur Erinnerung gebe ich erneut den Klappentext rein:

Lola und Matías leben eher schlecht als recht von dem kleinen Buchladen am Ende einer Sackgasse. Da taucht ein geheimnisvolles Buch auf, von dem keiner weiß, wo es herkommt. Matías ist fasziniert von dem Roman. Er stellt ihn, das erste Kapitel aufgeklappt, ins Schaufenster. Jeden Tag wird er eine weitere Seite umblättern. Niemand interessiert sich für das Buch, bis eine geheimnisvolle Frau vor das Fenster tritt und liest. Lola bittet die Fremde hinein. Gemeinsam tauchen sie in die seltsame Geschichte ein. Eine Geschichte, nach der beide nicht mehr dieselben sind wie vorher…

Wenn ich nun den Klappentext mit diesen Hintergründen lese, die mir zur Verfügung stehen, sehe ich die ganze Geschichte vor mir.

Was mir besonders gut gefallen hat, waren nicht nur die kreativen Ideen, sondern auch die geschichtlichen und politischen Hintergründe Spaniens, die die Autorin in ihren Stoff hat mit einfließen lassen. Vor allem die Francodiktatur fand ich recht interessant. Auch hier geize ich allerdings mit weiteren Informationen, obwohl es mir in den Fingern juckt.

Das Originellste an der Geschichte war, dass man zwei Bücher in einem Buch gelesen hat. Und am Ende haben sich die Realitäten vermischt. Rose Tomlins Buch stand auf dem Buchdeckel. Roses familiäre Herkunft ist dermaßen diffus, dass man zu glauben meint, sie sei ein Waisenkind, das nirgends seinen festen Platz in der Gesellschaft hat. Und hier fällt mir wieder der weitere Klappentext ein, der schreibt:

Wenn Kate Morton und Carlos Ruiz Zafón zusammen einen Roman geschrieben hätten, dann diesen!

Ich muss schon zugeben, auch wenn ich kein Fan dieser genannten AutorInnen bin, dass der Klappentext doch recht behalten hat. Nur dass Marian Izaguirre mir doch mehr gelegen hat. Denn sie hat aus diesem Mix einen eigenen Stil entwickelt, wobei ich nicht wissen kann, ob das nicht eher Zufall ist. Vielleicht hat Izaguirre noch nie Zafón gelesen. Und vielleicht auch nicht einmal Morton ... 

Matías und seine zweite Frau Lola bekommen Schwierigkeiten mit der Francoregierung, weil sie z. B. sich nicht an die Vorgaben von Regeln und Normen ihrer Konfession halten konnten und geraten mit der Regierung in einen tiefen Konflikt, der sie existenziell geschwächt hat. Der Autorin ist es gut gelungen, in ihrem fiktiven Roman historische Begebenheiten mit einzubauen. Starre Vorstellungen und Erwartungen von politischen und gesellschaftlichen Lebensweisen kommen hier zum Tragen. Differenz und Vielfalt waren in der Francoregierung nicht erwünscht. Der Leitgedanke war symbolisch gesehen von einer Einheitsgesellschaft geprägt, in der kulturell alle dasselbe tun  und dasselbe denken ...

Weder Kate Morton, noch Ruiz Zafón haben politische Aspekte in ihren Romanen einfließen lassen ... Zumindest nicht in den Büchern, die ich gelesen habe. 


Mein Fazit?

Da der Roman dermaßen gefüllt ist mit so vielen wichtigen Begebenheiten, Fiktion und Realität, hätte ich Lust, das Buch ein zweites Mal zu lesen. Im Austausch mit Anne konnte ich in Erfahrung bringen, dass es ihr auch so erging. Mal schauen, wann wir das zweite Lesen umsetzen werden. Auch Anne ist von dem Buch sehr angetan gewesen. Wenn unser SuB nur nicht so hoch wäre ...

Da Anne immer die Erste ist, die meine Buchbesprechung zu lesen bekommt, bevor ich sie freischalte, habe ich von ihr erfahren, dass Zafón in dem Buch Der Gefangene des Himmels auch politisch gewesen sei. Ein hartes Buch über die Francoregierung. Nun, das wäre jetzt für mich ein Grund, eine Ausnahme zu machen und so beabsichtige ich, auch dieses Buch zu lesen.

