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Montag, 22. August 2022

Catalin Dorian Florescu / Der Feuerturm (1)

Ich schreibe und lese weiter, dabei In Gedenken an die Kriegsopfer; an alle Menschen und Tiere. Ich fordere eine ganzheitliche Bildung für Herz und Verstand!
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Eine neue Art von Denken ist notwendig, 
wenn die Menschheit weiterleben will. 
(Albert Einstein)

Was für ein fulminantes und sehr gut recherchiertes Werk, das 
hundert Jahre Geschichte dieses Vielvölkerstaates Rumänien umfasst. Mich hat das Buch dermaßen bewegt, dass ich Abstand benötigt habe, so sehr konnte ich mich in die politischen Nöte der Menschen hineinversetzen. Ich hätte jede Menge aus dem Buch zitieren können ... 

Man bekommt ein recht lebendiges Geschichtsbuch geliefert, das mich dermaßen bereichern konnte, und sämtliche Lücken, die ich bisher zu diesem Land besaß, durften zum großen Teil geschlossen werden. Das Buch fordert heraus, weiter zu forschen. 

Die vielen historischen Fakten kurz wiederzugeben gelingt mir nicht, da ich innerlich politisch so stark mit den Figuren verbandelt bin, dass es mich überfluten würde an Daten und an Eindrücken, weshalb ich am Ende dieser Besprechung eine Verlinkung aus der FAZ einsetzen werde, der literaturwissenschaftlich besser gelingt, die gesamte hundertjährige Epoche in Kurzform zu beschreiben.  

Viele Szenen sind dermaßen heftig, dass ich den Schmerz der Menschen tatsächlich an meinem eigenen Körper spüre. Während des Lesens, nach dem Lesen und jetzt durch das Schreiben wiederholt. Ich bin aus Eigenschutz gezwungen, vieles nach der Besprechung wieder zu vergessen, zumindest teilweise und möchte mir nur die historischen Fakten im Hinterkopf behalten.

Hier geht es zum Klappentext, Autorenporträt, zu den ersten Leseeindrücken und zu den vielen Kommentaren. 

Die Handlung
Im Mittelpunkt dieser Geschichte steht eine Familiendynastie aus sechs Generationen namens Stoica und deren Feuerturm. Ich zähle die sechste mit, sie gehört dazu, wenn auch in einer passiven Form, aber sie gehört dazu, sie kann man nicht ignorieren, da Kinder die traumatischen Erlebnisse ihrer Vorfahren unbewusst bis zu drei Generationen psychogenetisch tradiert bekommen.

       
Der Feuerturm, mit seinen 42 Metern Höhe das höchste Gebäude der Stadt, besitzt nicht nur die Funktion, Feuer aus der Ferne zu sichten, um sie schnellstmöglich löschen zu können, sondern der Familie auch abschottend Schutz zu bieten vor den vielen politischen Unruhen und Umbrüchen ihrer Zeit. Den ganzen Stolz und Ehrgeiz setzen die männlichen Vertreter dieser Familie im Löschen der (politischen) Brände, während die Frauen ständig in der Sorge, ihre Männer während ihrer heißen Löschaktion zu verlieren, die sozialen Kämpfe zu stemmen versuchen.

Die Geschichte wird mit einer Legende, die bis ins 15. Jhr. zurückreicht, eingeläutet, die die Leser*innen auf die kommenden politischen Problematiken vorbereitet. Und was ein kolossaler Brand in dieser Legende für Auswirkungen brachte, als eine rechtzeitige Warnung durch den Waldbewohner Iane missverständlich angegangen wurde, zeigt folgendes Zitat: 

Der Schlamm auf Straßen und Wegen war zäh und tief, man erzählte sich, ganze Kutschen könnten darin versinken, und hoffte, dass mit diesen auch ihre Besitzer, die Bojaren, verschlingen würden, die vom Volk lebten. Oder die Armee der Osmanen, wenn sie wieder wie vor wenigen Jahrzehnten hier auftauchen sollte. Damals hatte sie die Stadt, die diese Bezeichnung noch kaum verdiente, belagert und in Brand gesetzt. Es war die erste in einer langen Reihe von Katastrophen gewesen, die jahrhundertelang wiederkehren sollten und bei denen der Teufel stets die Oberhand behielt. (5, 2022). 

Die Legende beschreibt die Konflikte, die Bukarest vor der Unabhängigkeit und danach noch zu bewältigen hatte; Konflikte zwischen Kirche - Gott und dem Staat - Teufel; Fremdherrschaft durch verschiedene Länder wie z. B. Ungarn, Russland, Türkei ... Willkür und Korruption durch die eigene Regierung, dazu verschiedene Naturkatastrophen wie Erdbeben, Pest, Hunger etc., in einem Land, das schon politisch reichlich angeschlagen war.

Ein Volk, das sich dadurch immer in Habachtstellung befand, stets vorbereitet sein zu wollen vor weiteren Eindringlingen und Invasionen: 

Wer auch immer aus dem Wald käme, würde sicher plündern, schänden, niedermachen. Also beschlossen die einen, zum Fürstenhof zu gehen, um in der Festung Schutz zu finden, die anderen, das Weite zu suchen. Während die Kirchenglocken Gefahr läuteten, leerte sich die Stadt, die Festung nahm ein Teil der Bewohner auf, dann schlossen sich wieder ihre Tore. Der Wald war großzügiger.
Bald legte sich eine trügerische Stille über die Gassen. Wer noch in den Häusern ausharrte, spitzte die Ohren, um rechtzeitig den Lärm einer herannahenden Armee oder einer wilden Reitertruppe zu erkennen. Auf den Laufgängen der Palisaden standen der Fürst, der Vel Vornic, die Offiziere und Soldaten und spähten nach verdächtigen Bewegungen am Waldrand. (10)

Siehe hierzu auch Seite 13.  

Die eigentliche Geschichte beginnt im nächsten Kapitel einige Jahrhunderte später, 1892, mit der Kindheit des zehnjährigen Darie Stoica, der Großvater des 1932 geborenen Icherzählers Victor, der die politischen und tragischen Geschichten seiner Vorfahren so authentisch wieder gibt, als habe er sie selbst erlebt. 