Zafón zählt zu Annes LieblingsautorInnen. Ich glaube, mich erinnern zu können, dass sie alle Bücher von ihm gelesen hat, während ich mit dem dritten Zafón-Buch stehengeblieben bin.

Das Buch erhält von mir zehn von zehn Punkten.

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Unsere Erinnerung gebe denen das Leben zurück, die es nicht mehr besäßen.
(Izaguirre zitiert Guy de Maupassant)

Gelesene Bücher 2016: 24
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86



Donnerstag, 7. April 2016

Jens Andersen / Astrid Lindgren - Ihr Leben (1)


Ich möchte mich erneut recht herzlich für dieses tolle Rezensionsexemplar beim DVA-Buchverlag bedanken.

Lesen mit Anne ...


Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Ich bin von dieser Biografie von Jens Andersen sehr angetan gewesen. Sie hat mich so tief berührt, dass ich über mehrere Nächte von Schweden geträumt habe.

Einen Traum habe ich noch deutlich in Erinnerung. Es war ein Landschaftstraum, umgeben von einem wunderschönen See, an dem ich mich allein befand. Nun, was hat dieser Traum denn mit Astrid Lindgren zu tun? Auf dem zweiten Blick wurde er mir schließlich verständlich. Mich hat das Thema Einsamkeit sehr beschäftigt, denn die Einsamkeit ist ein Thema, das in dieser Biografie recht häufig behandelt wird, und ich dem so gut nachfühlen konnte. Ich bin schon als Kind immer sehr gerne alleine gewesen. Und wie oft macht man die Erfahrung, dass man sich gerade unter Menschen recht einsam fühlen kann. Viele Menschen haben mit dem Alleinsein ein Problem, es macht ihnen Angst, sodass die Einsamkeit in einer Industrienation doch recht negativ besetzt ist. Doch nicht bei Astrid Lindgren. Selbst aus ihrem eigenen Erleben heraus und in ihren Kinderbüchern ist die Einsamkeit ein großes Thema, denn die jungen ProtagonistInnen sind fast alles einsame Wesen, die daraus aber Potenziale schlagen und keineswegs daran verzweifeln ...

Vieles war mir in dem Buch nicht neu, da ich schon andere Bücher von Astrid Lindgren und über sie gelesen habe. Aber die vorliegende Biografie ist aus meinem Leseerlebnis heraus, wie ein anderer Mensch Astrid Lindgren beschreibt, eine der authentischsten überhaupt. Die Texte waren gut durchstrukturiert und die vielen Fotos, darunter auch jede Menge Familienporträts, hat Andersen miteinfließen lassen. Dieser ganze Mix zwischen Text und Bildmaterial hat das Buch so richtig aufleben lassen.

Einige Gedanken, mit denen sich Astrid Lindgren beschäftigt hatte, fand ich auch in meinen eigenen Gedanken wieder, wie z. B. die kritische Nutztierhaltung in Form von Tierfabriken; doch auch die politische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus Hitlers über Tagebucheintragungen fand ich höchst interessant; und die fatale Steuerpolitik Schwedens hat mich beschäftigt. A.L. hatte von ihrem Einkommen als Schriftstellerin 102% Steuern an den Staat entrichten müssen. Literarisch versiert sagt sie den Kampf gegen diese absurde Steuerpolitik an ... Und das Allerwichtigste waren noch jede Menge reformpädagogische Gedanken und Aktivitäten. Astrid Lindgren setzte sich mit ihrer ganzen Persönlichkeit für die Rechte der Kinder ein … Sie hatte sich auch mit den Büchern von Ellen Key vertraut gemacht, eine schwedische Reformpädagogin, die von 1849 bis 1926 gelebt hat, die Astrid Lindgren als großes Vorbild diente. Key schrieb Über das Recht des Kindes, seine Eltern selbst auszusuchen. Natürlich ist das symbolisch gemeint. Doch diese Thematik findet sich auch in einem der Kinderbücher von Astrid Lindgren wieder, wie z.B. in Rasmus und der Landstreicher. Und was ich zusätzlich ganz interessant fand, Key schrieb auch über die Seelenmorde in den Schulen. Seelenmorde, ein harter Begriff, doch er drückt genau das aus, was manche Kinder auch heute noch an Schulen durchmachen müssen, wenn sie nicht den Vorstellungen jener Bildungseinrichtung entsprechen …

Ein paar Sätze zu ihrer Herkunft möchte ich noch schreiben. Astrid Lindgren wuchs in  Näs, bei Vimmerby, auf. Sie wurde 1907 als zweites von vier Kindern vom Pfarrhofpächter Samuel August Ericsson und seiner Ehefrau Hanna Ericsson geboren. Die Eltern lebten streng religiös, was für die damalige Zeit normal war. Astrid Lindgren verlebte hier eine recht glückliche Kindheit. Sie beschreibt ihre Kindheit als die glücklichste Zeit ihres Lebens. Sie war ein sehr verspieltes Kind, und das blieb sie noch bis ins hohe Alter. Mit siebzig Jahren kletterte sie z.B. noch auf Bäumen. Sie starb 2002 mit 95 Jahren in Stockholm. Drei Jahre vor ihrem Tod erlitt sie einen Schlaganfall und wurde zu einem Pflegefall. Ihre Tochter Karin Nyman kümmerte sich bis zum Tod um ihre Mutter.

Als Erwachsene hatte Astrid Lindgren kein so einfaches Leben mehr. Sie gebär im Dezember 1926 als neunzehnjähriges Mädchen ihr erstes Kind, ein uneheliches Kind, das sie vor der schwedischen Gesellschaft zu verbergen versuchte. Sie brachte das Kind, Lasse, die ersten Jahre schweren Herzens heimlich und anonym bei einer Pflegemutter unter. Sie liebte ihr Kind über alles, und nach jedem Besuch fiel ihr die Trennung sehr schwer ... Dessen ungeachtet, dass ihre Eltern streng religiös lebten, lernten sie schließlich ihren unehelichen Enkel doch noch zu akzeptieren, sodass A. L. Lasse zu den Eltern bringen konnte, nachdem die Pflegemutter ernsthaft erkrankte. Die Großeltern lernten Lasse zu lieben wie ihr eigenes Kind ... Das ist doch eine immense Entwicklung vonseiten der Eltern/Großeltern, die mir imponiert hat.

Über Verhütungsmittel war Astrid Lindgren nicht richtig aufgeklärt. Obwohl der Kindsvater deutlich älter war als sie, da er sich schon in den reiferen Jahren befand, kümmerte er sich auch nicht um die Verhütung. Astrid Lindgren warf ihm Verantwortungslosigkeit vor  …

Nicht nur das Paar-Beziehungsleben von Astrid Lindgren zu  zwei wichtigen Männern wird hier sehr eindrucksvoll beschrieben, sondern auch die freundschaftlichen und beruflichen Kontakte greift Andersen auf. Es existieren dazu jede Menge Briefe zu FreundInnen und zu ihren Fans jeden Alters. Dadurch wird deutlich, wie Astrid Lindgren in ihrem Leben in der Beziehung zu anderen Menschen, bedeutsamen und weniger bedeutsamen, gewirkt hat. Sie blieb in der Öffentlichkeit immer menschlich und immer souverän.

Beruflich war Astrid Lindgren auf vielen Gebieten erfolgreich. In den ersten Jahren arbeitete sie als Sekretärin und als Stenotypistin und arbeite sich hoch als Lektorin in einem Verlag, doch hauptsächlich war sie als Schriftstellerin tätig. In dem Verlag lektorierte sie ihre eigenen Manuskripte ...

In den jungen Jahren hatte sich Astrid Lindgren vehement gesträubt, Schriftstellerin zu werden, obwohl ihre LehrerInnen zu ihrer Schulzeit dazu geraten haben.


Mein Fazit?

Das Buch ist sehr, sehr spannend geschrieben, man möchte gar nicht mehr mit dem Lesen aufhören. Viele Punkte habe ich hier nicht erwähnt. Es gibt noch Vieles zu entdecken.