Der kleine Darie hatte es nicht wirklich eilig, in die Fußstapfen seiner Väter zu treten, um die Familientradition als zukünftigen Feuerwehrmann fortzusetzen. Daries Großvater Grigorie füllte die Seele des Jungen mit zahlreichen Gerüchten, mit biografischen und politischen Geschichten, und dass er in dessem Alter selbst schon kleine Feuer zu löschen wusste:

Grigorie berichtete von Attentaten, Putschen, Regierungsstürzen, Straßenkämpfen und Morden. Er ersparte dem Kleinen nichts, das Jahrhundert war reich an Unrast gewesen, ihre Stadt ganz besonders.

Zuerst eine Russische Besatzung,  dann eine türkische Belagerung und als Zugabe die Pest, oder andersrum, (35). 

Victor ist der einzige von den Ursöhnen, der sich geweigert hat, Feuerwehrmann zu werden und entschließt stattdessen, an der Universität Geschichte zu studieren. Er bricht somit die Familientradition. Zufall? Oder kein Zufall? Denn der Feuerturm verliert zum Leidwesen der Familie durch die politischen Umstände seinen Brauch, auch, weil er durch eine Modernisierung der Stadt nicht mehr zeitgemäß ist und wird zu einem verwaisten Museum umfunktioniert. Der einst so wichtige und lebendige Feuerturm wirkt nur noch wie ein abgestoßenes und dadurch sterbendes Gemäuer. 

Victor erzählt, bis seine eigene tragische Geschichte dran ist ... Doch welche politischen und dramatischen Umstände ihm selbst widerfahren sind, sind hauptsächlich dem Buch zu entnehmen. Auf kleine Einzelheiten beziehe ich mich allerdings in den unteren Punkten.

Historisch beschäftigt sich der Roman mit allen Formen von Diktaturen:

- Königsdiktatur durch Karl II:  (1938-1940) 
- Militärdiktatur: Ion Antonescu (1940-1944)
- Kommunistische Diktatur: Nicolae 
Ceausescu. (1965-1989)

Im 19. Jahrhundert kämpften die Landwirte mit einer Bauerndiktatur:

Man konnte das Ende der Kolonne nicht sehen, es mussten mehrere hundert Männer sein, schmutzig und ausgemergelt, die zu Boden blickten, dass sie offenbar wussten, dass sie auf keine Sympathien zählen konnten. Stumm zogen sie dahin und aus Kutschen und von Fenstern aus wurden sie beschimpft und verspottet. Einer rief: >>Erschießt sie doch an Ort und Stelle!<<
>>Wer sind die?<<, fragte Vater.
>>Das sind Bauern<<, antwortete Rosi.
>>Und was haben die getan?<<,
>>Die haben Genug davon gehabt, arm und immer hungrig zu sein.<<.
>>Verteidigen Sie sie nicht auch noch<<, empörte sich eine Frau neben ihnen. >>Das sind Lumpen, Plünderer; wenn man Hunger hat, muss man doch nicht gleich alles kurz und klein schlagen und an die Häuser der Landbesitzer Feuer legen. Die Stadt ist doch voll von Flüchtlingen, die ihr Land verlassen mussten, man weiß gar nicht mehr, wo man sie unterbringen soll.<<
>>Die Bauern hungern aber nicht erst seit gestern, Gnädigste, sondern seit Jahrzehnten, nur hat es niemanden interessiert. Geduld haben Sie genug gehabt<<, entgegnete ein Mann.
>> Ach, Hunger, Hunger, ich kann dieses Wort gar nicht mehr hören. Faul sind sie, und sie sind wohl ein Sozialist.<< (180)

Weiteres ist dem Buch selbst zu entnehmen. 

Welche Szene hat mir besonders gut gefallen?
Darüber habe ich schon in meinen Kommentaren der Buchvorstellung geschrieben. Mir hat besonders gefallen, dass Ecaterine Waisenkinder nicht als fremde Kinder betrachtet hat. Elternlose Kinder bezeichnete sie als die Kinder aller. Dazu ist mir erneut Albert Einstein eingefallen: 

Es gibt keine großen Entdeckungen und Fortschritte, solange es noch ein unglückliches Kind auf Erden gibt.
                              (Albert Einstein)

Welche Szene hat mir nicht gefallen?
Der Verrat zwischen den Familienmitgliedern an die Herrschenden. 

Ganz makaber fand ich am Ende die Szene durch ein Gesetz erlassen die pietätlose Umverlegung eines Friedhofs ... 

Welche Figur war für mich Sympathieträgerin?
Iane aus der Legende. Ecaterina. Rosi. Victor. Magda. 

Welche Figur war mir antipathisch?
Stelian und dessen Sohn Tiberiu? Oder Victors älterer Bruder Alex? Vielleicht hätten sie es verdient. Aber es gelingt mir nicht, diese Namen hier hinein zu platzieren, da sie Opfer ihrer Zeit waren. Allerdings Alex, der am eigenen Leib keine sozialen Nöte kannte, mir vom Charakter her und durch seine egozentrische Art sehr abgebrüht erschienen ist; er wäre sogar über die Leiche seines eigenen Bruders gegangen. Für Stelian und Tiberiu, auf ihre Weise auf einer versteckten Art politisch aktiv, müsste dagegen aus meiner Sicht vom psychologischen und von der familiären Herkunft her mehr Verständnis aufgebracht werden. Von der sozialen und gesellschaftlichen Rangordnung standen sie auf der untersten Stufe ... 

Meine Identifikationsfigur?
Entweder keine von ihnen oder sie alle. 

Cover und Buchtitel 
Vor dem Lesen des Buches stand ich dem Cover recht neutral  gegenüber, aber nach dem Lesen hatte sich eine innere Verbindung entwickelt. Ich fand beides absolut passend und ansprechend. 