Es werden in der Biografie zusätzlich jede Menge Werkproträts zu den Kinder- und Jugendbüchern Astrid Lindgrens vorgestellt und kurz behandelt. Im Anhang hat uns der Biograf Andersen eine Liste erstellt, auf der alle ihre  Kinderbücher abgebildet sind. Es gab ein paar Bücher, die mir zuvor unbekannt waren. Nun bin ich so neugierig geworden, dass ich mir die Trilogie zu Kati in Amerika, Italien und Paris bestellt habe. Ich habe aber noch vor, mir Rasmus und der Landstreicher auch noch zuzulegen. Rasmus macht sich als Waisenkind auf die Suche nach neuen Eltern, die er sich selbst aussuchen möchte …

Die Biografie von Andersen, die ich als sehr lebendig und als recht empathisch erlebt habe, werde ich zu gegebener Zeit ein weiteres Mal lesen.

Das Buch erhält von mir zehn von zehn Punkten.


Nachtrag zum Telefongespräch mit Anne, 8.4.2016

Anne hat das Buch auch schon durch, und es hat ihr auch sehr gut gefallen. Dies war zu Astrid Lindgren ihre erste Biografie, und für sie war alles neu. Wir haben heute Abend telefoniert und über viele Szenen gesprochen, die wir nicht schriftlich festgehalten haben, wie z.B. der sensible Umgang mit ihren Kindern Lasse und Karin. Man wünscht jedem Kind eine Mutter wie Astrid Lindgren. Auch wenn sich heute in der Erziehungsmethode so manches verändert hat, gibt es noch immer sehr viele Kinder, die von ihren Eltern in jeder Form wie z.B. psychisch, sexuell oder körperlich missbraucht werden. 



Das Buch ist in München in der Deutschen Verlags-Anstalt erschienen und ist unter
der ISBN-Nummer  978-3-421-04703-8 erhältlich. 
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Will man glücklich sein, muss es aus einem selbst kommen
 und nicht von einem anderen Menschen.
(Astrid Lindgren)


Gelesene Bücher 2016: 15
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86




Montag, 7. März 2016

Frances Greenslade / Der Duft des Regens (1)

Lesen mit Anne ...


Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch hat mir recht gut gefallen.

Insgesamt hat mir der Schreibstil sehr zugesagt. Das Buch ist recht flüssig geschrieben. Der Autorin ist es gelungen, ihren Stoff so zuzubereiten, dass man jede Seite gerne gelesen hat. Mit großem Interesse, mit Neugier und auch mit Spannung habe ich Seite für Seite umblättern können. Die Geschichte wird in der Ichperspektive von der jugendlichen Maggie erzählt ...

Schöne Naturbetrachtungen Kanadas sind in dem Buch beschrieben, doch die Lebensart der dort lebenden Menschen kam mir sehr kühl vor. Um in der Natur überleben zu können, musste jeder hart zupacken. Man macht Bekanntschaft mit einigen Frauen, die sich nicht zu schade waren, Männerarbeiten zu verrichten, um unabhängig zu bleiben. Wer in soziale Nöte geriet, konnte keine Sozialhilfe beantragen, wie wir dies hier von Deutschland her kennen.

Am letzten Freitag haben Anne und ich telefoniert und über das Buch gesprochen. Aufgrund der Authentizität habe ich mir die Frage gestellt, ob die Autorin aus ihrem eigenen Erleben das Buch verfasst hat. Auf den letzten Seiten erfährt man schließlich, dass diese Familiengeschichte von Jenny und Maggie erfunden ist. Als Frances Greenslade ihr Manuskript dem Verlag eingereicht hatte, bekam sie eine Absage. Erst als die Autorin ein paar  Jahre später selber Mutter geworden ist, konnte sie sich leichter in die Mutterrolle hineinversetzten, und so rollte sie ihre Geschichte von Jenny und Maggie wiederholt auf, veränderte ihr Manuskript, legte es dem Verlag nochmals vor, als es dann schließlich von ihm angenommen und das Buch vertrieben werden konnte.

Zur Erinnerung gebe ich erneut den Klappentext rein: 
In den Wäldern im Westen Kanadas ist die Welt noch in Ordnung - zumindest für die Schwestern Maggie und Jenny. Sie lieben ihre Ausflüge zu den Seen, sammeln Pilze und Beeren, die Eltern spielen abends Karten. Doch Maggie ist eine geborene »Sorgenmacherin«, sie kann nicht anders, sie fürchtet um das Wohl ihrer Liebsten. Als der Vater bei einem Unfall ums Leben kommt, fühlt sie sich in ihren tiefsten Ängsten bestätigt, schlimmer noch: Es scheint sich die im Dorf vorherrschende Überzeugung zu bewahrheiten, dass ein Unglück selten allein kommt. Auf der Suche nach einem Lebensunterhalt lässt die Mutter die Mädchen bei einer fremden Familie zurück, vorübergehend, sagt sie. Doch Tage werden zu Wochen, Wochen zu Monaten und dann zu Jahren - Irene bleibt verschwunden. Schließlich macht Maggie sich auf, die Mutter zu finden. Ihre Reise führt sie in Irenes Vergangenheit, bis an die Küste, zu einem alten Boot namens Elsa ...
Das Schicksal der beiden Mädchen Maggie und Jenny hatte mich sehr berührt, vor allem, als der Vater durch einen Berufsunfall tödlich verunglückt, und die kleine Familie sich auf die Suche nach einem neuen Heim begibt. Sie musste ihr altes Heim aufgeben, da sie mittellos wurde und das Geld für die Miete ihres Hauses nicht aufgebracht werden konnte. Ich frage mich nun, bei einem Berufsunfall müsste die Familie über eine Rente durch die Berufsgenossenschaft abgesichert sein ...

Anne und ich waren beide ganz gespannt darauf, wo die Mutter von Jenny und Maggie sich aufhielt, nachdem der Kontakt zwischen ihnen abgebrochen war. Aus unserer Sicht war die Mutter keineswegs eine Person, die ihre Kinder vergisst, oder sie im Stich lässt. Regelmäßig zu Weihnachten und an den Geburtstagen schickte die Mutter ihren Töchtern Geldgeschenke, die mit einem Brief beigelegt waren. Leider ließ die Mutter den Absender weg, sodass die Mädchen nicht wissen konnten, in welcher Gegend sich die Mutter aufhält. Erst der Schluss macht deutlich, weshalb die Mutter nicht gefunden werden wollte. Weiter haben Anne und ich uns nicht mehr austauschen können, da wir das Buch noch nicht beendet hatten … Wir unterhielten uns auch über die anderen Figuren dieser Geschichte. Es gibt welche, die ein großes und warmes Herz haben wie z. B. Onkel Leslie. Onkel Leslie ist Verns Onkel ... Vern ist der Jugendfreund von Maggie, doch zwischen ihnen beiden scheint sich mehr zu entwickeln ...

Tja, in den Schlusskapiteln erfuhr man dann schließlich doch, welches Unglück der Mutter schließlich zuteilwurde, sodass ich mit dieser möglichen Perspektive schließlich zum Teil gar nicht gerechnet habe. Ich hatte eher den Eindruck, dass sie, nachdem sie ihre Kinder bei einem älteren Ehepaar vorübergehend untergebracht hatte, sich aufmacht, um Arbeit und eine geeignete Wohnung zu finden, um dann ihre Kinder von dem alten Ehepaar wegzuholen. Sicher war dies ursprünglich ihr Ziel, doch dieses Ziel nahm allerdings andere Formen an, wobei ich nun nicht weiß, ob ich für die Mutter noch Verständnis aufbringen möchte ...

Mehr möchte ich darüber nicht schreiben, wenn auch viele Ereignisse nennenswert wären, wie z. B. die Entwicklung der mittlerweile 16-jährigen Jenny, die schwanger wird und von der alten Bea in ein Kloster geschickt wird, das für uneheliche schwangere Mädchen ausgerichtet ist, um einen gesellschaftlichen Skandal zu vermeiden … Dort sollte für Mutter und Kind gesorgt werden, mit dem Ziel, das Kind nach der Geburt zur Adoption freizugeben. Nach der Geburt erleidet Jenny für mich völlig überraschend eine Wochenbettpsychose ...