Zum Schreibkonzept
Der Roman besitzt einen Seitenumfang von 356 Blättern. Darauffolgend gibt es einen Glossar und im Anschluss eine übliche Danksagung, die ich in der Regel am Ende meist gar nicht lese oder nur überfliege. Dieses Mal musste ich sie lesen, hat mich irgendwie gezogen, und bin sehr froh darum. Denn was Florescu über seinen Lektor Martin Hielscher geschrieben hat, deckt sich absolut mit meiner Beobachtung aus der digitalen Buchprämiere im Lifestream, nachzulesen in den Kommentaren der Buchvorstellung. Ich zitiere Florescu:

Meinem Lektor Martin Hielscher danke ich für die einfühlsame und kritische Begleitung und die stets bereichernden Textgesprächen. (361)

Der Schreibstil ist flüssig, kreativ, empathisch, fantasievoll und historisch sehr informativ. Das Erzählmuster des Victors wechselt häufig zwischen Vergangenheit und der Gegenwart der jeweiligen Epochen. 

Meine Meinung
Mich hatte zu Beginn des Buches schon die ersten Zeilen beschäftigt. 

Der Wald umschloss die kleine Stadt wie eine Faust. Ob es die Hand Gottes war oder die des Teufels, wusste niemand so genau. (5)

Erst dachte ich, dass das ein Buch über den Aberglauben sein wird, aber je tiefer ich in die Geschichte gedrungen bin, desto mehr zeigte sich für mich das Gesicht des Teufels. Wer war damit gemeint? Für mich ganz klar, dass dies eine politische Figur war, die gewandert ist über hundert Jahre rumänischer Geschichte und hoffe, meine Interpretation findet ihre Berechtigung. Die politischen Zustände waren für mich fast alle satanisch. Politische, kopflastige Menschen, Herrscher, die sich rational und mental vom Teufel berieseln haben lassen. Sie haben dadurch das Dunkle auf Erden gebracht und vielen Menschen geschadet, die unter ihnen standen. Der Teufel steht für mich als ein Sinnbild für all das Dunkle, das jeder Mensch neben dem Guten in sich trägt. Meist werden in solch einem Wahn und der Gier nach Macht- und Profit die guten Anteile überschattet. Wenn der Mensch nichts dagegen unternimmt, wird er seelisch selbst von diesen ausgepresst bzw. ausgesaugt, als würde er innerlich austrocknen, weshalb ein Mensch dieser Art meist anderen gegenüber empathie- und herzlos auftritt. Am Ende schadet er sich damit früher oder später auch sich selbst. Ich meine das damit nicht nur spirituell, sondern auch psychoanalytisch. Auf diesem Gebiet habe ich berufsbedingt in psychiatrischen Kliniken schon viele kopflastige Menschen leiden sehen, die sich im Laufe ihres Lebens seelisch nicht weiterentwickeln konnten.

Parallel und im Gegensatz dazu steht Gott und die Kirche, eigentlich das Haus der Seele und der Liebe. Hier verstehe ich Gott als einen Zuflüsterer in den Herzen der Menschen und verbinde damit weniger den Aberglauben, auch wenn man es bei vielen zwischen Gott und dem Teufel dennoch als Aberglauben bezeichnen konnte. Meist waren es Frauen, die versuchen, an das Gute zu glauben, wenden sich Gott zu, um darin Halt und Hoffnung zu finden. 

Die Feuerwehrmänner vergruben sich in ihren Löschaktionen und riskierten damit ihr eigenes Leben. Ihre Arbeit war deren ganzer Stolz, als ginge ihnen die Politik nichts an; sie verhielten sich politisch neutral. Mit dem Löschen der Brände glaubten sie, genug Einsatz und damit viel Gutes für ihre Stadt zu tun. Lieber Brände löschen, als sich politisch zu engagieren. Die Brände sind kalkulierbar, Feuer könne man i. d. Regel bezwingen, während die Politik unberechenbar und scheinbar nicht einzuschränken sei. Und tatsächlich. Der Autor selbst spricht von einer Krise dieses Landes, die in diesem Buch hundert Jahre währte. Ein politischer Brand, der, metaphorisch gedacht, in Wirklichkeit hundert Jahre lang nicht zu löschen war.

Auch die Frauen hielten sich politisch passiv und neutral. Während der Aufstände besuchten sie die Kirchen, um zu beten, beteiligten sich an Prozessionen. Man hatte das Gefühl, dass diese Menschen auf ihre Weise zu überleben versucht haben, ohne sich politisch in Gefahr begeben zu wollen. Manche von ihnen taten dennoch Gutes für ihre Mitmenschen. 

Richtig heftig fand ich Victors eigene Lebensgeschichte. Hat mich stark an den hochsensiblen und vorausschauenden Franz Kafka erinnert. Victor wird 1957 aus dem Hörsaal gerufen und abgeführt. Grundlos wird er für mehrere Jahre ins Gefängnis gesteckt. Er gilt als Konterrevolutionär und als Klassenfeind. Fällt der Willkür zum Opfer, da ein Staat wie dieser immer Gründe findet, einen Menschen zu isolieren, um ihn als Verbrecher zu entlarven. 

Niemand gab mir eine Antwort auf meine Frage nach dem Grund meiner Verhaftung, und so hoffte ich, dass sie bald ein Einsehen haben und mich freilassen würden. In dieser Zeit glaubte ich noch an Logik und Gerechtigkeit und an ein Schicksal, das mir wohlgesinnt wäre. Sobald ich die Gelegenheit hätte, mich zu erklären, würde sich das Missverständnis im Nu auflösen. Schließlich waren wir eine Familie von Feuerwehrleuten, keine Bourgeoisie, keine Politiker, keine Agenten des Königs oder Legionäre.  

Wir hatten niemanden verfolgt, wir hatten keine kritische Meinung gehegt oder jedenfalls keine, die in den Zeitungen gestanden hätte. Wir hatten seit Generationen Feuer gelöscht, die Stadt mehrfach gerettet und viele Leute aus brennenden Wohnungen gezogen, bestimmt auch einige Kommunisten. Wir besaßen kein Land, keine Aktien, hatten nicht mit einem Fuß in Paris und mit dem anderen in Berlin gelebt. Wir hatten keine Minister, Advokaten oder Zeitungsmacher unter uns. (...) (I)m Oktober, einen Monat früher, hat sich das ungarische Volk gegen die Sowjetmacht und den Kommunismus erhoben. Zu Hause hatten wir Tag und Nacht die Nachrichten westlicher Radiosender gehört, wir verstanden nur das Wenigste, aber was wir verstanden, reichte schon aus, um enthusiastisch zu werden. Vielleicht kamen sie doch noch, die Amerikaner. (286f)

Selbst nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis blieb Victor für den Rest seines Lebens posttraumatisiert im Geiste ein Häftling.