Auch Maggie ist eine interessante Persönlichkeit. Sie ist es, die sich schließlich auf den Weg macht, um ihre Mutter zu suchen, nach dem einige Jahre seit deren Fortgang vergangen sind. Dabei erfährt sie jede Menge brisante Familiengeheimnisse ...

In den Beziehungsgeflechten der beiden Mädchen mit ihren eigenen männlichen Partnern finden sich Wiederholungen, bestimmte partnerschaftliche Ereignisse, die es schon bei den Eltern zu beobachten galt, denn was die Eltern psychisch gesehen nicht haben aufarbeiten können, setzt sich in der nächsten Generation fort, damit diese sich dran macht, jene belastenden Schicksalsabläufe auf ein Besseres umzuwandeln …


Mein Fazit?

Ich werde mich ein weiteres Mal mit Anne kurzschließen … Bin neugierig, zu erfahren, wie sie den Schluss erlebt hat und was sie für Gedanken zu den Szenen mit Jenny entwickeln konnte.

Aber ich habe so keine Textstelle finden können, die ich gerne rausgeschrieben hätte; umso kürzer verläuft dann diese Buchbesprechung. Trotzdem verliert das Buch nicht seinen Wert, weshalb ich ihm die volle Punktzahl erteile.

Zehn von zehn Punkten.

Austausch mit Anne:
Auch Anne hat mit dem Ausgang nicht gerechnet ...
Eigentlich hätte es noch einen zweiten Teil zu der Geschichte geben sollen, denn es bleibt offen, wie es mit den Mädchen nun weitergehen wird.

Und hier geht es zu Annes Buchbesprechung

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Wer sich im Vertrauten verirrt
oder in der Fremde verloren geht,
braucht nur eine fürsprechende Seele,
um sich gerettet zu fühlen.
(Petra Oelker)


Gelesene Bücher 2016: 10
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Gelesene Bücher 2012: 94
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Freitag, 5. Februar 2016

David Foenkinos / Charlotte (1)

Lesen mit Anne ...


Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Ein sehr schwermütiges Buch, eines von der heftigsten Sorte, eines, das ich bisher in dieser Art noch nicht gelesen habe. Schon das Cover ist von einer tiefen Traurigkeit gezeichnet ... Und in der Tat, es lastet eine seelische Schwere in den Lebensläufen mancher ProtagonistInnen …

Beginnen möchte ich gleich vorneweg mit Charlottes Großmutter mütterlicherseits, bevor ich erneut den Klappentext reingebe, in dem alles Notwendige drinsteht, da ich selbst nicht allzu viel verraten möchte:

Das Drama um ihre beiden Töchter. Es war nur der Höhepunkt einer ganzen Serie von Selbstmorden. Schon ihr Bruder war ins Wasser gegangen. Weil er so unglücklich in seiner Ehe war. Er war promovierter Jurist, und erst 28, als er starb. Tagelang blieb sein Leichnam im Wohnzimmer aufgebahrt. Und die Familie schlief an seiner Seite.
Sie wollte ihn nicht gehen lassen.Die Wohnung sollte sein Grab sein.

Diese Vorstellung, das Wohnzimmer zu einer Grabstätte umwandeln zu wollen, fand ich schon außergewöhnlich von der Idee her, wäre nicht dieser Verwesungsgeruch, der sich in dem Raum breitmachte, denn ... 

… erst der Verwesungsgeruch bereitete dem Spektakel ein Ende. Als man ihn wegtrug, versuchte die Mutter, ihren Sohn zurückzuhalten. Den Tod konnte sie hinnehmen, nicht aber, dass man ihn fortschaffte.

Der Tod der vielen Suizidentinnen und Suizidenten basierte nicht aus den Folgen des Nationalsozialismus´, wie ich erst kurz zu glauben versucht habe. Die Unglücklichen schieden aus dem Leben, da gab es den Hitler in Deutschland noch nicht. Es ist wirklich eine sehr tragische Lebensgeschichte, in der sich die Depression von einer Generation in die nächste schleicht und sich an deren Seele festkrallt. Nicht zu vergessen, dass das Leben der Charlotte Salomon keine fiktive Figur ist, sondern eine sehr begabte Malerin, die es wirklich gegeben hat, die von den Nazis 1944 vergast wurde.