Betroffen hat mich auch folgendes Zitat gestimmt und mich an unser eigenes politisches Verhalten in Deutschland erinnert:

Wir haben früh gelernt, bei Carol II., bei Antoniescu, vielleicht noch früher, bei den Großgrundbesitzern, den Osmanen, den Russen, den Habsburger, den Ungarn, wie wertvoll es ist zu schweigen. Es rettet Leben, in erster Linie das eigene. Sich zu ducken, in die Wälder zu flüchten, sich unsichtbar zu machen, klagen, ohne sich aufzulehnen, sich mit teuflischen Verhältnissen zu arrangieren, das hat dafür gesorgt, dass wir zwar erobert, aber nicht ausgelöscht wurden. (257)

... sich mit teuflischen Verhältnissen zu arrangieren. Auch wir dulden hier alles Politische, nehmen jegliche Ungerechtigkeit hin, und wer demonstriert, wird von vielen Politiker*innen und den Medien entweder als Querdenker*in oder als Wutbürger*in bezeichnet. Mit diesen Begriffen verbindet man mittlerweile eine negative Konnotation. Diese soll uns abschrecken und Politikern gegenüber milde stimmen, ganz gleich, was sie anstellen.

Auch Rumänien ist neben Russland ein Land, das ungewollt von einer Diktatur in die nächste geschlittert ist. 
Diese Buchbesprechung habe ich mit Einsteins Zitat begonnen und beende sie somit auch mit Einstein. Das untere Zitat erinnert mich etwas auch an Andrej Kurkow. Er schreibt, dass das eigentliche Böse nicht die Bösen selbst sind, die die klassischen Verbrechen verüben und dafür aus der Gesellschaft genommen und weggesperrt werden, sondern als Böse gelten die Normalen in einer Gesellschaft, die Braven, die sich angepasst an jede Regel halten, ohne diese über Sinn und Unsinn zu hinterfragen. Durch die Anpassung unterstützen sie die politischen Verbrechen, die Menschen gegenüber verübt werden. Politische Verbrechen, die im schlimmsten Fall einer ganzen Nation schaden, Verbrechen, auch gegenüber einzelner Menschengruppen. Bei Einstein ist es ein wenig abgewandelt, aber mit ähnlichem Sinninhalt:

Die Welt wird nicht bedroht von den Menschen, die böse sind, sondern von denen, die das Böse zulassen. (Albert Einstein) 

Mein Fazit / Abschlussgedanken
Ein wichtiges und wertvolles Buch, das neben Andrej Kurkow auch Florescu mir geholfen hat, unsere eigenen politischen Umstände in Deutschland noch besser zu verstehen. Nicht mit einem Fingerzeig über die Probleme anderer Länder lesen, sondern durch die Probleme anderer Länder die eigenen gespiegelt zu bekommen, um sie besser erkennen und bestmöglich auflösen zu können. 

Noch wird hier in Deutschland niemand getötet oder eingesperrt, wenn man sich gegen schädigende Gesetze auflehnt ... Und trotzdem sind wir hier größtenteils alle politisch passiv. Dies möchte ich nur zu denken geben. 

Nochmals danke, danke, danke an den Autor und an den Verlag für jene Lehren. Ich bin so wahnsinnig dankbar für diese neuen Aha-Erlebnisse gegenüber dem Land Rumänien. Nun ist mir bewusst, warum Rumänien zu den ärmsten Ländern Europas zählt.

Ich wünsche Rumänien ganz viel Glück und allen anderen Ländern, die ebenfalls durch korrupte Politiker*innen aus einem Dauerschlaf ihrer Regierungskriese nicht aufwachen können. Es fehlt an fähigen Politiker*innen, und damit ist nicht die mangelnde Bildung gemeint, denn die meisten verfügen über mindestens einen Universitätsabschluss. Alles hochstudierte Menschen. 

Schaue ich mir im Vergleich zu den Krisenländern unsere Politiker*innen hier an, ist es mittlerweile auch nicht besser bestellt, was die Auswahl der zu wählenden Kandidaten betrifft. Und das stimmt ohnmächtig.

Zum ersten Mal mache ich mir wegen der schleichenden toalitären Entwicklung richtige Sorgen um Deutschland. 

Was viele Deutsche gerne hören, wenn Politiker*innen uns immer wieder vollsülzen, dass bei uns alles besser laufen würde als im Ausland. Das erlebe ich seit Jahren als das neue "Opium für das Volk". Wir sind besser, stärker, fortschrittlicher als andere. Wow, das geht runter wie Öl. Balsam für die Seele, auch wenn es nur eine Lüge ist. In Wirklichkeit werden damit die politischen Schwächen im eigenen Land erfolgreich manipulativ verschleiert. Und weil wir das gerne glauben, besser, stärker und fortschrittlicher als andere zu sein, fallen wir auf diese Beweihräucherung häufig rein, laufen damit Gefahr, langfristig nicht nur uns selbst damit zu schaden, sondern auch anderen. 

Der verwunderte, unpolitische und angepasste Victor hat uns gezeigt, dass es jeden treffen kann.

Wie ist das Buch zu mir gekommen?
Ich bin durch die digitale Buchprämiere auf den Autor und auf das Buch aufmerksam und neugierig geworden. 

Vielen herzlichen Dank an den C.H. Beck Verlag für das Breitstellen des Leseexemplars. 

Wie versprochen hier die Verlinkung zur Buchbesprechung der FAZ.

Meine Bewertung - 14 Punkte

2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Empathisch, fantasievoll) 2 Punkte: Differenzierte Geschichten und Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichten
2 Punkte: Anregung zur Vertiefung, zum weiteren Erforschen und zur Erkundung
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein
2 Sonderpunkte wegen des Lesehighlights.