 Nun wird es Zeit, zur  Erinnerung erneut den Klappentext reinzugeben:

„Das ist mein ganzes Leben“ – mit diesen Worten übergibt Charlotte 1942 einem Vertrauten einen Koffer voller Bilder. Sie sind im französischen Exil entstanden und erzählen, wie sie als kleines Mädchen, damals im Berlin der 1920er, nach dem Tod der Mutter das Alleinsein lernt, während sich ihr Vater, ein angesehener Arzt, in die Arbeit stürzt. Dann die Jahre, in denen das kulturelle Leben wieder Einzug hält bei den Salomons. Die Stiefmutter ist eine berühmte Sängerin; man ist bekannt mit Albert Einstein, Erich Mendelsohn, Albert Schweitzer. Charlotte beginnt zu malen, und es entstehen Bilder, in denen dieses einzelgängerische, verträumte Mädchen sein Innerstes nach außen kehrt, Bilder, die von großer Begabung zeugen. Doch dann ergreift 1933 der Hass die Macht, es folgen Flucht, Exil, aber auch Leidenschaft und Heirat. Nur ihre Bilder überleben – Zeugnis ihrer anrührenden Geschichte, die David Foenkinos nahe an der historischen Realität entlang erzählt.

Charlotte, die schon recht früh diese menschlichen Verluste hat hinnehmen müssen, fühlt sich von der Welt nicht ausreichend geliebt. Sie bewundert ihre beste Schulfreundin, die ihre Zeit nun lieber mit einer neuen Schulkameradin verbringt. Charlotte wundert sich, wie schnell die neue Schulkameradin Freundschaften zu schließen in der Lage ist:

Manche haben eben die Gabe, geliebt zu werden.Charlotte hat Angst, von allen im Stich gelassen zu werden. Am besten gar keine Freundschaft mehr schließen. Es ist doch sowieso nichts von Dauer. Man muss sich vor möglichen Enttäuschungen schützen. 

Charlotte erfährt erst sehr spät, dass die Mutter den Freitod wählte. Der Vater wollte seine Tochter emotional schonen. Als sie klein war, fünf Jahre alt, bereitete ihre Mutter sie auf das Weggehen vor. Sie würde zu den Engeln fliegen und sie würde ihr Kind vom Himmel aus immer beschützen. Als die Mutter schließlich tot war, war die fünfjährige Charlotte nicht traurig, denn sie glaubte fest daran, dass ihre Mutter bei den Engeln sei und sie von oben hinunterschauen würde. Das Kind tröstete mit diesen Worten den weinenden Vater.

Dies waren ein paar Szenen, die mich sehr beschäftigt haben, so sehr betroffen haben sie mich gestimmt.

Charlotte ist als Nachwuchskünstlerin mehr als erfolgreich. An der Kunsthochschule sollte sie mit ihren Bildern den ersten Preis erwerben, aber durch den Nationalsozialismus konnte sie als die beste Malerin nicht nominiert werden, da sie jüdischer Abstammung war, also ging der Preis unverdientermaßen an ihre Kommilitonin, die ihn ausgiebig zu feiern wusste. Man wollte Charlotte vor den Nazis schützen. Und so konnte Charlotte nur zugucken, wie ihr Preis an jemand Arisches verliehen wurde. 

Dann verkündete der Professor mit tonloser Stimme: Der erste Preis geht an Charlotte Salomon. Augenblicklich macht sich Unbehagen breit. Unmöglich, dass sie den Preis bekommt. Das würde zu viel Aufsehen erregen. Die Schule sei von jüdischen Elementen unterwandert, hieße es. Die Gewinnerin würde ins Licht der Öffentlichkeit gezerrt werden. Sie könnte das Ziel von Anfeindungen werden. Womöglich würde man sie sogar ins Gefängnis bringen. 