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Ich hamstere kein Speiseöl,
keine Hefe,
kein Mehl
und sonstige Lebensmittel!
Ich hamstere stattdessen:
Bücher
Musiknoten
Notizhefte
leere Tagebücher
Stifte
Musik;
obwohl ich weiß,
dass man Papier nicht essen und nicht trinken kann.
Aber die Buchstaben und die Musiknoten beruhigen mich nun mal 🙈.
Sie nähren meine Seele und meinen Geist von innen!

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Stoppt die Milliarden für die Aufrüstung!
Investiert  die Milliarden in Bildung und Menschlichkeit!
Für einen Wohlfühlort für alle!
Soldaten! Hört auf Bomben zu werfen! 
Werft Weizensamen! (Andrej Kurkow)

Soldaten; nieder mit den Waffen! (M. Gandhi)
Alle!
Nie wieder Krieg! (Käthe Kollwitz)
Kriegswillige Politiker an die Front!
Empathische Frauen und Männer an die Macht!
Solidarität mit Ukrainer*innen und allen friedliebenden
Menschen dieser Erde!
Solidarität mit russischen Kriegsgegner*innen!
Schluss mit Diskriminierungen!
Liebe für alle! Hass für keinen! (Ahmadiyya-Muslime)
Kriege entstehen aus dem Scheitern,
das Menschsein der Anderen zu verstehen.
(Dalai Lama)
Wir brauchen keinen Krieg! Krieg brauchen diejenigen, 
denen Gerechtigkeit fremd ist und die die Völker versklaven wollen.
(Andrej Kurkow)
Der Mangel an Gefühl ist das gefährlichste Gefühl von allen.
(Elif Şafak)

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Ein Wettrennen mit der Zeit
Fazit: Je schneller man das Leben lebt,
desto weniger Zeit kommt dabei heraus.

Neues Fazit:
Ich habe keine Zeit mehr, keine Zeit zu haben.
Es gibt zu viel zu tun! In meinem
 Tempo!

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Imprecht für alle!
Impfzwang für keinen!

Partnerschaft zwischen
Wissenschaft und Intuition!

Lesen mit Herz und Verstand!
Um die Welt, Menschen und Tiere
besser zu verstehen.

Mitgefühl für alle Mitseelen / Mitgeschöpfe
Deine Probleme könnten meine Probleme sein,
und meine Probleme könnten Deine Probleme sein.
Mein Schmerz, Dein Schmerz
Dein Schmerz, mein Schmerz.
Wir sind alle fühlende Wesen.
(Den Tieren eine Stimme geben)

Klopf an dein Herz, denn dort sitzt 
das Genie!
(Alfred de Musset)

Auch Expertenwissen ist subjektiv!
(Tom Andersen / Psychiater und Syst. Therapeut)

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Gelesene Bücher 2022: 07
Gelesene Bücher 2021: 17
Gelesene Bücher 2020: 24
Gelesene Bücher 2019: 29
Gelesene Bücher 2018: 60
Gelesene Bücher 2017: 60
Gelesene Bücher 2016: 72
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86

Ich höre:
Rudolf Steiner: Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?
Ulrike Guérot: Wer schweigt, stimmt zu
Fjodor F. Dostojewski: Der Idiot
Carsten Henn: Der Buchspazierer
Spencer Wise: Im Reich der Schuhe

Montag, 18. Februar 2019

Rana Ahmad / Frauen dürfen hier nicht träumen (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre  

Das Buch hat mich sehr nachdenklich gestimmt. Was für ein trauriges Frauenschicksal. Welchen Mut hat Rana Ahmad aufbringen müssen, um sich durch die Flucht aus ihrer Heimat gegen den Frauenrassismus zu stellen. Zwei Mal wurde sie durch die Männer aus der eigenen Verwandtschaft fast zu Tode geprügelt, ohne dass sie sich etwas hat zuschulden kommen lassen. Ihre Freude am Leben wurde ihr zum Verhängnis.

Ich fand diese Geschichte dermaßen grausam, dass ich viele Fakten wieder verdrängt habe …

Hier geht es zum Klappentext, zum Autorinnenporträt, zu meinen ersten Leseeindrücken und zu den Buchdaten.

Die Handlung
Rana Ahmad wurde 1985 geboren und lebte mit ihrer Familie in Riad, in Saudi-Arabien. Ursprünglich kam die Familie aus Syrien. Rana ist das zweite Kind von vier Geschwistern. Eigentlich schien es, als habe sie eine unbeschwerte Kindheit gehabt. Der Vater liebt seine Tochter über alles, die Mutter, eine einfach gestrickte Frau, die strenggläubig ist, hat immer ein Auge auf Rana, denn Rana ist anders als ihre Geschwister, da sie sich nicht so leicht in die strengen patriarchalischen Gesetze einfügen kann, obwohl sie alles gibt, um sich dem vorgegebenen gesellschaftlichen und dem religiösem Verhaltenskodex anzupassen. Einmal wurde sie zwangsverheiratet, da war sie eine ganz junge Frau. Zwist mit der Schwiegermutter und mit anderen familiären Komplikationen brachte sie fast um ihr Leben, wenn ihr Vater nicht gewesen wäre, der sie aus der Ehe wieder herausholte. Der Vater forderte daraufhin die Scheidung ein. Rana zog wieder zurück zu ihren Eltern. Sie hatte die Haare blond gefärbt, das stempelte sie in der hineingeheirateten Familie zu einer Hure ab, und wurde seitdem gemobbt.

Mit zehn Jahren wurde sie schon gezwungen, ein Kopftuch zu tragen. Mit dem Kopftuch hörte die unbeschwerte Kindheit auf. Mit Argusaugen beobachtet die Mutter weiterhin Ranas Tun.

In der Öffentlichkeit gibt es eine Religionspolizei, die darüber wacht, wie Frauen unterwegs sind. Sie dürfen kein Fahrradfahren, kein Auto, überallhin müssen sie vollverschleiert von einer männlichen Person begleitet werden. Wenn Rana zur Arbeit musste, dann hatte entweder der Vater oder der Bruder sie hingefahren und sie später wieder abgeholt.

Da das Leben selbst in ihrer eigenen Familie immer unerträglicher wird, beschließt Rana zu fliehen. Selbst ihr jüngerer Bruder, den sie einst so sehr geliebt hat, belauscht sie, setzt in den Möbeln ihres Zimmers heimlich Wanzen … Die Mutter stürzt sich immer wieder, ohne anzuklopfen, in Ranas Zimmer, wegen des Verdachtes auf sittenwidriges Verhalten in der Familie, um sie auf frischer Tat zu ertappen. Lediglich der Vater hält zu ihr, er schafft es aber nicht, sie gegen die gesamte Sippschaft zu schützen.

Ranas Familie zelebriert ein streng religiöses Leben, während sie sich selbst heimlich immer mehr vom islamischen Glauben distanziert und sie sich innerlich zu einer Existenz als Atheistin entscheidet. Hilfe erhält sie aus dem Internet, als sie sich anonym einen Twitter Account zulegt. Hier findet sie Gleichgesinnte. Glücklicherweise hat die Regierung nicht alle Internetseiten zensiert, da das Land in der Welt wettbewerbsfähig bleiben möchte.

Eine familiäre Reise nach Mekka führte Rana dazu, aus ihrem Land zu flüchten. Hier war sie 29 Jahre alt. Ein Alter, in dem man sich als Frau nach einem autonomen Leben sehnt.

Weitere Details sind dem Buch zu entnehmen.

Welche Szene hat mir gar nicht gefallen?
Es waren jede Menge Szenen. Szenen aus der Kindheit und später aus Ranas jungem, erwachsenem Alter, als sie wegen Nichtigkeiten vom Onkel und vom Bruder fast zu Tode geprügelt wurde.

Eine Szene aus der Kindheit möchte ich festhalten. Ranas Vater kauft ihr ein Kinderfahrrad, als sie zehn Jahre alt war. Die Kleine war so überglücklich über das Fahrrad, dass sie es kaum abwarten konnte, darauf zu fahren. Da in Saudi-Arabien das Fahrradfahren für Mädchen verboten ist, musste Rana sich auf die Sommerferien gedulden, da die Familie erst dann wieder nach Syrien reist, wo ursprünglich die Eltern herkommen. In Syrien, Damaskus, ist es den Mädchen erlaubt, in der Öffentlichkeit Fahrrad zu fahren. Die Familie lebte in den Sommerferien bei den Großeltern väterlicherseits ...

Rana war so überglücklich, als die Großmutter ihr erlaubte, Einkäufe mit dem Fahrrad zu tätigen. Rana liebte ihr Fahrrad, bis schließlich der Großvater ihr das Rad weggenommen hatte, um es ihrem Onkel zu schenken, der ein paar Jahre älter als Rana war. Der Großvater verbot der Enkelin das Fahrrad. Das war der erste Schock, den das Kind erleiden musste.

Warum? Fragte ich mich. Dieser Großvater hat gesehen, wie glücklich seine Enkelin mit ihrem Rad war, und er schien diese Freude an einem Mädchen nicht ertragen zu haben, wo doch Fahrradfahren in Syrien nicht verboten ist. Ich fand diese Szene sehr grausam.

Welche Szene hat mir besonders gut gefallen?
Dass der Vater zu Rana gehalten hat, dass er sie bedingungslos geliebt hat, auch wenn er selbst nicht die Kraft hatte, sein Kind dauerhaft zu schützen, weil der Familienverband zu mächtig war, aber innerlich hat er immer zu Rana gehalten, wobei er zwei Mal verhindern konnte, dass seine geliebte Tochter nicht totgeschlagen wurde.

Welche Figur war für mich ein Sympathieträger?
Rana, Ranas Vater, und die Englischlehrerin. 

Welche Figur war mir antipathisch?
Die gesamte Sippschaft, davon den Vater ausgenommen.

Meine Identifikationsfigur
Auch wenn ich das Mädchen- und Frauenschicksal mit Rana nicht teilen kann, habe ich mich trotzdem in Rana wiedergefunden. Auch ich habe sehr früh gesellschaftliche Konventionen und meinen christlichen Glauben schon im Alter von zwölf Jahren hinterfragt und wurde dadurch den Erwachsenen unbequem. Meine letzte Glaubenssuche durchlief ich mit 32 Jahren.

Cover und Buchtitel
Rana Ahmad hat ihr Buch unter einem Pseudonym herausgerbacht. Immer wieder die Angst ausstehen zu müssen, ihr Bruder würde sie verfolgen und sie töten ... Cover und Buchtitel haben mich angesprochen. Aber richtig viel kann ich jetzt zu dem Cover nicht sagen. Ich sehe darauf eine Wüste und viel Gedrucktes, auch im inneren Buchumschlag gibt es jede Menge Zitate aus dem Buch zu lesen.

Zum Schreibkonzept
Die Autorin schreibt recht flüssig und authentisch über ihr Schicksal. Auf der ersten Seite ist ein kleiner Vers abgedruckt, der sich an ihren geliebten Vater wendet. Anschließend beginnt das Buch mit einem Prolog und endet auch mit einem Epilog. Zum Schluss richtet sich das Buch mit Dank an all die Menschen, die Rana in dieser schwierigen Zeit unterstützt hatten. Darunter befinden sich auch Menschen aus Griechenland und viele aus Deutschland, was mich sehr gefreut hat. Es macht mir Hoffnung, dass nicht alle Deutschen sich ablehnend Menschen anderer Länder verhalten. Trotzdem schockierte es Rana, als sie mitbekam, dass selbst in Deutschland Männer sich an Frauen körperlich und/oder sexuell vergreifen. Nur kommt dies wesentlich seltener vor als in ihrem Land, da in der europäischen Union sexuelle Triebtäter gesetzlich geahndet und bestraft werden.

Meine Meinung
Wenn ich solche Bücher wie dieses lese, dann freue ich mich, in einem freien Land geboren worden zu sein. Aber was habe ich selbst dafür getan? Die Geburt eines Menschen ist wie ein Lotteriespiel, gepaart mit Glück und Zufall, deshalb sehe ich keinen Grund, mich als eine westliche Frau als etwas Besseres zu betrachten. Und deshalb habe ich das Bedürfnis, mich mit allen Frauen dieser Erde zu verbünden ... Wie würde ich mich verhalten, wenn ich in einem anderen Land mit einem anderen Bewusstsein geboren wäre, wo man strikte Verhaltensregeln aufoktroyiert bekommt? Wäre ich eine Rana? Oder eine Mutter wie Rana sie hatte, die ihr Kind nur lieben konnte, wenn sie die vielen gesellschaftlichen und religiösen Erwartungen erfüllte?