Charlotte ist ein sehr introvertierter junger Mensch. Innerlich zurückgezogen, verträumt und auch recht nachdenklich. Sie lässt andere Menschen an ihrer Innenwelt nur über ihre gemalten Bilder teilnehmen. Man kommt schwer an sie heran. Selbst die Großeltern finden kaum Zugang zu ihr. Charlotte entwickelt immer mehr ernste Charakterzüge ihrer suizidierten Mutter, die wiederum den Tod ihrer Schwester nicht hat verwinden können. Obwohl schon viele Jahre dazwischen lagen. Charlotte trägt schon alleine durch ihren Vornamen eine große Last, denn ihre suizidierte Tante, Mutters Schwester, ist ihre Namensvetterin.

Charlottes Vater, der als angesehener Chirurg in seine Arbeit flüchtet, heiratet neu. Eine Sängerin namens Paula, die in der Öffentlichkeit einen guten Ruf genießt. Paula ist keinesfalls eine Stiefmutter, wie sie im bösen Märchen beschrieben wird. Sie ist sehr um Charlotte bemüht und ersetzt ihr die Mutter bestmöglich. Es entwickelt sich eine recht liebevolle Mutter-Kind-Beziehung.

Da der Nationalsozialismus immer weitere Kreise zieht, und das Leben in Deutschland für die Juden immer enger zu werden droht, reist Charlotte auf den Druck ihres Vaters und ihrer Stiefmutter hin ihren Großeltern nach Frankreich nach und lebt dort im Exil. Charlottes Vater wurde einmal von der Gestapo abgeholt und ins Arbeitslager gebracht. Dank Paula, die es schaffte, ihn da wieder rauszuholen, doch er war nicht mehr derselbe. Zuviel hatte er im Arbeitslager gesehen, weshalb er nun darauf bestand, dass Charlotte Deutschland so schnell wie möglich verlassen sollte.

Charlotte lässt nicht nur ihre Eltern zurück, sondern auch ihre erste große Liebe.

Was danach kommt, ist dem Buch zu entnehmen.

Mein Fazit?

Der Autor David Foenkinos hat supergut über das Leben der Charlotte Salomon recherchiert und gekonnt über ihr Schicksal und das ihrer Angehörigen geschrieben. Sehr ausdrucksstark und empathisch habe ich das Buch erlebt. Er konnte sich wirklich gut in diese Menschenschicksale hineinversetzen.

Der Schluss hatte mich auch recht nachdenklich gestimmt. Die Eltern flohen in die Niederlande und hatten Glück, dass sie dort den Nationalsozialismus überleben konnten. Dass Charlotte in Frankreich nicht dasselbe Glück ereilte, erfüllte sie mit tiefer Trauer und mit lebenslangen Schuldgefühlen.

Für mich sehr gewöhnungsbedürftig war allerdings der Schreibstil. Der Autor wählte die Prosa in Versen, sodass das flüssige Lesen nicht möglich war. Absicht? Wahrscheinlich, damit man nicht rasend zu den nächsten Seiten eilt. Mir kam das Lesen ein wenig stockend vor, hat aber nichts an der Qualität des Inhalts eingebüßt. Das Stocken habe ich als angenehm empfunden; kurz aufhören zu lesen, um das Gelesene innerlich wirken zu lassen.

Das Buch erhält von mir zehn von zehn Punkten.


Nachtrag: Telefonat zwischen Anne und mir:

Wir haben beide dasselbe empfunden, ein sehr trauriges Buch, das einen emotional aufwühlt. Auch Anne stimmte die Biografie sehr nachdenklich. Ein Plädoyer an die Nachwelt, die Welt menschlicher zu machen, indem man aus der Geschichte lernt. Nicht weggucken, nicht vergessen, sondern das Schicksal dieser Opfer mittragen und emotional aushalten. Das ist man ihnen schuldig. 

Und hier geht es zu Annes Buchbesprechung

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Wer sich im Vertrauten verirrt
oder in der Fremde verloren geht,
braucht nur eine fürsprechende Seele,
um sich gerettet zu fühlen.
(Petra Oelker)


Gelesene Bücher 2016: 06
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