Deshalb weiß ich mein selbstbestimmtes Leben als Frau hier in Europa zu schätzen. Ich bin dankbar für die Freiheit, die ich genießen darf. Wem habe ich diese Freiheit zu verdanken? Allen meinen feministischen Vorreiterinnen. Dadurch habe ich es leicht gehabt. Mit Anfang zwanzig bin ich aus dem Elternhaus ausgezogen, ich war alt genug, und meine Eltern haben mich ziehen lassen. Rana war deutlich älter, als sie von zu Hause wegging. Ihr Weggang ist allerdings ein viel größerer als meiner, denn sie hat Elternhaus, Land und Heimat verlassen müssen, um in Europa so wie ich ein autonomes und selbstbestimmtes Leben führen zu können. Trotzdem dürfen wir westliche Frauen uns nicht auf die Errungenschaften ausruhen. Die Entwicklung muss weitergehen, auch weil viele Errungenschaften wieder verloren gehen können, je nach dem, welcher Partei man politisch nachgeht. 

Und deshalb möchte ich nicht alle Menschen verurteilen, die aus einer islamisch geprägten Gesellschaft kommen. Frauen und Männer gleichermaßen lernen ihre Rollen, die man ihnen aufdrückt, schon recht früh in der Kindheit, je nachdem, wo sie geboren werden. Außerdem gibt es auch andere islamische Gläubige, die mit viel Weisheit, mit viel Wissen und ohne Repressalien ihren Glauben vertreten. 

Nicht alle Moslems und Muslime sind gleich
Weil ich nicht denke, dass alle Menschen aus dem Islam ihren Glauben fundamentalistisch ausleben, möchte ich meinen Blogbeitrag mit einem anderen Blog verlinken, der aufzeigt, dass Moslems und Muslime ihrer Religion in Freiheit und Menschenliebe nachgehen, und sie sich hier in Deutschland gegen Rassismus einsetzen und sie sich damit an die AfD wenden. Das ist mir ganz wichtig, um in unserem Land durch dieses Buch nicht noch mehr Hass und Vorurteile schüren zu müssen. 

Hier geht es zum Blog gegen den religiösen Rassismus innerhalb des Islams und gegen den deutschen Rassismus gegenüber Menschen anderer Herkunft. 

Mein Fazit
Mein Mitgefühl gilt allen Frauen dieser Welt, die in ihrer Freiheit eingeschränkt werden. Frauen, die in ihrem Familienkreis oder vom Regime ihres Landes brutalste Gewalt erfahren, Frauen, die von der Familie im eigenen Heim eingesperrt werden, und andere, die wegen Nichtigkeiten ins Zuchthaus eingebuchtet werden ...

Ich hoffe, dass Ranas Buch und die Bücher anderer Autorinnen dieser Thematik die Welt ein wenig besser machen können.

Meine Bewertung
2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Literaturwissenschaftliches, gut recherchiertes Buch
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover, Titel und Klappentext stimmen mit dem Inhalt überein
12 von 12 Punkten

Vielen herzlichen Dank an den btb-Verlag für das Bereitstellen des Leseexemplars.
_______________
Liebe für alle,
Hass für keinen.
(https://ahmadiyya.de/home/)

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Mittwoch, 11. April 2018

Joanne K. Rowling / Harry Potter und der Feuerkelch (1)

Harry Potter und der FeuerkelchEine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre    

Den vierten Band fand ich sehr spannend. Inhaltlich war er gut zu lesen, selbst viele Bilder, die ich ein wenig abstrakt erlebt habe, konnte ich mir gut vorstellen. Mit dem Honigtopf habe ich nach wie vor meine Probleme gehabt, da ich Honig überhaupt nicht mag, und er mir bei der Vorstellung, durch ihn steigen zu müssen, um nach Hogsmead zu gelangen, ein ekliges Gefühl hinterlässt.

Es hat sich gelohnt, diese 766 Seiten durchzuhalten. Immerzu stellte ich mir zu bestimmten kritischen Szenen Fragen, einige konnte ich gut einschätzen, aber bei anderen lag ich total daneben als ich nach Lösungen oder nach den Namen von ominösen WidersacherInnen suchte  ...
Neu ist im vierten Band, dass man es zum ersten Mal mit Zauberschulen aus anderen Ländern zu tun bekommt. Sogar die Türkei wurde nebenher erwähnt. Dies diente dazu, die Zauberschulen durch Wettkämpfe international zu vereinen.

Wie in den anderen Besprechungen werde ich vorsichtig sein, nicht allzu viel zu verraten. Außerdem habe nicht das Bedürfnis, arg viel zu dem Buch zu schreiben. Es ist eine ganz andere Welt, und dafür die richtigen Worte zu finden ist nicht einfach für mich.

Die Handlung
Wie in den anderen Teilen beginnt der Roman bei Potters Verwandtschaft. Es sind Sommerferien, aber in den letzten Zügen. Onkel Dursley, Tante Petunia und der adipöse Vetter Dudley verhalten sich weiterhin ablehnend Harry gegenüber. Das kann man  als Leserin fast nicht aushalten, dieses grobe Fiese, wäre da nicht die Großfamilie Weasley, die es jedes Jahr schafft, Potter von seinen Verwandten rauszuholen, damit er die letzten Ferientage noch glücklich bei ihnen zubringen kann. Die Familie Weasley behandelt Potter wie einen richtigen Sohn.
Nach den Sommerferien beginnt in der Zauberschule Hogwarts ein neues Schuljahr, das heißt, Potter besucht hier die vierte Klasse und er ist auch ein Jahr älter geworden und somit 14 Jahre alt. Das Schuljahr ist ein besonderes. Es finden gleich zu Beginn Sportmeisterschaften statt, die als die Quidditch Spiele bezeichnet werden, und die Spieler auf fliegenden Besen diesen Sportwettbewerb bestreiten. Es gibt zwei Quidditch-Mannschaften. In diesem Schuljahr treten Irland und Bulgarien gegeneinander auf. Doch bevor diese Spiele beginnen, geschehen jede Menge mysteriöse Dinge …

Später findet ein Trimagisches Turnier statt, an dem ZauberschülerInnen aus den anderen Ländern teilnehmen werden. Die Teilnahmebedingung: Man muss siebzehn Jahre alt sein,  da man hier mit siebzehn Jahren als volljährig gilt und die Spiele nicht ungefährlich sind. Dieses Kapitel ist das aufregendste von allen Kapiteln. Hier greift der Buchtitel, Harry Potter und der Feuerkelch. In dem Feuerkelch werden die Namen der SchülerInnen eingeworfen, die an dem Trimagischen Turnier teilnehmen möchten. Am Ende werden vier Namen aus dem Kelch gezogen. Erstaunlicherweise befand sich unter den vier BewerberInnen der Name von Potter. Wie ist das möglich, wo Potter zu jung für dieses Turnier ist? Wer hat Potters Namen in den Kelch geworfen? War es Potter selbst, das fragen sich nicht nur seine Feinde, sondern auch sein bester Freund Ron, der sich enttäuscht von Harry abwendet, da Ron selbst gerne an dem Turnier teilnehmen würde. Die Freundschaft zwischen diesen beiden Freunden wird auf eine harte Probe gestellt … Da muss etwas faul sein. Was es aber genau ist, wird erst am Ende des Romans aufgeklärt.

Die gezogenen SchülerInnen haben drei Prüfungen zu bestehen.

Prüfung Nummer 1: Kampf gegen einen Drachen. Zusätzlich muss jeder Prüfling aus dem Nest des Drachen ein goldenes Ei stehlen, das ein Rätsel in sich birgt. Jeder Prüfling bekommt seinen eigenen Drachen, mit dem diese Kämpfe zu bewältigen sind.

Prüfung Nummer 2: Dieses Eierrätsel lösen und unter Wasser einen Freund retten. Für diese Prüfung müssen die Prüflinge eine Stunde unter Wasser ihr Problem bewältigen. Wie kann diese Prüfung angegangen werden, wenn nicht mal Sauerstoffmasken zur Verfügung stehen?

Prüfung Nummer 3: Diese ist die gefährlichste Prüfung. Die Prüflinge betreten einen Irrgarten und müssen den Feuerkelch finden, den sie durch Berührung in einen Portschlüssel verwandeln müssen. Mit diesem Portschlüssel wird der Prüfling an ein bestimmtes Ziel transportiert.

Die Prüfungen finden nicht alle an einem Tag statt, sondern in einem Intervall von mehreren Monaten.

Wer die höchste Punktzahl hat, hat gewonnen. Die Zauberstäbe wurden für das Trimagische Turnier geeicht.

Meine Meinung
Wie oben geschrieben, habe ich diesen Teil der Buchserie als recht differenziert erlebt. Es passiert jede Menge. Schon die ersten Seiten machen Lust noch mehr zu lesen. Der Kampf zwischen Gut und Böse wird in diesem Band noch stärker ausgetragen als in den anderen drei Bänden.

Die DozentInnen waren mir hier vertraut, wenn auch unter ihnen sich welche befunden haben, die mehrere Gesichter hatten. Prof. Snape ist nach wie vor ein widerlicher Mensch Potter, Ron und Hermine gegenüber, wobei er am Ende eine Wesensveränderung  an den Tag legt  

Manche Dinge, Fantasien, fand ich von der Vorstellung her eklig ähnlich wie dieser süßliche Honigtopf. Mithilfe eines Denkariums konnten Gedanken materialisiert werden. Der Schulleiter Albus Dumbledore besitzt als Einziger so ein Objekt und er konnte, wenn er zu viele Gedanken in seinem Kopf hatte, sie mit dem Denkarium aus dem Kopf ziehen. Keine Ahnung, ob jetzt meine Fantasie mit mir durchgeht, wenn ich sage, dass ich Gedanken zum Anfassen einfach als widerlich empfunden habe. Ich habe sie mir wie Würmer vorgestellt. Der Sinn dieses Denkariums ist, die Gedanken des Professors besser ordnen zu können …

Die Reporterin Rita Kimmkorn, die aus der Tageszeitung namens Tagesprophet ein Lügenblättchen macht, war mir schier unsympathisch. Besonders Potters Feinde kommen diese Lügen über ihn gelegen und ziehen ihn damit auf. Auch gutmütige DozentInnen werden Opfer dieses Blättchen, das nur wenige hinterfragen …

Was habe ich nicht gemocht?
Der Speiseplan an dieser Schule ist viel zu fleischlastig. Es gab zu den Mahlzeiten überwiegend Fleisch. Ich habe Gemüse und Obst vermisst. Ich verbinde mit Fleisch das qualvolle Töten von armen Tieren. Wenn man das Böse überwinden will, dann zählt für mich auch, aufzuhören, unschuldige Tiere zu töten. Und dies den jungen Menschen vorleben. 

Cover und Buchtitel
Das Cover finde ich gelungen. Es lässt sich gut ablesen, wenn man mit dem Buch durch ist. Es zeigt das Stadion des Trimagischen Turniers, auf dem die erste Prüfung abgebildet ist. ... Auf der Rückseite des Buchdeckels ist die kleine Hauselfe Winky abgebildet, die schier verzweifelt ist, als sie von ihrem Dienstgeber Mr Crouch dauerhaft von der Arbeit suspendiert wird. Angeblich wegen untadeligen Verhaltens. Winky besitzt sich gegenüber kein Gerechtigkeitsempfinden. Auch hier stimmt etwas nicht und man ist angehalten, hinter die Kulissen zu schauen.

Mein Fazit?
Den vierten Band fand ich am besten und bin auf den fünften gespannt, den ich im Mai beginnen werde.

Meine Bewertung?
2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein
Zwölf von zwölf Punkten

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Trau nie etwas, das selbst denken kann,
wenn du nicht sehen kannst,
wo es sein Hirn hat.
(Aus Harry Potter, BD 3, S. 203)

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